# taz.de -- Die Wahrheit: Wo der Holzbock dreimal klingelt
       
       > Die Waldpflege ist ein schwieriges Geschäft, besonders wenn Experten zu
       > unlauteren Mitteln greifen und den Jungforstwirt mit Schauermärchen
       > traktieren.
       
 (IMG) Bild: Am Bahnhof sah ich sie missionieren.
       
       Ein Freund hat Wald geerbt. Prompt rief ihn ein Sachverständiger an und
       warnte: „So ein Wald kann zur Kostenfalle werden, Windbruch,
       Schädlingsbefall, Quarantäne, Tollwut, Landkreisauflagen, Naturschutz, Rote
       Liste – ein Haifischbecken!“ „Was?“, rief mein Kumpel.
       
       „Ich bin morgen in der Gegend, da kann ich Ihnen ein paar Tipps geben!“ Der
       Kumpel bat mich, dabei zu sein; vier Ohren hören mehr, als zwei Augen
       übersehen. Wir trafen uns vor Ort. „Herrlich, so ein Wald“, begann der
       Sachverständige. Wir hatten gerade einen bereits ausgelichteten Kiefernwald
       betreten, in dem einige dreijährige Buchen in der Mitte und zehn Jahre alte
       Eichen am Rand standen. „Ja, das ist hier ein gesundes Stück Wald“, sagte
       mein Kumpel. „Auf den ersten Blick schon.“
       
       Der Sachverständige lächelte und fuhr fort: „Aber sicher haben Sie schon
       die Begriffe Schwammspinner, Borkenkäfer, Wühlmaus und
       Eichenprozessionsspinner gehört. Die machen Ihnen binnen eines Sommers aus
       Nutzholz Bruchholz, wenn nicht gar Sondermüll! Ich hab da schon Sachen
       gesehen, sage ich Ihnen, traurig.“ Mein Kumpel wagte einen Einwurf, der
       Waldexperte unterbrach. „Ich vertrete eine Firma, die geeignete Mittel
       dafür herstellt: gütesiegelgeprüft, umweltverträglich, Ergebnis jahrelanger
       Forschungen und neuester finnischer Standards. 50 Liter KS158, das ist die
       Weiterentwicklung von KS154, stark verbessert, noch in der Beta-Version.
       Ein Zettel aus Brüssel fehlt, deshalb nicht so teuer, aber unter uns, es
       ist top ausgereift!“ Er sah uns an, dass wir Näheres weder wissen noch
       hören wollen, und ich hörte ein deutliches Klicken, als er im Hinterkopf
       die Schablonen tauscht.
       
       Ein ruhiger, milder Sommertag umgab uns mit raschelndem Wind in den
       Wipfeln. Ein Kuckuck untermalte Spechtklopfen. „Werden Sie die Waldpflege
       selbst besorgen?“, fragte der Experte. „Ja“, sagte mein Kumpel, „ich habe
       letzte Woche den Sägeschein gemacht.“ „Sehr gut. Etwas Gesünderes gibt es
       kaum, als – dosiert, sage ich mal – an frischer Luft zu arbeiten!“ Er
       schaute wie ein Wiesel und fuhr fort: „Aber immer gut anziehen. Zecken, die
       guten alten Holzböcke sind nicht so harmlos. Borreliose, Meningitis,
       Gelenkfieber aller Art. Daran sterben mehr Menschen als im Straßenverkehr!
       Da sollte man nicht mit dem Feuer spielen. Haha, Wald – Feuer …“
       
       Er sah uns an und wurde wieder ernst. „Ich habe ich auch Impfungen im
       Portfolio. Zwölf zum Preis von zehn. Ich habe schon gestandene Waldarbeiter
       in Fieberkrämpfen auf Station gesehen, glauben Sie mir, wenn man das
       vermeiden kann, sollte man es tun!“ Und plötzlich, auch für mich
       überraschend, spuckte mein Kumpel es böse aus: „Du bist also solch eine
       Drecksau, die den Leuten erst eine Gefährdung einredet, ihnen dann für
       teuer Geld Gift verkauft, von dem sie dann tatsächlich krank werden!“ Der
       Experte wurde wehrlos im Gesicht, sagte: „Damit verdiene ich nun mal meine
       Brötchen.“
       
       Wir schauten ihm nach, wie er seinem Phaeton zustrebte, einstieg und
       wegfuhr. Mein Kumpel behielt seinen Namen im Gedächtnis, um ihn auf die
       Spamliste seines Providers zu setzen.
       
       16 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Udo Tiffert
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Wald
 (DIR) Unfall
       
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