# taz.de -- Protest gegen Kürzungspläne: Besetzung mit Hausaufgabenhilfe
       
       > Jugendliche besetzen ein Freizeitheim in Bremen, um gegen Kürzungen in
       > der Jugendarbeit zu demonstrieren.
       
 (IMG) Bild: "Wir fühlen uns nicht wahrgenommen": Die jugendlichen Besetzer treten im Freizeitheim vor die Öffentlichkeit
       
       BREMEN taz | Schlafsäcke, Limo und Pokémon-Rucksäcke: Mit der Besetzung
       ihres Freizeitheimes haben Jugendliche in Bremen auf Sparvorhaben der Stadt
       reagiert. Seit Dienstag übernachten mindestens fünf Jugendliche in dem
       Freizeitheim im Stadtteil Neustadt.
       
       Einer von ihnen ist Philipp Dirschauer, der auch Jugendbeiratssprecher des
       Stadtteils ist. „Die Stadt schmückt sich mit der Jugendbeteiligung, aber
       wir fühlen uns nicht wahrgenommen“, sagt er. Zum ersten April soll in
       seinem „Freizi“, wie er es nennt, einer der beiden Sozialarbeiter ersatzlos
       wegfallen. „Wir hängen sehr an ihm“, sagt einer der Besetzer. „Das hier ist
       für uns alle ein zweites Zuhause“, sagt eine andere.
       
       Seit 2007 werden in Bremen kontinuierlich Stellen in der Jugendarbeit
       gekürzt. Und seit Monaten tingeln die Jugendlichen durch die Gremien:
       Controllingausschuss, Beirat, Sozialdeputation, Bürgerschaft. Überall
       rennen sie gegen Mauern.
       
       Tatsächlich schieben die Verantwortlichen sich gegenseitig die Schuld in
       die Schuhe: Es sei das Sozialressort, das ihm das Geld streiche, sagt Bernd
       Assmann. Er ist der Zuständige beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), das das
       Freizeitheim betreibt. Nur wegen dieser Vorgaben aus dem Ressort müsse er
       nun das Sozialarbeiter-Team des Freizeitheims mit einer nahen Dependance
       zusammenlegen.
       
       Schuld sei das Anpassungskonzept von 1999, sagt hingegen Bernd Schneider,
       der Sprecher des Sozialressorts. Die Mittel für Jugendarbeit seien in den
       letzten zehn Jahren sogar von 6,3 auf 7,2 Millionen Euro aufgestockt
       worden. „Die Verteilung der Gelder auf die einzelnen Einrichtungen
       unterliegt den Ortsämtern und Beiräten“, sagt Schneider.
       
       „Keineswegs“ werde mehr Geld in Aussicht gestellt, sagt dagegen Ingo Mose,
       Beiratssprecher des Stadtteils Neustadt. „Die knappen Mittel müssen auch an
       Randbezirke verteilt werden.“ Sein Gremium entschied deshalb im Januar,
       zwei Freizeitheime zusammenzulegen.
       
       Die Jugendlichen reagierten nun mit der Besetzung. „Wenn wir nicht schon so
       viel gekämpft hätten, hätte das DRK unser Freizi schon längst
       dichtgemacht“, sagt Dirschauer. Vor so viel Elan schwelgt sogar der
       Linkspartei-Abgeordnete Peter Erlanson in Erinnerungen, als er bei den
       Besetzern vorbeischaut: „Ich selbst wurde in den Sechzigern bei der
       Besetzung eines Jugendzentrums in Frankfurt politisiert.“
       
       In der ersten Nacht haben etwa fünf Jugendliche mit Schlafsäcken in einem
       Aufenthaltsraum übernachtet. Auch unter der Woche sollen nachts mindestens
       fünf Leute da sein. Die Dienste sollen rotieren, damit niemand die Schule
       vernachlässige. Schließlich komme „man hier auch nachts nicht wirklich
       runter“, sagt Dirschauer.
       
       Die Gruppe ist organisiert, Hierarchien sollen vermieden werden, täglich
       wird gemeinsam entschieden. Selbst die Hausaufgabenbetreuung für Kinder aus
       der Nachbarschaft wollen sie samt Verpflegung aufrechterhalten. Ein Brief
       an die Eltern geht bald raus, die sollen dann entscheiden, ob sie ihre
       Kinder auch den Besetzern anvertrauen wollen.
       
       Die Jugendlichen wollen das Freizeitheim mit einem eigenständigen Verein
       übernehmen. „Wir sind zuversichtlich, dass die Gelder ab Juni an uns gehen,
       schließlich fallen immense Bürokratiekosten weg“, sagt Dirschauer. Wie viel
       der Betrieb in eigenständiger Trägerschaft kosten werde, sei noch unklar.
       Sie wollen durchhalten, bis ihre Forderungen erfüllt sind.
       
       Bis dato verhindern sie mit schweren Schlössern, dass VertreterInnen vom
       DRK oder der Stadt ins Haus eindringen. Die Besetzer könnten Erfolg haben –
       DRK-Mann Bernd Assmann jedenfalls will die Polizei nicht einschalten. Er
       sieht sich auf der Seite der Jugendlichen. Eine einseitige Liebe: Als
       Dirschauer zu Gesprächen mit Assmann vors Haus tritt, sagt er: „Da haben
       wir Sie einfach vor die Tür gesetzt.“ Assmann bietet ihm das „Du“ an.
       Dirschauer lehnt ab.
       
       27 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kornelius Friz
       
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