# taz.de -- Die Wahrheit: Wir werden sexy
       
       > Neues aus Neuseeland: Wir haben den totalen Sex-Flash, und das ganz ohne
       > Schafe. Die 17-jährige Lorde ist mit „Royal“ an der Spitze der
       > YouTube-Charts.
       
       Wir haben den totalen Sex-Flash, und das ganz ohne Schafe. Die 17-jährige
       Lorde ist mit „Royal“ an der Spitze der YouTube-Charts; nicht lange davor
       war die wunderhübsche Kimbra schwer im Rennen. Musikalisch was drauf, genug
       Sexappeal, um Miley Cyrus locker von ihrer Kanonenkugel zu schubsen, und
       aus Neuseeland – wann gab’s jemals so was? Wir können es selber noch nicht
       ganz fassen. Wir haben Hormonschübe, wir reißen uns vor Exstase fast die
       Kleider vom Leibe, und als größtes Aphrodisiakum haben wir jetzt auch noch
       ein waschechtes Polit-Luder, das Aucklands Bürgermeister zu Fall brachte.
       Voll Hollwyood!
       
       Aber erst mal Kiwis und Musik: Einen Russell Brand können wir nicht bieten,
       nicht mal eine Fehlpressung von One Direction oder Justin Bieber. Okay, Fat
       Freddie’s Drop touren gerade durch Deutschland, und ihr Sound ist vom
       Feinsten. Aber sexy? Nee, sorry, abwink, so sind wir nicht. Aber dann
       plötzlich: Lorde! Oh my fucking god.
       
       Das gleiche Phänomen bei den Dichtern und Denkern. Wer gewinnt den elitären
       Man-Booker-Preis? Eleanor Catton. Nicht nur 26 und hochbegabt, sondern auch
       noch so hübsch, was natürlich gar keine Rolle zu spielen hat, aber
       natürlich bemerkt wird. Das kannten wir bislang nicht. Denn Kerri Hulme,
       die bis dato einzige Booker-Preis-Trägerin aus dem literarischen
       Kiwi-Kanon, ist eine sperrige Gestalt. Nicht nur charakterlich, auch
       leiblich. Ihr öffentliches Auftreten jenseits von Angelstellen ist eher
       deftig: saufen, fluchen, Pfeife rauchen. So gar nicht Pin-up.
       
       Auch unsere Politiker, mal abgesehen von der transsexuellen Schönheit
       Georgina Beyer, sind eher von der unglamourösen Sorte. Ganz besonders Len
       Brown, Bürgermeister von Auckland. Wer hätte daher gedacht, dass
       ausgerechnet dieser brave Schlipsträger mit Halbglatze in den größten
       Schmuddelskandal gerät, den das Land je gesehen hat. Man müsste sich mit
       ihm schämen, wenn man sich nicht so wunderbar daran aufgeilen könnte.
       
       Brown, verheiratet, drei Töchter, hat zwei Jahre lang eine Affäre mit einer
       jungen Chinesin gehabt, die angeblich auf einen Posten im Stadtrat scharf
       war. Heiß für ihn, lauwarm für sie, denn der schnelle Len – das wissen wir
       jetzt alles im Detail – kam immer schon nach wenigen Minuten. Bevan Chuang,
       nur halb so alt und nebenbei mit einem Mitarbeiter von Browns politischem
       Gegner liiert, wurde von ihrem Sugardaddy wie eine Prostituierte behandelt,
       „nur ohne Bezahlung“. Telefonsex im Amtszimmer – ja, mit Hose runter – und
       Wham-Bam-Thank-You-Ma’am in den würdigen Hallen, wo die Maori-Ältesten
       tagten. Ein Pförtner überraschte sie dort in flagranti. Der schwieg, Miss
       Chuang jedoch nicht, und so kommt es, das wir jetzt ihre intimen
       SMS-Nachrichten kennen und man ihr Rollen in Pornos anbietet, weil ihre
       Karriere vorerst zu Ende ist. Len Browns noch nicht, denn Bill Clinton hat
       das mit Monica Lewinsky damals ja auch hingebogen. Ausdenken kann man sich
       das alles nicht. Nur wundern, wohin es noch führen soll. Sodom und
       Aotearorrha! Und jetzt: kalt duschen.
       
       30 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anke Richter
       
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