# taz.de -- Denkmalschutz: Galgenfrist für Industrieruine
       
       > Das ehemalige Kraftwerk Südzentrale in Wilhelmshaven wird abgerissen,
       > wenn sich kein Käufer findet.
       
 (IMG) Bild: Wo der Abriss droht: im Inneren der Kraftwerksruine „Südzentrale“ in Wilhelmshaven
       
       WILHELMSHAVEN taz | Das Tor zur Südzentrale in Wilhelmshaven steht offen.
       Jugendliche haben das denkmalgeschützte Jugendstilgebäude und das Gelände
       erobert. Und mal wieder wurde die Vegetation kahl geschlagen. Alles deutet
       darauf hin, dass das Kraftwerk der ehemaligen Kaiserlichen Werft aus dem
       Jahr 1908 abgerissen wird. So sagt es auch der Eigentümer, ein
       Immobilienunternehmen: Der Abrissauftrag für das Industriedenkmal ist
       bereits vergeben. Gerettet werden könnte das Gebäude nur, wenn ein Käufer
       ganz schnell entschlossen zuschlägt.
       
       Hunderte Wilhelmshavener haben am vergangenen Sonntag mit einer
       Menschenkette gegen einen Abriss demonstriert. Auch der Förderverein zur
       Rettung der Südzentrale will das Industriedenkmal erhalten und hat für rund
       20.000 Euro ein Gutachten bei der Hamburger Beratungsfirma Profund-Consult
       beauftragt. In zwölf Expertenrunden mit Kulturinstitutionen wie dem
       Deutschen Marine Museum soll in den nächsten zwei Monaten festgestellt
       werden, ob es Interessenten gibt, die in die Südzentrale einziehen könnten,
       sagt Geschäftsführerin Sonja Redies.
       
       Sie sieht großes – und von der Stadt Wilhelmshaven derzeit unterschätztes –
       Entwicklungspotenzial für Tourismus und Kultur. Ende 2013 hat Redies auf
       einem Symposion in Wilhelmshaven bereits über Beispiele von erfolgreichen
       Nachnutzungen wie in den Havenwelten Bremerhaven oder auch in der alten
       Meyerwerft in Papenburg referiert.
       
       Die Südzentrale ist seit Mitte der 90er-Jahre dem Verfall ausgesetzt und
       Redies’ Gutachten wird keine Aussage zur Bausubstanz und dem finanziellen
       Aufwand möglicher Umnutzungen machen. Nur ein möglicher Nutzungsbedarf soll
       festgestellt werden. Immerhin hat das Gutachten einen Aufschub des Abrisses
       um zwei Monate bewirkt.
       
       Die finanzielle Seite aber ist Achillesferse aller Überlegungen, die seit
       Jahrzehnten zur Südzentrale angestellt werden. Und sie ist das Druckmittel
       des Besitzers. Denn ist der Aufwand zum baulichen Unterhalt nicht mehr
       wirtschaftlich angemessen, darf auch ein denkmalgeschütztes Objekt wie die
       Südzentrale abgerissen werden.
       
       Ungeachtet dessen wird der Standort ganz unverblümt im Netz angeboten: „Das
       ca. 16.229 Quadratmeter große Grundstück ist mit der ehemaligen
       kaiserlichen Südzentrale bebaut. (…) Die Investorengemeinschaft
       beabsichtigt den Abbruch der baulichen Anlagen.“ Weiter heißt es in der
       Anzeige von der Immobilien GmbH Ibbenbüren, dass die künftigen Neubauten
       von diversen Einzelhändlern genutzt werden können. Ein klassisches
       Einkaufszentrum sei bisher aber nicht angedacht. Sowohl der Kauf als auch
       die Anmietung der Neubauten seien möglich: „Bei grundsätzlichem Interesse
       werden Entwurfsunterlagen nach individuellem Kundenwunsch erstellt.“
       
       Ob ein Einzelhandelsschwerpunkt hier sinnvoll ist, darüber gehen die
       Meinungen auseinander. In Wilhemshaven sind Leerstände keine Mangelware.
       Zudem ist das Areal der Südzentrale im Bebauungsplan nach wie vor als
       Hafengebiet ausgewiesen, die Kaianlage ist mit genau dieser
       Nutzungsmöglichkeit längst an den Nachbarn verkauft.
       
       Die Situation vor Ort ist festgefahren. Da ist der Bürgersinn, der sich in
       einem Förderverein mit gut 350 Mitgliedern formuliert und bislang rund
       2.000 Besucher in seinen Film über die Südzentrale ins Kino lockte. Dann
       gibt es die notorisch klamme Stadt Wilhelmshaven, die sich derzeit zu einem
       Kahlschlag in ihren Kultureinrichtungen gezwungen sieht: Die Kunsthalle
       steht zur Disposition ebenso wie das teuer angemietete Küstenmuseum, ein
       Nachlass der Expo 2000. Als Silberstreif am Horizont soll der gebürtige
       Wilhelmshavener Rainer Fetting, ein Vertreter der Kunstrichtung der „Jungen
       Wilden“, zurückgeholt werden – aber er ziert sich.
       
       Der Eigentümer der Südzentrale will nun endlich mal Geld sehen. Die vielen
       Aktivitäten des Fördervereins haben eine tolle Publicity für seine
       Immobilie generiert, die den Preis in die Höhe treibt. Und das ist dann
       auch die offizielle Lesart der Stadt Wilhelmshaven: Oberbürgermeister
       Andreas Wagner (CDU) hatte vorige Woche klargestellt, dass er keine
       finanzielle Chance mehr zum eigenen Engagement in der Südzentrale sehe.
       
       6 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Maria Brosowsky
       
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