# taz.de -- Hochschulen in Lausitz: Fusion mit Hindernissen
       
       > Das Volksbegehren gegen die Fusion zweier Lausitzer Universitäten ist
       > gescheitert. Das Problem aber bleibt: Betroffene sehen sich als Opfer
       > eines Spardiktats.
       
 (IMG) Bild: Symbolische Beerdigung: das Ende der Brandenburgischen Technischen Universität
       
       Das Brandenburger Volksbegehren „Hochschulen erhalten!“ ist gescheitert. Am
       Mittwoch endete die Frist, binnen deren die Initiatoren 80.000
       Unterschriften sammeln mussten. Es wurden nur 18.032. Dieses Ende war lange
       absehbar. Denn das Ziel der Organisatoren – die Fusion der
       Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus mit der über 30
       Kilometer entfernten Hochschule Lausitz in Senftenberg zu verhindern – war
       politisch längst überholt. Mitten im Begehren, das am 10. April gestartet
       war, wurde die Fusion beider Unis am 1. Juli 2013 per Landesgesetz
       offiziell wirksam.
       
       Für die Gegner war das ein Schlag ins Gesicht. Das Unterschriftensammeln
       gegen ein Projekt, das bereits begonnen hat, gestaltete sich schwierig:
       Viele Bürger hielten offenbar eine Unterschrift seitdem für sinnlos. Viele
       fühlten sich auch schlecht informiert: Vor allem die örtliche Tageszeitung
       Lausitzer Rundschau ignorierte das Volksbegehren, außer zu Beginn,
       weitestgehend und berichtete ungewöhnlich wenig über diese Möglichkeit der
       demokratischen Mitbestimmung. „Das ist schon ein erschreckendes Versagen
       der Lausitzer Rundschau“, meint etwa BTU-Student Paul Weißflog.
       
       Initiiert hatte die Fusion Brandenburgs Wissenschaftsministerin Sabine
       Kunst – gegen den Rat vieler Wissenschaftsexperten und trotz heftiger
       Proteste von Studenten, Professoren, Politikern und Bürgern vor allem aus
       Cottbus, aber auch aus ganz Deutschland.
       
       Begründet hatte Kunst die umstrittene Fusion vor allem damit, dass die
       bisherige BTU Cottbus und die Hochschule Lausitz nicht genügend kooperieren
       würden. Doch dies wurde durch die BTU als weitgehend unberechtigter Vorwurf
       entkräftet: So wiesen die Cottbusser darauf hin, dass die beiden
       Hochschulen seit mehreren Jahren das gemeinsame David-Gilly-Institut zur
       Ausbildung von Bauingenieuren betreiben und auch anderweitig
       zusammenarbeiten.
       
       Befürchtet wurde von den Kritikern der Fusion vor allem, dass die
       Ministerin in Wahrheit mit der Fusion nur Sparziele erreichen wollte. Vor
       der Zusammenlegung bestritt Kunst dies immer vehement. Inzwischen stellt
       sich allerdings heraus, dass diese Befürchtungen durchaus berechtigt waren.
       Denn nun heißt es aus dem Ministerium plötzlich, dass statt der
       versprochenen rund 220 Professorenstellen diese drastisch gekürzt werden
       sollen – auf rund 150. „Das ist ein glatter Wortbruch der Ministerin!“,
       sagt etwa Sven Binkowski, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der BTU. Auch
       Michael Apel von den Organisatoren des Volksbegehrens ist empört. „Jetzt
       zeigt sich deutlich, dass es doch nur um eine Spar-Uni geht! Die Qualität
       des Studiums wird darunter sicher leiden! Genau davor haben wir ja von
       Anfang an gewarnt.“
       
       Auch den Studierenden passt das neue Konzept nicht: Viele bisherigen
       BTU-Studenten haben Cottbus inzwischen verlassen und sind an andere Unis
       gewechselt. Dadurch hat die ehemalige BTU Cottbus inzwischen rund 1.000
       Studenten weniger: Anfang Oktober 2012 waren an der BTU 6.972 Studenten
       offiziell eingeschrieben, an diesem Montag waren es nur noch 5.936. An der
       ehemaligen Hochschule Lausitz waren zum Wochenbeginn offiziell 3.076
       Studenten immatrikuliert – ein Rückgang seit dem Vorjahr um rund 20
       Prozent.
       
       Die neue Uni hat aber auch organisatorisch ein Problem: Sie hat zurzeit
       keinen Senat. Zum 1. Juli wurde der bisherige Senat der BTU Cottbus
       aufgelöst, ebenso der Senat der bisherigen Hochschule Lausitz. Stattdessen
       wurde ein Gründungsbeauftragter von der Ministerin eingesetzt, der quasi
       als Alleinherrscher die Belange der neuen „BTU Cottbus-Senftenberg“ regeln
       soll. So dachte sich das jedenfalls Ministerin Kunst. Doch derlei
       Bestrebungen schob das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Riegel vor –
       und verbot dem Gründungsbeauftragten Birger Hendriks Entscheidungen, die in
       die Lehr- und Forschungsfreiheit der BTU eingreifen.
       
       Denn mehrere BTU-Professoren haben gegen die Zwangsfusion
       Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, auch zwei
       Fakultäten reichten Verfassungsbeschwerde ein. Über diese ist noch nicht in
       der Hauptsache entschieden, bei einem damit verbundenen Eilantrag hatte das
       BVerfG jedoch die Befugnisse des Gründungsbeauftragten deutlich
       eingeschränkt, da er nicht demokratisch gewählt, sondern ohne jede
       Rücksprache mit der BTU oder der HL Lausitz eingesetzt worden war.
       
       Somit ist die BTU Cottbus-Senftenberg derzeit die einzige Universität in
       ganz Deutschland ohne einen Senat – also ohne das demokratisch gewählte
       „Parlament“ aus Studenten, Professoren und Mitarbeitern. Ein neuer
       „Gründungssenat“ soll jedoch nach Aussage von Hendriks bis Ende Oktober
       gewählt werden.
       
       Die neue Uni-Fusion startet also mit Schwierigkeiten und gebrochenen
       Versprechen. Bei der Immatrikulationsfeier für die neuen BTU-Studenten vor
       wenigen Tagen, wo auch Ministerin Kunst eine Rede hielt, zeigten
       BTU-Mitarbeiter und Studenten in stillem Protest große Spruchbänder: „Minus
       78 Profs = Wortbruch!“ stand auf dem einen. Und „Danke für das Chaos!“ auf
       einem anderen.
       
       Da musste selbst die Ministerin grinsen. In der Lausitzer Rundschau stand
       am nächsten Tag nichts von diesem Protest. So wie seit Monaten. „Das ist
       wie zu DDR-Zeiten“, meint Apel vom Volksbegehren resigniert. „Die Obrigkeit
       macht mit den Bürgern, was sie will, und die Rundschau macht brave
       Hofberichterstattung für die Ministerin und verschweigt Kritik.“
       
       10 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Silke Milius
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hochschule
       
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