# taz.de -- Schütze über Brauch als Kulturerbe: „Da geht's nicht nur ums Saufen“
       
       > Die Sauerländer Schützen wollen ihren Brauch zum Weltkulturerbe machen.
       > Raimund Reuther über seine Idee und einen möglichen europaweiten Antrag.
       
 (IMG) Bild: Schützenorden – von menschlichem Wissen und Können getragen.
       
       taz: Herr Reuther, warum sollen die Schützen auf die „Liste des dringend
       erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes“ der Unesco? 
       
       Raimund Reuther: Weil wir als Schützen seit Jahrhunderten existent sind,
       weil wir Bräuche und Sitten haben. Das Schützentum ist eine Tradtition, die
       seit Generationen weitergeben wird. Meine Bruderschaft wurde 1607 gegründet
       – und es gibt Schützenbrüderschaften, die sind noch viel älter. Die
       Schützen waren Beschützer der Städte, der Stadtanlagen. Wenn sie so wollen,
       dann war es das erste ehrenamtliche Engagement von Menschen innerhalb von
       Städten.
       
       Wie sind Sie auf die Idee gekommen? 
       
       Wir hatten eine Vorstandssitzung und einer sagte, dass die Bundesrepublik
       der Unesco-Konvention zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes
       beigetreten ist. Dann habe ich gesagt: Ich kümmere mich darum. Ich habe mir
       rausgesucht, was so aufgeführt werden soll, was die Kriterien sind. Einen
       Tag später, am 9. April, habe ich einen Prüfantrag an die Bundesversammlung
       des Sauerländer Schützenbundes eingereicht. Sie sollten den Antrag zur
       Aufnahme in die Liste stellen.
       
       Bekannt sind die Schützen für ihre Feste, was macht sie noch aus? 
       
       Da brauchen Sie jetzt nicht nur ans Saufen denken. Wir vermitteln Werte wie
       Glaube, Sitte und Heimat. Wir kümmern uns um unsere Ortschaften, stiften
       den Weihnachtsbaum, führen Martinszüge durch. Unsere Bruderschaft
       beispielsweise unterstützt ein Hospiz, indem sie finanzielle Mittel
       aufbringt. Wir haben einer Schaustellerfamilie geholfen, deren Wohnwagen
       abgebrannt war. Und das Schützenfest mit dem Höhepunkt des Vogelschießens
       ist ein traditioneller Brauch. Da gibt es nicht nur Veltins, Krombacher und
       Westheimer.
       
       Wie ist der Stand des Antrages? 
       
       Der Antrag ist von den Schützen im Rheinland und Westfalen gestellt und
       liegt jetzt beim Kultusministerium in Düsseldorf. Das trifft eine
       Vorentscheidung, denn jedes Bundesland darf zwei Bräuche für die Liste bei
       der Kultusministerkonferenz anmelden. Der rheinische Karneval ist übrigens
       auch ein Vorschlag. Am 30. November ist von der Unesco aus Anmeldeschluss,
       die Entscheidung ist aber ein mehrjähriger Prozess.
       
       Geht es dabei nur um ihren Verein? 
       
       Nein, ich habe den Antrag an den Sauerländer Schützenbund
       hineingeschrieben, man möge prüfen, ob man den Antrag zusammenfassen kann –
       zum Beispiel mit dem europäischen Schützenbund. Denn wir können den Antrag
       auch europaweit stellen. In Belgien ist dieser Brauch des Schützentums
       bereits für die Aufnahme in der Liste angemeldet worden. Es gibt ja auch
       europäische Schützenfeste.
       
       Haben die Schützen denn den Schutz des Weltkulturerbes nötig? 
       
       Wir sterben natürlich nicht aus, in unserem Gebiet Rheinland und Westfalen
       haben wir 570.000 Mitglieder. Das ist ja keine kleine Nummer!
       
       Was erwarten Sie von der Aufnahme in die Liste? 
       
       Ich verspreche mir, dass das Brauchtum unter Universalschutz steht und dass
       unsere Kultur so bestehen bleibt, wie sie sich seit Jahrhunderten
       entwickelt hat. Und dass zum Beispiel nicht mehr aus Berlin gesagt wird:
       „Die Vögelchen macht ihr jetzt mal dünner“. Die Ministerialbürokratie in
       Berlin war nämlich der Meinung: Die Vögel sind zu groß, da wird mit zu
       großem Kaliber geschossen. Diese Holzvögel, die oben in einem Schießkasten
       sitzen, sind seit Jahrhunderten immer in der gleichen Weise gebaut worden.
       
       30 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Neumann
       
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