# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Das sind keine Protestwähler“
       
       > Müssen wir Angst um Frankreich haben? Bernard-Henri Lévy warnt vor
       > intelligenten Front-National-Wählern, Pascal Hugues hält sie für eine
       > Minderheit.
       
 (IMG) Bild: Patriotischer Überschwang bei einer Front-National-Demonstration vor dem Place de l'Opera in Paris.
       
       „Wenn Paris hustet, erkältet sich Europa“, sagte Fürst von Metternich vor
       rund 200 Jahren. Und beschreibt damit die verschnupfte Stimmung des
       Kontinents nach den Europawahlen im Mai 2014. Der Front National konnte mit
       rechtsextremen Parolen über ein Viertel des französischen Wahlvolkes
       überzeugen. Muss man Angst um Frankreich haben?
       
       „Angst ist ein großes, sehr deutsches Wort. Viel zu groß für den
       kleinkarierten Front National“, schreibt die französische Schriftstellerin
       Pascale Hugues in der taz.am wochenende vom 31 Mai./1. Juni. Nur eine
       Minderheit der Französinnen und Franzosen habe den Front National gewählt.
       „Ich bin empört. Ich bin enttäuscht. Und ich schäme mich. Doch ich habe
       keine Angst.“ Die Europawahlen, die genau zur Halbzeit der präsidialen
       Amtsperiode stattfinden, seien für die Menschen stets eine Gelegenheit,
       ihren Frust ohne Risiken explodieren zu lassen, schreibt Hugues.
       
       Diese Interpretation hält Bernard-Henri Lévy für falsch: „Die Wähler des
       Front National sind nicht einfach Protestwähler. Keine Verzweifelten, die
       eine ,Abmahnung' oder ein ,Signal' an die Regierungsparteien senden“,
       glaubt der Publizist und Philosoph. Sie seien vielmehr belesene Männer und
       Frauen, oft sehr informiert und politisiert - und „bereit, sich von den
       lockenden Stimmen ausländerfeindlicher Sirenen verführen zu lassen.“
       
       Marina Schnoerringer, taz-Leserin aus dem Elsass, gibt Lévy recht: „Die
       Wähler des Front National - und wer weiß, vielleicht auch ein Großteil der
       Franzosen - sind es leid, dass die Steuern immer weiter erhöht werden,
       während der Staat andererseits seine Immigrationspolitik nicht verschärft.“
       Kein Grund zur Angst, findet Yannick Zimmermann, der den Streit per E-Mail
       kommentiert hat. Denn: „Angst hat noch nie geholfen, die Dinge ins Positive
       zu drehen. Der Front National fischt nach Angst.“ Der 24-jährige
       Deutsch-Franzose glaubt, das Wahlergebnis ist eine Chance: „Keiner kann
       mehr ernsthaft behaupten, dass die Fünfte Republik ein wunderbares System
       ist und in Zukunft funktioniert. Deshalb: Kopf hoch und neue Lösungen
       finden!“
       
       Die Streitfrage debattierten außerdem Alfred Grosser, emeritierter
       Professor des Institut d’études politiques in Paris; Mal Élevé von der
       deutsch-französischen Band Irie Révoltés; der britische Labour-Abgeordnete
       Jeremy Corbyn; Andreas Schockenhoff (CDU), Leiter der Deutsch-Französischen
       Parlamentariergruppe im Bundestag und Hans Stark, Professor für
       Deutschlandstudien an der Sorbonne – in der taz. am wochenende vom 31.
       Mai/1. Juni 2014.
       
       31 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ruth Asan
       
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