# taz.de -- Qualitäts- statt Kostenwettbewerb: Einheitstarif für Altenpflege
       
       > Gemeinnützige Arbeitgeber wollen einheitlichen Tarifvertrag für die
       > Altenpflege. Ohne höhere Kassenleistung geht das aber nicht.
       
 (IMG) Bild: Auch Fachkräfte arbeiten in der Altenpflege oft für Mindestlohn.
       
       BREMEN taz | Einheitliche Tarifbedingungen in der Altenpflege wollen die
       Bremer Wohlfahrtsverbände für das Land Bremen durchsetzen. Das wäre
       bundesweit ein Novum. Die Landesarbeitsgemeinschaft der freien
       Wohlfahrtspflege (LAG) wolle darüber mit der Gewerkschaft Ver.di sprechen,
       sagte gestern der LAG-Vorstandssprecher Arnold Knigge.
       
       Der Ver.di-Sekretär David Matrai sagte gestern, die Gewerkschaft teile das
       Anliegen. Vergangene Woche hatte die Gewerkschaft 3.000 Euro brutto für
       eine Vollzeitstelle gefordert. „Dies ist eine Zahl, die wir in die
       Diskussion gebracht haben und die mit Sicherheit gerechtfertigt ist.“
       Sollte sie wie erwartet den Arbeitgebern zu hoch sein, sei er dennoch
       zuversichtlich, dass man sich einigen werde. Unter einer Voraussetzung:
       „Wenn der Tarifpartner das Ziel verfolgt, die Löhne mindestens zu
       stabilisieren und nicht abzusenken.“
       
       Zustimmung signalisierte gestern der Verband der Ersatzkassen (VDEK). „Wir
       sehen das grundsätzlich positiv“, sagte gestern dessen Sprecherin
       Christiane Rings. „Damit wird der Wettbewerb unter den Anbietern über die
       Qualität geführt und nicht über Kosten.“ Sie könne allerdings noch nicht
       sagen, ob die Kassen den Einrichtungen dann auch mehr für die Pflege
       bezahlen werden. „Das Thema wird aber mit Sicherheit in den nächsten
       Vertragsverhandlungen verhandelt werden.“
       
       Ohne die Kassen, das hatte gestern LAG-Sprecher Knigge deutlich gemacht,
       seien gute Löhne in der freien Wohlfahrtspflege nicht umzusetzen. „Wir
       können das nicht über Marktpreise weitergeben. Das müssen die Kostenträger
       refinanzieren.“
       
       Sollten die Verhandlungen mit Ver.di erfolgreich sein, dann geht Knigge
       davon aus, dass der Tarifabschluss als ortsüblicher Lohn auch für die
       privaten Anbieter gelten wird. Dies festzulegen sei möglich, weil die
       freien Wohlfahrtsverbände zu über 50 Prozent die Altenpflege in Bremen
       anbieten. Dort arbeiten in über 100 ambulanten Diensten und über 90
       Pflegeheimen 9.000 Beschäftigte.
       
       „Wegen des Fachkräftemangels müssen wir die Branche attraktiver machen“,
       sagte Knigge. Dies ginge nur, wenn verlässlich gute Löhne gezahlt würden.
       Derzeit sei die Spannweite bei Anbietern groß. Eine Pflegefachkraft
       verdiene 13 bis 17 Euro brutto in der Stunde. Wie viel private Firmen
       zahlen, wisse er nicht.
       
       „Das ist wegen der vielen verschiedenen Haustarife sehr schwer
       herauszufinden“, sagte gestern auch Burkhardt Zieger vom Deutschen
       Berufsverband für Pflegeberufe. „Die Beschäftigten sind sehr ängstlich und
       sagen uns nicht, was sie verdienen und wie viele unbezahlte Überstunden sie
       machen.“
       
       Den Mindestlohn von 8,50 Euro brutto sollen in der Branche eigentlich nur
       Hilfskräfte bekommen, aber er gehe davon aus, dass auch Fachkräfte so wenig
       bekommen. Der Durchschnittslohn in Bremen liege bei 2.176 brutto. Er
       vermute, dass große private Anbieter häufiger schlechte Löhne zahlen
       würden.
       
       Den Bremer Vorstoß zu einem einheitlichen Tariflohn begrüßte Zieger sehr,
       eben weil die Lage so unübersichtlich geworden sei. SPD-Mitglied Knigge
       machte dafür die letzte Kohl-Regierung verantwortlich, die mit der
       Umstrukturierung der Pflegeversicherung einen Wettbewerb unter den
       Anbietern erzwang. Dadurch habe der finanzielle Druck auf die Anbieter
       zugenommen, Leidtragende seien dann Beschäftigte und Pflegebedürftige.
       
       Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, der mehrere Bremer
       Pflegeunternehmen vertritt, sagte gestern, er fordere „seit Jahren eine
       angemessene Vergütung für die Träger von Pflegeeinrichtungen, um die
       steigenden Personal- und Sachkosten zu refinanzieren und die Pflegekräfte
       besser bezahlen zu können“.
       
       Deshalb gehe „es weniger um die Frage, ob die Träger von
       Pflegeeinrichtungen gute Gehälter zahlen, sondern ob die Kostenträger
       bereit sind, die erforderlichen höheren Personalkosten bei den
       Vergütungsverhandlungen zu akzeptieren“.
       
       22 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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