# taz.de -- Alternative Geschäftsideen Teil 1: Genossenschaft als Rettung
       
       > Wie man mit neuen, kreativen Geschäftsideen der Krise trotzt und mitunter
       > dabei absahnt. Erster Teil unserer Serie: Genossenschaft in Italien.
       
 (IMG) Bild: Kreativ sein hilft: „Krisenpreise“ in Rom, 2011.
       
       ROM taz | „Ceramica Magica“ hieß die Fabrik früher einmal, „Magische
       Keramik“; 160 Beschäftigte fertigten im norditalienischen Scandiano,
       Provinz Reggio Emilia, Bodenfliesen. Das Geschäft brummte, 50 Millionen
       Euro Umsatz jährlich wurden erreicht. Doch 2008 war es mit der Magie
       plötzlich vorbei.
       
       „Wir wurden von der Subprime-Krise in den USA kalt erwischt“, erinnert sich
       Antonio Caselli, damals Technischer Direktor. Das Gros der Produktion ging
       in den Export nach Amerika – und binnen eines Jahres brach der Umsatz der
       Firma auf 30 Millionen Euro ein.
       
       Unabwendbar schien damit die Pleite. Seit Mai 2008 stand Ceramica Magica
       unter der Verwaltung des Konkursgerichts. Der kommerzielle Zweig – Lager
       und Vertriebsstruktur – wurde an einen Konkurrenten verkauft, die Fabrik
       durfte als Lieferant für diesen Konkurrenten noch bis Februar 2010
       weiterproduzieren, dann aber war endgültig Schluss. Die 60 dort
       Beschäftigten wurden auf Null-Kurzarbeit gesetzt, die Vorstufe zur
       Arbeitslosigkeit. „Hier gibt es zwar jede Menge Fliesenfabriken,
       schließlich ist das hier der größte Fliesendistrikt Europas“, erzählt
       Caselli. „Aber uns war klar: in der Krise haben wir kaum Chancen, wieder
       Arbeit zu finden.“
       
       Und so kam ganz schnell die verwegene Idee auf: „Wir selbst übernehmen den
       Laden.“ „Wir“ – das waren zunächst zehn, die die Genossenschaftsidee
       ausheckten, die dann Kontakt zum großen Genossenschaftsverband Legacoop
       aufnahmen. Legacoop signalisierte die Bereitschaft, auch mit Kapital zu
       helfen – wenn die Neu-Genossen bereit waren, selbst kräftig reinzugehen.
       „Jeder von uns musste 17.000 Euro reinschießen. Das Geld bekamen wir als
       Einmalauszahlung vom Staat – gegen die Zusage unsererseits, auf die uns
       eigentlich zustehenden zwei Jahre Arbeitslosengeld von 850 Euro monatlich
       zu verzichten“, bilanziert Caselli.
       
       30 der 60 vor der Entlassung Stehenden waren bereit, das Wagnis einzugehen.
       Den anderen hingegen, „vor allem den über 45-Jährigen, erschien das Risiko
       zu hoch.
       
       ## Nach 15 Monaten Stillstand ging es wieder los
       
       Dann stellte Legacoop noch drei Bedingungen. Erstens mussten die Genossen
       es wirklich allein versuchen, ohne die alten Eigentümer. Zweitens durfte
       das Lohngefälle im Betrieb zwischen dem untersten Level und den Direktoren
       nicht höher als eins zu drei sein. Drittens musste die Arbeitszeit auf 40
       Wochenstunden verlängert werden. Im Gegenzug schoss Legacoop über zwei
       Finanzierungsgesellschaften 800.000 Euro Kapital hinein, rückzahlbar nach
       sieben Jahren.
       
       So ging es im Juni 2011, nach 15 Monaten Stillstand, wieder los. Erst wurde
       nur ein Keramikofen angeblasen, 31 Genossen und 6 Beschäftigte machten den
       Job, bei längeren Arbeitszeiten und weniger Lohn als vorher. Es gibt bloß
       noch den Lohn des nationalen Tarifvertrags, etwa 1.400 bis 1.500 Euro netto
       monatlich für die Arbeiter in der Produktion. Weg sind die betrieblichen
       Zuschläge – wenigstens so lange, bis die neue Genossenschaftsfirma Greslab
       in der Gewinnzone ist.
       
       Im ersten Jahr lag der Umsatz bei 4,5 Millionen Euro, 2012 bei knapp 9
       Millionen, 2013 dann bei 15 Millionen Euro. Mittlerweile sind zwei Öfen in
       Betrieb, die Zahl der Genossen ist auf 36, die der weiteren Beschäftigten
       auf 25 gewachsen. „2013 haben wir erstmal einen kleine Gewinn verzeichnet“,
       freut sich Caselli, heute Präsident der Genossenschaft.
       
       Natürlich könne auch eine Genossenschaftsfabrik nicht „rundum demokratisch“
       laufen, in der Produktion müssten klare Entscheidungswege existieren, meint
       er. Dennoch habe sich das Klima radikal geändert. „Wir treffen uns einmal
       monatlich zur Genossenschaftsversammlung, da legt der Verwaltungsrat
       Rechenschaft ab. Alles ist kritisierbar, alles kann diskutiert werden. Hier
       gibt es nicht mehr bloß einen, der entscheidet“.
       
       18 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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