# taz.de -- Interview mit TU-Präsident Thomsen: „Wir wollen die Studentenzahl erhöhen“
       
       > Die Technische Universität hat einen neuen Präsidenten: Christian Thomsen
       > über seine erste Amtshandlung und warum ihm der Titel "Elite-Uni" nicht
       > so wichtig ist.
       
 (IMG) Bild: Hinter diese Fassade soll noch mehr akademisches Leben.
       
       taz: Herr Thomsen, am 1. April haben Sie das Amt des TU-Präsidenten
       angetreten, gestern haben Sie sich offiziell der Öffentlichkeit
       vorgestellt. Was dürfen wir als Ihre erste Amtshandlung erwarten? 
       
       Christian Thomsen: Dienstags findet seit Jahrzehnten um neun Uhr morgens
       die Präsidiumssitzung statt. Zur Sprache kamen dieses Mal auch Themen, die
       nicht neu sind – aber jetzt durch das neue Team wieder aufgegriffen werden.
       Zum Beispiel das Studium generale als Orientierungsstudium für alle neu
       immatrikulierten Studierenden.
       
       Was haben Sie in Ihrem ersten Semester vor? 
       
       Bis zum nächsten Wintersemester wollen wir in manchen Fächern die
       Zulassungsbeschränkung aufheben und dadurch die Studentenzahl um 20 Prozent
       erhöhen – zum Beispiel in der Chemie.
       
       Sie wollen mehr Studenten und sprachen auch bereits davon, mehr
       Forschungsprojekte etablieren zu wollen– aber ist das finanziell überhaupt
       realistisch? 
       
       Ja. Aus Sicht der Informatik und beispielsweise auch der Biotechnologie
       entwickelt sich die TU zu einem wichtigen Standort. Und die Unternehmen
       sind daran interessiert, unseren Nachwuchs zu bekommen und hier auch zu
       forschen. Bei den Forschungsprojekten wollen wir in Zukunft die
       Zusammenarbeit mit kleinen und großen Unternehmen verstärken.
       
       Sie waren mit der Finanzpolitik Ihres Vorgängers Jörg Steinbach
       unzufrieden. Sie warfen ihm Sparpläne auf Kosten der wissenschaftlichen
       Mitarbeiter vor. 
       
       Konkret für die Mitarbeiter in Drittmittelprojekten gibt es in einigen
       Bereichen sehr kurzfristige Beschäftigungszeiten – was aus
       Projektmanagement-Sicht verständlich, aber für die Lebensperspektive der
       promovierenden jungen Menschen nicht akzeptabel ist. Wir wollen mindestens
       drei Jahre Vertragslaufzeit durchsetzen, sofern es die Projekte erlauben.
       
       Die TU kann sich nicht mit dem Titel Elite-Uni schmücken: vor drei Jahren
       ist sie in der Vorrunde der Exzellenzinitiative ausgeschieden. Stört es
       Sie, in diesem Punkt hinter der Humboldt-Universität und der Freien
       Universität zu stehen? 
       
       Nein, gar nicht. Das ist ein Wettbewerb, und da gibt es Gewinner und
       Verlierer. Ich hätte mich gefreut, wenn die TU gewonnen hätte. Wenn man
       einen Vorteil für uns daraus ableiten möchte, dann haben wir jetzt nicht
       das Problem, die finanzielle Verstetigung der „Eliteuniversität“
       organisieren zu müssen. Die Förderungsmittel hören ja irgendwann auf und
       dann müssen Projekte entweder eingestellt oder in andere überführt werden.
       Für unseren Exzellenzcluster in der Chemie sind wir aber dabei,
       Zukunftskonzepte zu entwickeln.
       
       Der Erweiterte Akademische Senat hat im vergangenen Mai beschlossen, dass
       alle vier Statusgruppen, also Professoren, wissenschaftliche und technische
       Mitarbeiter sowie Studierende, zu gleichen Teilen im Erweiterten
       Akademischen Senat vertreten sein sollen. Ihr Vorgänger hat das verhindert.
       Und Sie? 
       
       Die Viertelparität wäre für mich kein Hindernis gewesen, mit dem
       Erweiterten Akademischen Senat zusammenzuarbeiten. Es war damals aber die
       Senatsverwaltung, die angewiesen hat, den Beschluss aufzuheben.
       Möglicherweise hätte ich mich dem also auch nicht entziehen können.
       
       Mitglieder des TU-AStAs sind der Meinung, dieser Schritt habe Steinbach den
       Kopf gekostet. 
       
       Man hätte den gesamten Prozess der Entscheidung anders führen müssen. Ich
       hätte mehr Wert auf gedanklichen Austausch gelegt. Für eine demokratische
       Uni ist dieser Diskussionsprozess nicht gut gelaufen.
       
       Ihnen wurde von einem Mitglied des Akademischen Senats nachgesagt, sich als
       Dekan nur „mittelmäßig“ für die Studierenden zu interessieren. Möchten Sie
       sich verteidigen? 
       
       Ich habe mich sehr für Studierende interessiert. An meiner
       Lehrveranstaltung „Physik für Ingenieure“ haben je nach Jahr 500 bis 1.000
       Studierende teilgenommen. Ich habe Lehrbücher dafür geschrieben und neue
       internetgesteuerte Experimente entwickelt. Ich habe also versucht, mich für
       andere Elemente des Lernens als die klassische Vorlesung einzusetzen und
       diese vielen zugänglich zu machen.
       
       3 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Bordel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Humboldt-Universität
 (DIR) Hochschule
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Humboldt-Uni bekommt neue Präsidentin: Die hohe Kunst der Unileitung
       
       Sabine Kunst wird Präsidentin der HU. Die brandenburgische Kultusministerin
       rückt auf den Posten vor, den ein Mediziner im November verschmäht hatte.
       
 (DIR) Chefwahl an der Freien Universität: „Die Stimmen sind schon vergeben“
       
       Die Freie Universität wählt heute ihren Präsidenten. Wobei von Wahl keine
       Rede sein kann, sagt Informatikprofessor Rojas.