# taz.de -- Wilkommenskultur im Amt: Service sogar für Ausländer
       
       > Niedersachsen will seine Ausländerbehörden neu ausrichten. Wie das in der
       > Praxis aussehen kann, soll ein Modellprojekt in neun ausgewählten
       > Behörden erproben.
       
 (IMG) Bild: Soll in Niedersachsen angenehmer werden: Warten in einer Ausländerbehörde.
       
       HANNOVER taz | Niedersachsens Ausländerbehörden sollen netter werden. Mit
       einem Pilotprojekt will die rot-grüne Landesregierung ihren versprochenen
       Paradigmenwechsel zu einer humanitären Flüchtlingspolitik bis in die letzte
       Amtsstube durchsetzen. Noch im März sollen neun Modellbehörden für das
       Projekt „Willkommenskultur fängt in den Ausländerbehörden an“ ausgewählt
       werden. 22 der landesweit 53 kommunalen Ausländerämter haben sich bislang
       beworben.
       
       Die Behörden sollen den „Spagat zwischen den fortbestehenden
       ordnungsbehördlichen Aufgaben und einer stärkeren Kunden- und
       Serviceorientierung“ künftig besser meistern, umschreibt Niedersachsens
       Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) das Ziel des Projektes. Wie das
       konkret aussehen kann, soll in den kommenden zwei Jahren in den
       Modellbehörden erprobt werden. Die ausgewählten Ämter sollen dann als
       „Visitenkarten“ in Sachen gelebter Willkommenskultur fungieren.
       
       In den Ämtern soll die Serviceorientierung durch Maßnahmen wie gezielte
       interkulturelle Schulungen oder die Einstellung von Mitarbeitern mit
       eigener Migrationserfahrung gestärkt werden. Beratungen sollen auch in
       anderen Sprachen als Deutsch angeboten werden, wichtige Informationen
       grundsätzlich mehrsprachig verfügbar sein.
       
       Zudem will man Abläufe und Entscheidungswege optimieren. Über
       Aufenthaltsgenehmigungen etwa soll möglichst rasch entschieden werden, um
       die Antragsteller nicht unnötig lang im Ungewissen zu lassen. Und wenn
       entschieden wird, soll dies mit maximaler Transparenz geschehen. So will
       das Ministerium nicht zuletzt das Vertrauen in Niedersachsens Behörden
       stärken.
       
       „Beratung und Unterstützung“ müssten im Vordergrund stehen, findet auch die
       Grünen-Migrationspolitikerin Filiz Polat. Sie betont, dass Niedersachsens
       Willkommens-Initiative auf Gleichbehandlung setze – im Gegensatz zu
       Projekten anderer Länder. „Wir unterscheiden nicht zwischen Ausländern
       erster, zweiter oder dritter Klasse unterscheiden“, erklärt sie.
       
       Bundesweit gelobte Projekte wie etwa das „Welcome Center“ in Hamburg haben
       dagegen eine klare Zielgruppe: Beratung in lockerer Atmosphäre mit Sofaecke
       bekommen in Hamburg Hochqualifizierte – Jahreseinkommen ab 30.000 Euro. Um
       alle anderen Migranten kümmert sich die zentrale Ausländerbehörde. In
       Niedersachsen wolle man den Service hingegen für Migranten in allen Lagen
       verbessern, kündigt Polat an: Für Hochqualifizierte, denen es um die
       Anerkennung eines Berufsabschlusses geht, genauso wie für diejenigen, die
       überhaupt erst mal einen Aufenthaltstitel beantragen müssen.
       
       „Überfällig“ nennt Kai Weber von Niedersachsens Flüchtlingsrat das
       gemeinsame Projekt von Sozial- und Innenministerium. Auch ein Jahr nach der
       rot-grünen Regierungsübernahme gebe es „auf Ebene des behördlichen Umgangs
       mit Flüchtlingen noch viele Defizite“, sagt er. In den Ämtern herrsche
       häufig nach wie vor die „rigide Praxis“ aus der Ära von Niedersachsens
       ehemaligem Innenminister Uwe Schünemann (CDU).
       
       Oft fehlt es laut Weber im Umgang der Behörden mit Flüchtlingen schon an
       Basisinformationen. „Die Behörden sollten von Beginn an auf Möglichkeiten
       des Spracherwerbs oder der Berufsqualifizierung hinweisen“, sagt er.
       Grundsätzlich aber fordere der Flüchtlingsrat „eine liberalere Handhabung
       der bestehenden Ausländergesetze“.
       
       Denn die konkrete Auslegung von Recht und Gesetz ist Sache der Ämter vor
       Ort. Sie entscheiden nicht zuletzt über die Frage, wie rechtliche
       Ermessenspielräume genutzt werden – zugunsten oder gegen Migranten. Und
       dabei kann im Flächenland Niedersachsen Hannover, wo die Ministerien die
       politische Linie vorgeben, mitunter weit weg sein.
       
       4 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
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