# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Algerien: Ein kranker Mann wird gewinnen
       
       > Abdelaziz Bouteflika bewirbt sich für eine vierte Amtszeit. Er hat den
       > Staatsapparat und die Armee hinter sich. Die Opposition ruft zum Boykott
       > auf.
       
 (IMG) Bild: Staatspräsident Bouteflika gibt es im Wahlkampf nur auf Plakaten zu sehen.
       
       MADRID taz | Es ist ein skurriler Wahlkampf, den der alte – und wohl auch
       neue – Präsident Algeriens führt. Der 77-jährige Abdelaziz Bouteflika, der
       seit 1999 an der Spitze des nordafrikanischen Landes steht, hatte vor knapp
       einem Jahr einen Schlaganfall. 80 Tage lag er in Paris im Krankenhaus.
       Seither sitzt er im Rollstuhl, stark eingeschränkt in seinen Bewegungen und
       unfähig, Reden zu halten.
       
       Deshalb zieht Bouteflika nicht durchs Land, um für seine vierte Amtszeit zu
       werben. Er hat ein Team aus ehemaligen Premierministern und
       Generalsekretären der einstigen Einheitspartei, der Nationalen
       Befreiungsfront (FLN), und deren Abspaltung Nationale Demokratische
       Versammlung (RND), die das für ihn tun. Sie halten patriotische Reden und
       zeigen dabei auf das überdimensionale Foto ihres Chefs an der Wand hinter
       sich.
       
       Doch kaum jemand zweifelt daran, dass Bouteflika am 17. April die Wahlen
       gewinnt. Er hat fast den gesamten Staatsapparat und die Armee hinter sich.
       Das hat in Algerien bisher immer gereicht. „Die Schwierigkeiten, die mit
       meiner derzeitigen physischen Gesundheit zu tun haben, scheinen mich in
       euren Augen nicht zu disqualifizieren“, bedankte sich Bouteflika zu Beginn
       des Wahlkampfs in einem Schreiben an das algerische Volk.
       
       Einziger ernst zu nehmender Herausforderer ist Ali Benflis. Der ehemalige
       Wahlkampfleiter Bouteflikas (1999), Premier (2000–2003) und Generalsekretär
       der FLN (2001–2004) versuchte bereits 2004, seinen einstigen Chef zu
       schlagen. Er erzielte 6,4 Prozent der Stimmen und sprach von Wahlbetrug.
       
       „Man hat erneut alles für den massiven Betrug vorbereitet, doch die
       algerische Gesellschaft hat sich weiterentwickelt, und ich bin darauf
       vorbereitet, Widerstand zu leisten“, erklärt der 69-jährige Benflis.
       Während Bouteflikas Team immer wieder auf dessen großen Verdienst, die
       Aussöhnung nach einem Bürgerkrieg zwischen Islamisten und Armee mit bis zu
       200.000 Toten, verweist, gibt sich Benflis als Kandidat des Wandels. Nur so
       recht abkaufen will ihm das keiner. Zu lange gehörte Benflis selbst dem
       Apparat an, um jetzt als „unabhängig“ durchzugehen.
       
       Sowohl die Islamisten als auch die wichtigsten Parteien der säkularen
       Opposition boykottieren die Wahl. Es sei längst alles ausgemacht, sind sie
       sich einig.
       
       ## Warum erneut Bouteflika?
       
       Trotz des Unbehagens über den kranken Bouteflika als Präsidenten regen sich
       nur zaghaft Proteste. In Algier treffen sich kleine Gruppen vor der
       Universität und rufen „Es reicht jetzt!“, bevor sie von der Polizei
       vertrieben werden. Trotz der angespannten sozialen Lage, an der der
       Ölreichtum nur wenig geändert hat, herrscht in Algerien Angst. Jeder Wandel
       war bisher mit Gewalt verbunden. Das prägt.
       
       Nur in Bejaia, einer der beiden großen Städte in der Kabylei, wo die
       Minderheit der Berber lebt, musste Bouteflikas Wahlkampfleiter Abdelmalek
       Sellal Anfang April eine seiner Kundgebungen „aus Sicherheitsgründen“
       absagen. Demonstranten hatten den Saal in Brand gesteckt.
       
       Warum erneut Bouteflika, fragen sich viele. Auf der Suche nach einer
       Antwort fallen Kürzel wie ANP, DRS oder FLN. Nur das letztere bezeichnet
       eine Partei. Die anderen stehen für die Nationale Volksarmee und den
       Inlandsgeheimdienst. Deren Generäle sind seit der Unabhängigkeit von
       Frankreich 1962 die grauen Eminenzen im Hintergrund.
       
       Bouteflika hat es in 15 Jahren geschafft, die Armeespitze mit Männern
       seines Vertrauens zu besetzen. Doch Geheimdienstchef General Mohamed
       Médiene sprach sich wiederholt gegen eine vierte Amtszeit Bouteflikas aus.
       Seit Jahren kämpft er gegen den Clan des Präsidenten. Korruptionsaffären
       mehrerer Minister sollen – da ist sich die Presse einig – auf Information
       aus Médienes DRS zurückgehen.
       
       Bei aller Machtfülle hat Bouteflikas Clan wohl eines vergessen: die Suche
       nach einem Nachfolger, auf den sich FLN, RND und Armee einigen können.
       Deshalb muss der kranke Präsident wohl weitermachen. Alles deutet darauf
       hin, dass nach der Wahl die Verfassung überarbeitet werden soll. Das Amt
       des Premierministers soll gestärkt werden und Bouteflika einen
       Vizepräsidenten an seine Seite bekommen. Die Machtübergabe kann dann
       innerhalb des Apparats ausgehandelt werden.
       
       Red.: Bild wurde ausgetauscht am 17.04.2014.
       
       16 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Wandler
       
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