# taz.de -- Nachruf auf Martin Schulze: Ein leiser Abschied
       
       > Ein Mann, dem eines der bekanntestens Fernsehgesichter gehörte, ist
       > gestorben. Martin Schulze war ein unbestechlicher und scharfsinniger
       > Journalist.
       
 (IMG) Bild: Mit 76 Jahren gestorben: Der frühere ARD-Chefredakteur Martin Schulze.
       
       Über Jahrzehnte hinweg hatte Martin Schulze, der am Samstag im Alter von 76
       Jahren gestorben ist, eines der bekanntesten Fernsehgesichter Deutschlands.
       Aber sein Abschied war leise. Schon lange vor seinem Tod war er aus dem
       Blickfeld der Öffentlichkeit entschwunden.
       
       Dafür gab es einen traurigen Grund. Fast zehn Jahre lang war er nach einem
       schweren Schlaganfall an den Rollstuhl gefesselt gewesen, geistig präsent
       wie eh und je, bis zuletzt am politischen Tagesgeschäft interessiert – aber
       eben schwer behindert. Worunter er am meisten litt: Auch sein Sprechen war
       in Mitleidenschaft gezogen worden. Für ihn, der wie kaum ein anderer die
       politische Auseinandersetzung geliebt hat, war es ein fast unerträglich
       schwerer Verlust, dass er sich nicht mehr spontan einmischen, nicht mehr
       mitstreiten konnte. Ja, er konnte sich äußern. Aber eben nur mühsam,
       unendlich mühsam.
       
       Die letzten Jahre waren für Martin Schulze also nicht die glücklichsten
       seines Lebens. Er hat wahrlich bessere Zeiten gekannt. Als
       ARD-Korrespondent in Brüssel, als Moderator der Sendung „Bericht aus Bonn“,
       die zum Pflichtprogramm der politischen Klasse gehörte. Von Erlebnissen auf
       Dienstreisen, die ihn auch nach Afrika und Mittelamerika geführt hatten,
       sprach er gerne. Chefredakteur der ARD ist er gewesen, nach seiner
       Pensionierung 1999 moderierte er mehrere Gesprächssendungen auf dem
       Nachrichtensender Phoenix.
       
       Zum geflügelten Wort wurde 1987 in der Branche die Frage des – stark
       angetrunkenen – bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß: „Wer
       ist Herr Schulze?“ Strauß hatte nach der Bundestagswahl keine Lust auf die
       von Martin Schulze moderierte „Elefantenrunde“ und kam zunächst einfach
       nicht zum Ort der Schaltkonferenz in München. Als er sich schliesslich doch
       zum Erscheinen bequemte, reagierte er auf eine Frage von Schulze mit der
       berühmt gewordenen Gegenfrage. Schallendes Gelächter der Umgebung, sogar
       der eigenen Entourage. Weil damals eben jeder Martin Schulze kannte.
       Selbstverständlich auch Strauß.
       
       ## Glanzvolle, vergangene Tage
       
       Glanzvolle, vergangene Tage. Warum also überhaupt über die letzten,
       schweren Jahre sprechen? Weil es manchmal einfach stimmt, dass die Stärke
       eines Menschen erst im Augenblick seiner Schwäche offenbar wird.
       
       Einige Monate nach dem Schlaganfall von Martin Schulze ging ich erstmals
       mit seiner Ehefrau Gabriele von Arnim, ohne deren im Wortsinne nimmermüde
       Pflege er vermutlich schon viel früher gestorben wäre, in ein Restaurant.
       Sie wurde schnell unruhig, rief ihn an: „Ich komme gleich nach Hause.“ Er
       bellte zurück, zornig und entschlossen: „Warum so früh?“ Jede Möglichkeit
       der Erholung, die sich seinen Liebsten bot, war ihm wichtiger als das
       eigene Wohlbefinden. Von wie vielen Leuten lässt sich das ehrlichen Herzens
       sagen?
       
       Martin Schulze war ein unbestechlicher, scharfsinniger Journalist. Er
       gehörte zu den prominentesten Vertretern der westdeutschen Bundesrepublik.
       Aber er war vor allem eines: ein ungewöhnlich anständiger, ungewöhnlich
       tapferer Mensch.
       
       24 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Gaus
       
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