# taz.de -- Augenwischerei in der Landwirtschaft: Die Kuh muss raus
       
       > Viele Milchpackungen werben mit glücklichen Kühen auf saftigen Weiden. Um
       > der Verbrauchertäuschung ein Ende zu machen und die Wiesen zu retten,
       > will Niedersachsens Agrarminister Meyer (Grüne) ein Weidemilchsiegel
       > einführen.
       
 (IMG) Bild: Bei der Arbeit: schwarzbuntes Milchvieh.
       
       HAMBURG taz |Bisher sieht man sie vor allem im Supermarkt: Die glückliche
       Kuh auf der saftig-grünen Weide, wie sie frontal von der Milchtüte lächelt.
       Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) will nun dafür sorgen,
       dass das wieder Wirklichkeit wird. Zusammen mit dem Grünlandzentrum
       Niedersachsen-Bremen und der Universität Göttingen soll ein
       Weidemilchsiegel entwickelt werden. Dieses Siegel soll dem Verbraucher
       garantieren, dass die Milch von Kühen stammt, die auf der Weide stehen.
       
       In ganz Europa geht die Zahl der Weidekühe zurück. Ein Drittel der
       deutschen Milchkühe steht dauernd im Stall, höchstens 50 Prozent dürfen
       regelmäßig auf die Weide. Dabei werben viele Hersteller mit dem Begriff
       „Weidemilch“, ohne dass sie garantieren, dass die Kuh wirklich auf einer
       Weide stand und nicht Tag und Nacht im Stall verbringt.
       
       „Wir wollen der Weidemilch eine Chance geben“, sagte Minister Meyer.
       300.000 Euro will die Landesregierung in den kommenden drei Jahren für die
       Entwicklung des Siegels ausgeben. Flankiert werden soll es durch eine
       Kampagne für mehr Grünland. 100 Millionen Euro an Ausgleichszahlungen für
       die Landwirte stellt die EU dafür in der aktuellen siebenjährigen
       Förderperiode zur Verfügung.
       
       Dabei können die Bauern durchaus mit einem gewissen Bewusstsein bei den
       VerbraucherInnen rechnen. In einer Studie der Universität Göttingen im
       Auftrag der Verbraucherzentrale Bundesverband fühlten sich zwei Drittel der
       Befragten von dem Begriff „Weidemilch“ getäuscht, als sie erfuhren, dass
       nicht geregelt ist, wie lange Kühe dafür auf der Wiese stehen müssen.
       
       Vertreter der Landwirtschaft und des Tierschutzes begrüßen ein
       einheitliches Siegel für Weidemilch. Das Siegel selbst könne er zwar noch
       nicht kommentieren, da die Kriterien noch nicht fest stünden, sagt Leif
       Koch, der politische Referent von Kuh+Du, einer Kampagne der
       Welttierschutzgesellschaft. Grundsätzlich sehe er Bezeichnungen wie Weide
       oder Heumilch sehr kritisch, „weil es keine eindeutig definierten Kriterien
       gibt, dass es den Kühen dann auch wirklich besser geht“.
       
       Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter hält ein
       Weidemilchsiegel ebenfalls für sinnvoll. „Man kann sich so abheben und so
       beste Vermarktungsmöglichkeiten finden“, findet er. Aber Foldenauer sieht
       auch Kritikpunkte: Das Siegel dürfe nicht davon ablenken, dass es auch
       Bauern gebe, für die Weidehaltung nicht mehr infrage komme. „Die können wir
       nicht im Regen stehen lassen“, sagt er.
       
       Gerade Bauern, die in Dörfern wohnen, also den Hof nicht abseits der
       Gemeinde haben, müssten ihre Tiere oft über die Straße treiben. Die
       Dorfbewohner klagen dann über Kuhfladen und Lehmklumpen auf der Straße und
       Gefahren für den Verkehr.
       
       Ökonomisch schenkten sich die beiden Haltungsarten nichts: „Ich habe immer
       wieder Wirtschaftsrechnungen gesehen, wo es keinen Unterschied macht, ob
       die Kühe auf der Weide oder im Stall gehalten werden“, sagt
       Milchvieh-Verbandssprecher Foldenauer.
       
       9 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frida Kammerer
       
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