# taz.de -- Ein Jahr Franziskus: Bringt der Papst echten Wandel?
       
       > Manche nennen ihn den Kirchen-Obama. Nach einem Jahr ist die Begeisterung
       > für Papst Franziskus I. immer noch groß. Zu Recht?
       
 (IMG) Bild: Der Papst am Aschermittwoch in der Santa Sabina Basilika in Rom.
       
       Auf die Titelseiten der [1][Zeitschriften Rolling Stone] und Esquire hat er
       es schon geschafft, jetzt bekommt Franziskus I. auch noch sein eigenes
       Fan-Magazin. Seit Aschermittwoch erscheint wöchentlich die „Il mio Papa“.
       Darin finden sich die emotionalsten Geschichten über den Papst, die
       schönsten Fotos und Franziskus' beste Zitate. Als Zugabe gibt es ein
       doppelseitiges Poster, das den Pontifex "im wichtigsten Moment der Woche
       zeigt".
       
       Die italienischen Macher, aus einem Verlag des Berlusconi-Imperiums, sind
       vom Franziskus-Kult überzeugt: Für die ersten fünf Ausgaben sollen drei
       Millionen Exemplare gedruckt werden.
       
       Seit einem Jahr ist der neue Papst im Amt. Seitdem hat er die katholische
       Kirche aufgemischt. Jorge Mario Bergoglio lebt möglichst sichtbar
       bescheiden und begeistert damit die Menschen. Regelmäßig versammeln sich
       Zehntausende zu seinen Mittwochsaudienzen auf dem Petersplatz.
       
       Doch während die Gläubigen jubeln, fürchten viele kirchliche Würdenträger
       um ihre Privilegien. Schließlich will der Papst die katholische Kirche
       reformieren, in dem Rundschreiben „Evangelii Gaudium“ vom vergangenen
       November konkretisierte er seine Forderungen. Franziskus will eine Kirche,
       die bei den Menschen ist. Eine Kirche der Armen, der Schwachen und
       Bedürftigen. Eine Kirche, die ihre Lehren und Strukturen hinterfragt.
       
       Er gilt damit als einer, der etwas in der katholischen Kirche bewegen kann.
       Doch kommen seine Reformen wirklich bei der Basis an?
       
       ## Ein Priester kämpft gegen Aids
       
       In der Titelgeschichte der [2][taz.am wochenende vom 15./16. März 2014]
       haben sich sieben taz-Korrespondentinnen auf eine Spurensuche auf fünf
       Kontinenten begeben. Sie trafen Priester in Rom, vor den Toren des Vatikans
       oder in Thailand, fast 9 000 Kilometer vom Petersplatz entfernt.
       
       Chaisak Thaisonthi etwa kämpft in seiner Heimat gegen Aids und Armut. Der
       Priester leitet das Zentrum des katholischen Kamillianerordens in Rayong
       unweit der thailändischen Hauptstadt Bangkok. Dort leben pflegebedürftige
       Erwachsene und etwa 60 Kinder und Jugendliche, die meisten von ihnen sind
       HIV-infiziert.
       
       Hier in Thailand, wo der Vatikan in weiter Ferne liegt, versucht der
       katholische Pater neue Wege zu gehen. Kondome sind eine der effektivsten
       Methoden, um sich vor Aids zu schützen. Die Kirche hält diese Art der
       Verhütung aber für falsch.
       
       Chaisak Thaisonthi möchte diesem Verbot zwar nicht offen widersprechen,
       versucht es aber behutsam zu umgehen. „Abstinent zu leben und dem Partner
       treu zu sein, reicht eigentlich aus, um sich zu schützen“, sagt er. Er
       macht eine Pause. „Wer jedoch so nicht leben kann, für den sind Kondome
       eben das kleinere Übel.“
       
       „Zeigen wir unsere Nähe mit den betroffenen Menschen, besonders mit den
       Kindern“, sagte Papst Franziskus am Welt-Aids-Tag, dem 1. Dezember 2013, in
       seiner Rede auf dem Petersplatz. Und Chaisak Thaisonthi war tief berührt.
       Obwohl sein Vorgänger Benedikt XVI. ein Jahr zuvor etwas ganz Ähnliches
       gesagt hatte.
       
       ## Eine katholische Projektionsfläche
       
       Papst Franziskus ist eine Fläche für Projektionen. Er steht für den Wunsch
       nach Veränderung, nach einer neuen, modernen und demütigen Kirche. In
       seiner Bescheidenheit ist Jorge Mario Bergoglio die Antithese zu Protz und
       Prunk: Ford Focus statt Mercedes, schwarze Gesundheitsschuhe statt rotem
       Kalbsleder, Metallkreuz statt Gold.
       
       „Change“ – mit diesem Wort brachte auch Barack Obama vor sechs Jahren
       Menschenmassen zum Jubeln. Er trat an, um sein Land zu verändern, doch der
       US-Präsident konnte viele seiner Versprechen nicht halten. Nach der
       Obama-Euphorie kam die Obama-Ernüchterung.
       
       Papst Franziskus wird von manchen der „Kirchen-Obama“ genannt. Auch er
       schafft es, die Hoffnungen der Menschen auf sich zu vereinen und sie zu
       begeistern. Nach einem Jahr ist es noch zu früh, um Bilanz zu ziehen –
       Franziskus hat noch Zeit, um seine Versprechen einzulösen. Doch die
       Widerstände in der Kurie sind groß.
       
       Folgt auch auf die Franziskus-Euphorie die Franziskus-Ernüchterung? Oder
       kann der Papst die katholische Kirche wirklich verändern? 
       
       Diskutieren Sie mit!
       
       Die Titelgeschichte „Unseren Papst gibt uns heute“ lesen Sie in der
       [3][taz.am wochenende vom 15./16. März 2014].
       
       14 Mar 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.rollingstone.com/culture/news/pope-francis-the-times-they-are-a-changin-20140128
 (DIR) [2] /Ausgabe-vom-15/16-Maerz-2014/!134801/
 (DIR) [3] /Ausgabe-vom-15/16-Maerz-2014/!134801/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Hensel
       
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