# taz.de -- Kommunalwahl in der Türkei: Erdogan behält Ankara
       
       > Die Wahlkommission in der Hauptstadt lehnt die Einsprüche der Opposition
       > ab. Für die Präsidentschaftswahl gibt es noch keinen Kandidaten.
       
 (IMG) Bild: Protest vor der Wahlkommission in Ankara: Erdogan wird als Katze dargestellt, weil er gesagt hat, Katzen seien an den Stromausfällen in der Wahlnacht schuld
       
       ISTANBUL taz | Der Veteran der regierenden AKP, Melih Gökcek, bleibt
       Oberbürgermeister der türkischen Hauptstadt Ankara. Damit entging
       Regierungschef Recep Tayyip Erdogan einer großen Schlappe. Am Wochenende
       verkündete die zuständige Wahlkommission, man habe die Einwände der
       Opposition geprüft und für unwesentlich befunden.
       
       Eine neue Auszählung der Stimmen, eine Wiederholung der Wahl gar, sei
       völlig unnötig. Keine der Unregelmäßigkeiten könnten die vorher von der
       Wahlkommission bekannt gegebenen Ergebnisse substanziell in Frage stellen.
       Der unterlegene Kandidat der oppositionellen CHP, Mansur Yavas, hatte zuvor
       noch einmal darauf hingewiesen, dass die Wahlkommission mit dieser
       Entscheidung schlicht 40.000 Wählerstimmen unterschlagen habe. Die CHP
       hatte bei einem aufwendigen Nachzählen der Stimmen Abweichungen in 70.000
       Fällen festgestellt. Der offizielle Vorsprung von Gökcek beträgt 30.000
       Stimmen oder 0,9 Prozent.
       
       So konnte am Sonntag allen Protesten der CHP zum Trotz Melih Gökcek, der
       bereits seit 1994 die Hauptstadt verwaltet und zu den umstrittensten
       Politikern der Regierungspartei gehört, erneut vereidigt werden.
       
       Einen Erfolg konnte die CHP dagegen in der Stadt Yalova erringen, einer
       Kreisstadt am südlichen Rand des Marmarameeres gegenüber von Istanbul. Hier
       sollte der AKP-Kandidat mit nur einem Dutzend Stimmen Vorsprung gewonnen
       haben. Da die Differenz so knapp war, musste die Wahlkommission einer
       Neuauszählung zustimmen, die am Ende den Sieg der CHP ergab.
       
       ## In der Stadt Agri wird 15 mal nachgezählt
       
       Am kuriosesten verlief die Nachwahl dagegen in der ostanatolischen
       Kreisstadt Agri nahe der armenischen Grenze. Hier war es ebenfalls so
       knapp, dass es zur Neuauszählung kam, doch auch wiederholtes Zählen brachte
       kein eindeutiges Ergebnis. Immer, wenn der Kandidat der kurdischen BDP,
       Sarri Sakis, als Sieger übrig blieb, protestierte die AKP und es wurde noch
       einmal gezählt. Nachdem man das 15-mal mitgemacht hatte, wurde am Ende auf
       Wahlwiederholung entscheiden. Agri liegt nördlich der angestammten
       kurdischen Gebiete und die AKP will offenbar auf keinen Fall einen Wahlsieg
       der BDP in ihrem angestammten Kerngebiet akzeptieren.
       
       Mit der Entscheidung in Ankara ist die Kommunalwahl vom 30. März damit nun
       endgültig zugunsten der Regierung und Ministerpräsident Erdogan abgehakt.
       Die öffentliche Debatte hat sich daher in der vergangenen Woche schon mehr
       auf die im August bevorstehende Präsidentschaftswahl konzentriert.
       
       Noch immer gibt es offiziell keinen Kandidaten, die Frist für eine
       Nominierung läuft Anfang Juni ab. Bis dahin muss Erdogan sich entscheiden,
       ob er für die Wahl des Staatspräsidenten antreten will oder ob er lieber
       noch einmal im kommenden Jahr für das Amt des Ministerpräsidenten
       kandidiert. Dafür müsste er die Statuten der AKP umkrempeln, weil die
       Partei in einer Art Selbstbindung schon bei ihrer Gründung 2001 festgelegt
       hatte, dass keiner ihrer Politiker länger als drei Legislaturperioden im
       Amt bleiben darf.
       
       Um für die Präsidentschaft kandidieren zu können, muss Erdogan zuvor mit
       dem amtierenden Präsidenten Abdullah Gül, der ihm als Mitbegründer der AKP
       seit Langem eng verbunden ist, klären, ob dieser bereit ist, den Sessel zu
       räumen. Eine Kampfkandidatur zwischen Gül und Erdogan können sich beide
       nicht leisten und würde darüber hinaus wohl die AKP spalten.
       
       6 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan 
 (DIR) AKP
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan 
 (DIR) Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan 
 (DIR) Recep Tayyip Erdoğan
 (DIR) Kommunalwahlen Türkei
 (DIR) Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan 
 (DIR) Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan 
 (DIR) Kommunalwahl
 (DIR) Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan 
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Vor der Präsidentenwahl in der Türkei: Krönungsmesse für Erdogan
       
       Die AKP kürt Premier Erdogan zu ihrem Kandidaten für die Präsidentenwahl im
       August. Die Oppositionsparteien nominieren seine Herausforderer.
       
 (DIR) 1. Mai in der Türkei: Erbitterter Kampf um Taksim
       
       In der Türkei sperren tausende Polizisten die Istanbuler Innenstadt ab.
       Tränengas wabert durch die Stadt. Es kommt zu heftigen Zusammenstößen.
       
 (DIR) Neues Gesetz in der Türkei: Mehr Macht für die Geheimdienste
       
       Für die Opposition sind die „letzten Reste von Demokratie“ zerstört: Ein
       Gesetz von Ministerpräsident Erdogan weitet die Befugnisse des
       Geheimdienstes aus.
       
 (DIR) Türkische Justizreform gekippt: Erdogans schwindende Gewalt
       
       Ministerpräsident Erdogan wollte die Ernennung von Richtern und
       Staatsanwälten in Regierungshand legen. Das Verfassungsgericht hält davon
       nichts.
       
 (DIR) Politische Lage in der Türkei: „Wir brauchen Europa nicht mehr“
       
       Nach den Kommunalwahlen ist die Lage in der Türkei gespannt. Während
       Jounalisten vor Gericht stehen, fordert ein Berater Erdogans die Abkehr des
       Landes von der EU.
       
 (DIR) Soziale Medien in der Türkei: YouTube zieht vor Gericht
       
       Die Türkei hat den Kurznachrichtendienst Twitter wieder freigegeben, doch
       YouTube bleibt vorerst gesperrt. Nun ruft das Videoportal das türkische
       Verfassungsgericht an.
       
 (DIR) Kommentar AKP-Herrschaft in der Türkei: Ohne Nachtisch ins Bett
       
       Der Westen muss seine Beziehungen zur Türkei neu ordnen. Doch zu ächten ist
       der AKP-Staat, nicht die türkische Gesellschaft.
       
 (DIR) Nach Kommunalwahl in der Türkei: Opposition fordert neue Auszählung
       
       Nach Vorwürfen der Wahlfälschung in der Türkei könnte die AKP doch noch
       Ankara verlieren. Die Opposition spricht von Unregelmäßigkeiten bei 150
       Urnen.
       
 (DIR) Kommunalwahl in der Türkei: Unentschiedene Großstädte
       
       Landesweit hat die Regierungspartei AKP ihr Ziel von 40 Prozent der Stimmen
       wohl erreicht. In den großen Städten, Ankara und Istanbul, wird es eng.