# taz.de -- HSV vor dem Abstieg: Marwijk geht – na und?
       
       > Der HSV muss absteigen – aus therapeutischen Gründen. Nur so wird man die
       > Wichtigtuer los und kann die Großkotzigkeit begrenzen.
       
 (IMG) Bild: So sieht er aus, der Untergang: Marcel Jansen
       
       Bei aller Sympathie für die Mannen von Eintracht Braunschweig, so sehr man
       ihnen und ihrem Trainer Torsten Lieberknecht die wichtigen drei Punkte im
       Kampf um den verdienten Verbleib in der Bundesliga gönnt: Aber dass sie den
       HSV mit 4:2 düpierten, in seine moralischen Restbestandteile zerlegten –
       das war dann doch nicht zu erwarten. Die Eintrahct gewann gegen einen
       Gegner, der so grotesk unsicher agierte, wie es nur Teams aus der dritten
       Liga nachgesagt wird: Der HSV – das ist eine Ruinenlandschaft, deren Heger
       und Pfleger lediglich Jahr für Jahr glauben, sie könnten es irgendwie in
       europäische Wettbewerbe schaffen.
       
       Bert van Marwijk, der Trainer, hat keine Fehler während seines nur wenige
       Monate dauernden Engagements gemacht. Das Einzige, was man ihm vorwerfen
       kann, ist, dass er sich – möglicherweise aus Langeweile – hat überreden
       lassen, Nachfolger von Torsten Fink zu werden. Hätte er nicht wissen
       können, dass er einem Team vorstehen würde, das vielleicht einige versierte
       Könner des Fußballs versammelt – die aber alle ihre Fähigkeiten nicht
       entfalten können, weil Funktionäre und Vereinsvorstände nichts als ein
       Rudel testosterongesteuerter Kleinbürger ist, die allesamt glauben, es
       besser zu wissen?
       
       Der grundsätzliche Fehler des HSV der jüngsten Zeit war, dass Sportdirektor
       Dietmar Beiersdorfer gegangen wurde; der zweitschwerste Fehler war, dass
       alle HSV-Welt nach wie vor glaubt, Uwe Seele sei eine kompentente,
       befragbare Gestalt. Nur weil er Fallrückzieher konnte und ein bisschen sich
       auf Toreabstauberei verstand? Und der dritte Fehler war – und ist: Dass ein
       in der Schweiz lebender Logistikunternehmer mit Monstermillionenvermögen
       namens Kühne sich mit seinen Finanzen dauernd in die Belange des HSV
       einmischt.
       
       Etwa indem er den niederländischen Spieler Rafael van der Vaart dem HSV
       quasi schenkte. Dass van der Vaart als Spitzenverdiener ohne
       Mannschaftsbewusstsein – ihn interessierte der HSV schon deshalb immer
       null, weil der Verein seinen Zenit längst überschritten hat – wie ein
       Brunnenvergifter wirkt, ist ohnehin offenkundig. Ebenso, dass die
       Verpflichtung solcher Fußballsöldner dem Aufbau einer hungrigen,
       erfolgsgierigen und egalitären Nachwuchsmannschaft entgegen steht.
       
       ## Wieder klein anfangen
       
       Beim HSV ist es einerlei, wer Marwijk als Trainer nachfolgt. Dieser Verein,
       der einzige, der aus der Bundesliga nie absteigen musste, braucht die
       Verbannung in die Zweite Liga. Und zwar, um sich zu erholen. Um all die
       wichtigtuerischen Vereinslackel und Lackhalbschuhträger mit neoliberalem
       Fußatmerbewusstsein zu deckeln. Was es braucht, ist ein HSV, der klein
       wieder anfängt und seine Honoratioren und Dreinsprecher (meist via
       Bild-Zeitung, MoPo und Hamburger Abendblatt in eine Art Alumniverein ohne
       Mitspracherecht verklappt.
       
       Will der HSV, etwa Ende dieses Jahrzehnts, wieder international mitspielen,
       bräuchte er den Abstieg. In der Logik von Therapeuten hieße das: Über das
       Sprechen zum Traumatischen das Schlimme aufarbeiten – und sich selbst auf
       Normalmaß eingewöhnen. Und dass dann wieder gloriose Leistungen erbracht
       werden können, aber eben ohne den Ballast des Alten und der Alten.
       
       Will man des HSV Wohl, sollten ihm in dieser Saison keine Punktgewinne mehr
       gelingen. Alle Siege, die jetzt noch kämen, kämen einer Rehamaßnahme
       gleich, die die Krankheit namens HSV nur verschlimmert. Sie hat einen
       Namen: Großkotzigkeit ohne Fundament. Es ist auch der wichtigste
       Unterschied zu den Bayern: Kunst kommt von Können – und der HSV kann schon
       lange nicht mehr.
       
       Der Autor ist HSV-Fan seit den frühen Sechzigern. Er war als Kind schon bei
       Heimspielen am Rothenbaum und hat kein Spiel im Volksparkstadion zwischen
       1969 und 1975 ausgelassen.
       
       16 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Feddersen
       
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