# taz.de -- Der sonntaz-Streit: Macht Liebe unemanzipiert?
       
       > Die Errungenschaften der Emanzipation werden schnell vergessen, wenn es
       > Liebe ist. Dann besetzen Männer und Frauen wieder die alten Rollenmuster.
       
 (IMG) Bild: Wieder typisch: Sie hat das Anlehnungsbedürfnis, er die Schulter.
       
       Es ist Valentinstag. Ihr Treffen soll etwas ganz Besonderes werden. Deshalb
       lädt er sie zum Essen ein. In ein schickes, italienisches Restaurant, die
       beste Adresse am Platz. Obwohl der Schawarma-Imbiss um die Ecke eigentlich
       auch ganz gut ist und der Wirt die Portionen immer etwas größer macht, weil
       er einen kennt.
       
       Er macht sich schick, zieht sogar einen Anzug an. Das macht er sonst nie.
       Sie hat während des Studiums für Gleichberechtigung gestritten, war
       Frauenbeauftragte an der Fakultät und achtet auf inklusive Sprache,
       trotzdem kleidet sie sich an diesem Abend betont weiblich, legt Rouge auf,
       wählt die Schuhe mit dem hohen Absatz.
       
       Mit Blumen holt er sie von zu Hause ab. Im Restaurant nimmt er ihr zuerst
       den Mantel ab und bietet ihr dann den Stuhl an. Das alles bevor er sich
       selber setzt, versteht sich. Sie fühlt sich geschmeichelt und trinkt den
       guten Rotwein, den er ausgesucht hat, obwohl sie sonst eigentlich nur
       Weißwein trinkt. Am Ende besteht er darauf, die Rechnung zu zahlen, obwohl
       ihr monatliches Einkommen höher ist und beide das insgeheim wissen.
       
       Er buhlt um ihre Gunst. Das hat sie längst erkannt, aber es gefällt ihr,
       und sie genießt es geradezu. Dreieinhalb Stunden Restaurantbesuch haben
       ausgereicht, um ein halbes Jahrhundert Emanzipation zunichte zu machen.
       
       Trotzdem haben wir ein unwahrscheinlich wohliges Gefühl, wenn wir uns
       ausmalen, wie ein Date abläuft. Fragt man Personen nach ihrer Vorstellung
       davon, laufen so oder so ähnlich die Bilder in den Köpfen der Befragten ab.
       Das hat eine - überhaupt nicht aussagekräftige - Spontan-Umfrage innerhalb
       der sonntaz-Redaktion ergeben.
       
       Dass dieser Archetyp einer Verabredung voll althergebrachter Klischees ist
       und genauso gut auch aus einem Walt-Disney-Film entstammen könnte, ist
       nebensächlich. Das fiktive Beispiel sagt nicht nur einiges über unsere
       Vorstellungen von Romantik und Liebe aus, sondern auch über den Stand der
       Emanzipation. Es scheint, als sei die Liebe der einzige Bereich, in dem
       Emanzipation, die Befreiung von alten Rollenmustern, keine Wirkung
       entfaltet.
       
       Verfestigt sich das Date zu einer Beziehung, werden diese Muster dann
       zementiert: Er verdient das Geld und macht Karriere, sie gibt alles auf -
       für ihn, die Kinder, den Haushalt. Ist das nicht immer noch oft so,
       Emanzipation eine Einbahnstraße, auf der nur Frauen unterwegs sind? Weil
       sie sich nicht traut, ihn anzusprechen; weil Männer die Eroberer sein
       wollen; weil sie sich am Anfang eh um die Kinder kümmern muss; weil er es
       irgendwie unmännlich findet, Elternzeit zu nehmen - und zwar mehr als die
       lächerlichen zwei Monate; weil sie auf Blumen steht und er auf Macht?
       
       Deswegen fragen wir: Macht Liebe unemanzipiert? Diskutieren Sie mit! Die
       sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus
       und veröffentlicht sie in der sonntaz vom 15./16. Februar 2014. Der
       Kommentar sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter, einem
       Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Oder
       schicken Sie bis Mittwoch, 12. Februar, eine Mail an: [1][streit@taz.de]
       
       11 Feb 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /streit@taz.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerald Mander
       
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