# taz.de -- Fast barrierefreier Bahnhof in Barnten: Zurückbleiben, bitte...
       
       > Die Bahn will das einzige barrierefrei zu erreichende Gleis am Bahnhof
       > Barnten nicht für den Personenverkehr nutzen. Das finden die Barntener
       > nicht witzig.
       
 (IMG) Bild: Fast schon barrierefrei: Wer Barntens Bahnhof verlassen will, muss die Treppe nehmen.
       
       BARNTEN taz | „Betreten dieses Bereiches erst nach Einfahrt des Zuges“, so
       steht es im Bahnhof Barnten, einem kleinen beschaulichen Örtchen nahe
       Hildesheim, an der Bahnsteigkante von Gleis 1. Der Hinweis ist sicher
       wertvoll, allein: Auf Gleis 1 hält kein Zug. Im Barntener Bahnhof fahren
       die Züge nur von Gleis 3.
       
       Um zu Gleis 3 zu kommen, müssen die Fahrgäste eine Gleisquerung mit 36
       Stufen hinter sich bringen. Diese hat sich die Bahn etwas kosten lassen:
       Der Bahnhof Barnten wurde vor acht Jahren für rund zwei Millionen Euro
       grundsaniert.
       
       Die Querung ist eine nette Idee, auch zur Förderung der körperlichen
       Fitness. Allerdings sehen die Bewohner von Barnten in der Überquerung ein
       Problem. Mütter haben sich beschwert, sie würden den Kinderwagen dort
       einfach nicht hoch und runterbekommen. Auch so mancher Rentner mit Rollator
       kann sich mit der sportlichen Lösung der Bahn nicht anfreunden. „Ich sehe
       einfach nicht ein, dass hier Personenkreise vom öffentlichen Nahverkehr
       ausgeschlossen werden“, sagt der Ortsbürgermeister Manfred Hänsch
       aufgebracht.
       
       Zu wenig Ein- und Aussteigern 
       
       “Ein Aufzug würde uns helfen“, meint die langjährige Barntenerin Sibylle
       Kraschutzki. Im Jargon der Bahn wäre die Installation eines Aufzugs ein
       „komplett barrierefreier Ausbau“. Die Bahn würde einen solchen auch
       durchführen, sagt Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis, allerdings erst ab
       1.000 Ein- und Aussteigern pro Tag. Die schafft das Gleis 3 des Bahnhofs
       Barnten nicht: Dort steigen täglich 365 Menschen ein und aus.
       
       Aber ist diese Zahl tatsächlich aussagekräftig? „Es müsste für eine
       ordentliche Zählung doch erst einmal die Möglichkeit bestehen, dass alle
       Menschen zu Ein und Aussteigern werden können“, sagt Bürgermeister Hänsch.
       „Mit der Treppe ist das aber nicht möglich.“
       
       Nun gäbe es natürlich die Möglichkeit, dass die S-Bahn einfach in Zukunft
       auf Gleis 1 halten würde, schließlich ist Gleis 1 barrierefrei zu
       erreichen. Das aber ist laut Bahn aus „betriebsbedingten Gründen“ nicht
       möglich: Es würde dadurch ein Güterzug pro Stunde und Richtung weniger
       fahren können. „Uns würde es ja schon reichen, wenn die S-Bahn nur alle
       zwei bis drei Stunden dort halten würde“, sagt Bürgermeister Hähnsch. Auch
       das sei laut der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen nicht möglich.
       Nähere Angaben zu Mehrkosten oder ähnlichem wollte die Bahn nicht machen.
       
       Wunderbare Kompromisslösungen 
       
       Der Bundestagsabgeordnete Bernd Westphal möchte nun in einem direkten
       Gespräch mit den Verantwortlichen bei der Bahn eine Lösung finden. „In der
       Zeit zwischen Sommer und Herbst können wir mit einem ersten Ergebnis
       rechnen“, sagt Westphal.
       
       Bis dahin hat die Bahn wunderbare Kompromisslösungen parat. So wird sie
       nicht müde, auf den nächsten Bahnhof im 13 Kilometer entfernten Hildesheim
       hinzuweisen. Ferner könne man ja noch den Mobilitätsservice der Bahn
       anrufen. Der würde dann dafür sorgen, dass die S-Bahn außerplanmäßig auf
       Gleis 1 hält.
       
       Für kurzfristige Fahrten in die Stadt empfiehlt sich für manche Barntener
       also nur die Anschaffung eines Autos. Die Bahn macht eben nicht jeden
       mobil.
       
       3 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Lucks
       
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