# taz.de -- Spätes PR-Desaster nach Özil-Transfer: Eine verbotene Sehnsucht
       
       > Real Madrids Trainer Carlo Ancelotti soll den Weggang von Mesut Özil nie
       > bedauert haben. Nun tauchen Tonbänder auf, die das Gegenteil nahelegen.
       
 (IMG) Bild: Und er vermisst ihn doch: Carlo Ancelotti bedauert anscheinend den Weggang von Mesut Özil
       
       MADRID taz | Vieles hat sich verändert bei Real Madrid, und fast alles hat
       mit dem Trainer zu tun. Nach den Verwerfungen der Mourinho-Jahre schien es
       zunächst, als bräuchte es zumindest einen UNO-Sondergesandten, um den Krieg
       jedes gegen jeden zu beenden, den der Portugiese im Verein entfacht hatte.
       Wie sich herausstellt, reichte für das meiste auch ein Carlo Ancelotti. Der
       kam nicht umsonst mit dem Etikett des „pacificador“ – als „Befrieder“. Er
       ist flexibel und anpassungsfähig, sucht keinen Streit und versteht trotzdem
       jede Menge von seinem Job.
       
       Da Real seit Ende Oktober ungeschlagen ist und durch die überraschenden
       Punktverluste am Sonntagabend von Barcelona (1:1 in Levante) und Atlético
       Madrid (1:1 gegen Sevilla) bis auf einen Zähler an das Spitzenduo
       heranrückte, da sich außerdem mit der Wahl von Cristiano Ronaldo zum
       Weltfußballer eine jahrelange Obsession erfüllte, ließe sich von einem
       historischen Moment der Ruhe sprechen. Wenn es da nicht diese Posse gäbe,
       in deren Mittelpunkt ausgerechnet der entspannte Ancelotti und Mesut Özil,
       der im Sommer verkaufte Spielmacher, stehen.
       
       „Wir haben einen Fehler gemacht, als wir ihn gehen ließen“ – so wurde
       Ancelotti vorige Woche in den Gulf News, einer englischsprachigen Zeitung
       aus Dubai, zitiert. Ein Satz wie eine Watschn direkt ins Gesicht des
       Klubpräsidenten Florentino Pérez. Denn auch wenn Ancelotti tausendfach
       betonte, er habe die Entscheidung zum Transfer getroffen: intime Kenner des
       Klubs versichern, der Trainer vermisse Özil und habe sich nur dem Willen
       des Präsidenten gefügt.
       
       Der Satz vom Arabischen Golf musste daher schleunigst aus der Welt. Also
       dementierte Ancelotti am Freitag, parallel verschickte der Pressechef von
       Real Madrid, Carlos Carbajosa, eine SMS, in der er sich zu der Behauptung
       verstieg, es habe gar kein Gespräch stattgefunden. Der PR-Mann kennt sich
       aus mit solchen Dingen. Als Journalist arbeitete er einst für El Mundo und
       wurde nach falschen Unterstellungen gegenüber Ex-Klubchef (und
       Pérez-Gegner) Ramón Calderón von einem Madrider Gericht zu einer Geldstrafe
       wegen Verleumdung verurteilt.
       
       ## Kein adäquter Ersatz
       
       Jetzt dürfte ihm kurz das Herz stehen geblieben sein, als die Gulf News
       twitterte: „Wir haben das Interview auf Tonband.“ Richtig peinlich wurde es
       für Real dann am Montag, als sich das vermeintlich nie geführte Interview
       in der Sportzeitung As wiederfand. Einziger Trost: die fragliche Passage
       übersetzte das von As angeheuerte Anglistenteam dergestalt, dass Ancelotti
       auf die Frage, ob er Özil vermisse, erst lacht. Und dann antwortet: „Nein,
       denn vermissten wir ihn, würde das ja bedeuten, wir hätten einen Fehler
       gemacht.“
       
       Eine verbotene Sehnsucht also, dabei ist klar: Fehlen am Saisonende die
       Titel, wird mit dem Finger auf den Özil-Verkauf gezeigt. Ein adäquater
       Ersatz hat sich nämlich noch nicht gefunden. Den von Pérez auserkorenen
       Jungstar Isco hält Ancelotti für verzichtbar. Und über den von ihm
       bevorzugten Ángel Di María sagte er jüngst, der habe wohl „weniger Können
       als Özil“. In den Gulf News. Auf Tonband.
       
       21 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Haupt
       
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