# taz.de -- Gedopte Biathletin Sachenbacher-Stehle: Zu viel an Energie
       
       > Evi Sachenbacher-Stehle steht nach A- und B-Probe unter Dopingverdacht.
       > Russlands Coach Wolfgang Pichler macht verunreinigte Energieriegel
       > verantwortlich.
       
 (IMG) Bild: Erwischt, Evi Sachenbacher-Stehle.
       
       SOTSCHI taz | Evi Sachenbacher-Stehle, das war der Name, der zuerst die
       Runde machte. Als der Deutsche Olympische Sportbund am Freitag um 9.16 Uhr
       deutscher Zeit vermeldete, die A-Probe bei einem Mitglied der
       Olympiamannschaft habe „ein von der Norm abweichendes Ergebnis“ erbracht,
       da dachten viele, es könne sich eigentlich nur um die kleine Skijägerin mit
       der rosa Mütze handeln, denn sie wurde trotz guter Ergebnisse in Sotschi
       nicht für den Staffel-Wettbewerb am Freitagnachmittag nominiert.
       
       Bundestrainer Gerald Hönig gab zur Begründung an, seine Athletin habe
       zuletzt Probleme gehabt, sich zu konzentrieren. Aber warum sollte man eine
       Athletin nicht berücksichtigen, die Vierte im Massenstart-Rennen geworden
       war und auch sonst ganz gut drauf schien? Die „Konzentrationsschwäche“ der
       33-Jährigen hatte einen bestimmten Grund: Sachenbacher-Stehle hat gedopt,
       offenbar mit einem Aufputschmittel. Die Nachrichtenagentur dpa vermeldete
       das um 11.50 Uhr. Es ist der erste Dopingfall dieser Spiele. Die Deutschen
       haben sozusagen das erste Gold im Dopen abgeräumt. In diesem
       Medaillenspiegel führen sie unangefochten. Chapeau.
       
       Früher war Sachenbacher-Stehle Langläuferin. Erst vor zwei Jahren wechselte
       sie ins Lager der Biathleten. Sie hatte Mühe, dort Fuß zu fassen. Die
       Kombination aus Laufen und Schießen machte ihr zu schaffen. Ihre
       Schießergebnisse waren anfangs mies, nur langsam besserte sich ihre
       Ballerei. Die Spiele von Sotschi waren ihre ersten als Biathletin.
       Sachenbacher-Stehle wechselte zwar die Sportart, ihre Geschichte nahm sie
       mit. Bei den Winterspielen von Turin gab es schon einmal so eine unschöne
       Sache, in die Sachenbacher-Stehle verwickelt war. Ihr Blut war zu dick. Der
       Hämoglobinwert, also die Zahl der roten Blutkörperchen, lag bei 16,4.
       Erlaubt war aber nur ein Wert von 16,0.
       
       Die Bayerin aus Reit im Winkl wurde mit einer fünftägigen Schutzsperre
       belegt. So ein hoher Wert kann etwas mit Doping zu tun haben, muss aber
       nicht. Der Deutsche Ski-Verband legte seinerzeit Protest gegen die Sperre
       ein und führte an, die Staffel-Olympiasiegerin von Salt Lake City aus dem
       Jahr 2002 habe eine bestimmte genetische Veranlagung zur Blutverdickung.
       Der Einspruch wurde abgewiesen, doch als ihre Werte bei einer weiteren
       Messung okay waren, durfte Sachenbacher-Stehle im Teamsprint wieder an den
       Start gehen. Sie sollte in Turin noch eine Medaille gewinnen: Silber mit
       der Staffel. Damals ging die Geschichte gut für sie aus.
       
       ## Dopinganfällige Ausdauersportarten
       
       Nicht nur sie, das gesamte Lager der Langläufer wird seit mehreren
       Dopingskandalen skeptisch beäugt. Betroffen waren in der Vergangenheit vor
       allem Finnen, Russen und Österreicher. Auch die Ausdauersportart Biathlon
       hat nicht den besten Ruf. Dass jetzt ausgerechnet das ewige Madel, die
       kleine Evi, so abgefeimt betrogen haben soll, das passt natürlich nicht ins
       Bild der Marketingstrategen, die seit 2002 um sie herumschwirren.
       
       Nach dem Olympiasieg wurden ihre Jahreseinnahmen auf 250.000 Euro taxiert,
       kein schlechter Wert für eine deutsche Loipenspezialistin. Der Boulevard
       liebte seine „Gold-Evi“. Sie galt als „Strahle-Frau“, schloss einige
       Werbeverträge ab, und selbstverständlich wurden auch die obligatorischen
       Schnappschüsse im Bikini von ihr gemacht. Darauf zu sehen: Der lupenreine
       Waschbrettbauch einer extrem durchtrainierten Leistungssportlerin. So
       unbeschwert, locker und leicht ging es nicht weiter.
       
       Bundestrainer Jochen Behle fand ihre Ausflüge in die Welt der Semi-Promis
       gar nicht toll und rüffelte sie. Die kleine Evi zeigte großen
       Widerspruchsgeist und schaffte sich einen eigenen Heimtrainer an, Wolfgang
       Pichler, der heute übrigens im russischen Biathlonverband angestellt ist.
       Dort kennt man sich ja auch mit Dopingfällen aus; vor den Spielen von
       Sotschi wurde die russische Skijägerin Irina Starych positiv getestet.
       Pichler erklärte flugs zum Fall Sachenbacher-Stehle: „Wenn es stimmt, was
       ich gehört habe, hat sie verunreinigte Energieriegel genommen.“
       
       Der letzte große Erfolg der nur 52 Kilogramm schweren Athletin liegt vier
       Jahre zurück. Als sie Gold im Teamsprint von Vancouver gewann, da feierte
       die Süddeutsche Zeitung „Gold-Evis Auferstehung“, längst vergessen waren da
       die juristischten Scharmützel mit dem Sportgerichtshof Cas, vor dem sie
       sich ihre angebliche Blutanomalie anerkennen lassen wollte. Der Versuch
       scheiterte.
       
       Der Wechsel in den Biathlonbereich sollte ihrer Karriere noch einmal
       Schwung verleihen. In der Szene der bewaffneten Langläufer wollte sie sich
       neu positionieren. Ihr früherer Manager, der Münchner Ralf Scheitenberger,
       der eine Agentur namens "Meet success" betreibt, hat sie stets als "sehr
       natürlichen Typ“ beworben. Sie sei „eben auch so, wie sie in den Medien
       rüberkommt“. Derzeit kommt Evi Sachenbacher-Stehle als Betrügerin rüber.
       Das kann so nicht gewollt gewesen sein.
       
       21 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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