# taz.de -- Frühjahrsmüdigkeit in Mönchengladbach: Die halbe Wahrheit übers Mittelmaß
       
       > Borussia Mönchengladbach schleppt sich freudlos dem Saisonende entgegen.
       > Beim 1:1 gegen den VfB Stuttgart wurden erneut wichtige Punkte verspielt.
       
 (IMG) Bild: Gladbach und Stuttgart: Sitzen ist auch nicht schlecht
       
       MÖNCHENGLADBACH taz | Der emotionale Ausbruch des Lucien Favre in der 89.
       Minute gehörte zu den sehenswerteren Momenten, die die seltsam müde
       wirkenden Männer von Borussia Mönchengladbach an diesem Nachmittag zu
       bieten hatten. Eher unbeholfen hüpfte der Trainer an der Seitenlinie auf
       und ab, stilistisch erinnerte der Jubel an die siebziger Jahre, als man die
       durchchoreografierten Gefühlsausbrüche der Moderne noch nicht kannte.
       
       Favre freute sich über ein spätes Tor von Juan Arango zum 1:1 gegen den VfB
       Stuttgart, und später, als er sich wieder beruhigt hatte, sollte er sagen:
       „Das war das Maximum, was wir aus diesem Spiel rausholen konnten.“
       
       Diese Worte klangen nach einem zufriedenstellenden Nachmittag für die
       Borussia, doch sie erzählten nur die halbe Wahrheit über ein mittelmäßiges
       Fußballspiel. Wenige Augenblicke nach dem Jubel brach der ganze Groll
       hervor, der in Favre brodelte.
       
       Die Borussia hatte nicht gut gespielt, der vierte Tabellenplatz ist erstmal
       weg, und der ehrgeizige Trainer aus der Schweiz will mit seinen 56 Jahren
       endlich erstmals in die Champions League. Da war dieses 1:1 ein
       schmerzhafter Rückschlag, kein Wunder, dass Favre innerlich kochte.
       
       ## Dösiger Auftritt der Mannschaft
       
       Allerdings richtete er seine Wut nicht gegen die eigene Mannschaft, sondern
       gegen Teile des Publikums, die er zu kritisch fand. Jene, vorwiegend auf
       der Haupttribüne sitzenden Leute, „die pfeifen, sind dumm geboren und
       werden nicht intelligent sterben, das ist klar“, sagte der als besonnen
       bekannte Trainer wenige Augenblicke nach dem Abpfiff im Affekt in ein
       Hörfunkmikrofon des WDR.
       
       Das war eine ebenso böse wie überraschende Reaktion, denn die Zuschauer
       hatten sich dem dösigen Auftritt der eigenen Mannschaft eher angepasst. Es
       wurde gemurmelt und geraunt, große Emotionen setzte erst Arangos Treffer
       frei.
       
       Ein Glückstor übrigens, dessen Ursprung nur zum Teil darin lag, dass die
       Gladbacher in der zweiten Hälfte nicht mehr ganz so frühjahrsmüde nach
       vorne gespielt hatten. Die treibende Kraft hinter diesem Treffer war
       vermutlich eher der masochistische Tick, den die Stuttgarter in dieser
       Saison entwickelt haben: Immer wieder bestrafen sie sich kurz vor Schluss
       selbst, und das war an diesem Nachmittag mit „drei Tausendprozentigen“ für
       den VfB (Sportdirektor Fredi Bobic), die zuvor vergeben worden waren,
       besonders bitter.
       
       Beeindruckende 30 Punkte haben die Stuttgarter schon nach einer eigenen
       Führung verspielt, und VfB-Torschütze Daniel Didavi (12.) erzählte nach dem
       Spiel, dass die Angst vor diesem Mechanismus „tief in den Spielern drin“
       stecke. Je näher der Abpfiff rücke, desto größer werde die Furcht vor einem
       punkteraubenden Gegentor, „das kann man nicht wegdiskutieren“, sagte er.
       Und an diesem Nachmittag hatte auch noch Ibrahima Traoré (der im Sommer
       wohl nach Mönchengladbach wechseln wird) kurz vor dem Schock einen Freistoß
       an die Latte gedroschen.
       
       Eine Stuttgarter 2:0-Führung wäre verdient gewesen. „Wir hatten eine ganze
       Menge Glück“, sagte Tony Jantschke, der Kapitän einer Gladbacher
       Mannschaft, die nie so etwas wie Esprit entwickelte. Aber die Führungsetage
       des Klubs war zu der Einsicht gelangt, dass den Profis in dieser Situation
       eher freundliche Worte helfen als Kritik. „Ich bin milde gestimmt“, sagte
       jedenfalls Sportdirektor Max Eberl, und Max Kruse ergänzte: „Wer weiß, wie
       wichtig dieser Punkt am Ende noch sein kann.“ Man kann das so sehen, aber
       Gladbach hat eine wunderbare Chance vergeudet, gegen einen erkennbar
       angeschlagenen Abstiegskandidaten eigene Champions-League-Ambitionen zu
       untermauern.
       
       13 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Theweleit
       
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