# taz.de -- Dokumentarfilm im ZDF: Arschkarte, Nullnummer
       
       > Staatssekretäre könnten viel Einfluss auf die deutsche Politik ausüben.
       > Viele von ihnen wollen oder dürfen das nicht, wie eine TV-Doku zeigt.
       
 (IMG) Bild: Staatssekretäre bleiben oft im Dunkeln.
       
       Es gibt Staatssekretäre und es gibt Parlamentarische Staatssekretäre. Die
       einen sind kompetent und halten dem Minister den Rücken frei. Die anderen
       sind schon lange in der Partei und müssen versorgt oder kontrolliert
       werden, damit sie dem Minister nicht in den Rücken fallen.
       
       So geht das gängige Vorurteil, das mit der Realität nichts zu tun hat.
       Oder? Nun ja. Die Staatssekretäre, die Lars Seefeldt, Korrespondent im
       ZDF-Hauptstadtstudio, für seine Dokumentation aufgesucht hat – amtierende
       und ehemalige, beamtete und Parlamentarische – sind, leider, wenig
       geeignet, das Vorurteil auszuräumen.
       
       Gerd Billen ist als quasioppositioneller Grüner im SPD-geführten
       Justizministerium gelandet – große Überraschung. Jörg Asmussen ist der
       Vollprofi, er war schon Staatssekretär unter (man sagt nicht etwa: für)
       mehreren Ministern, roten wie schwarzen. Lässt sich nicht aus der Reserve
       locken, wirkt ein bisschen zugeknöpft. Ein echter Beamter eben.
       
       Dann die Parlamentarischen Staatssekretäre: „Umstrittene Zwitterwesen“.
       Seefeldt rechnet vor, dass ein Parlamentarischer Staatssekretär im Monat
       über 1.000 Euro mehr verdient als ein Minister ohne Abgeordnetenmandat (als
       wäre das die Regel). Brigitte Zypries, bei der die
       (Justiz-)Ministerkarriere vor der als Staatssekretärin (im
       Wirtschaftsministerium) kam, macht sich gar nicht erst die Mühe, dem Gerede
       vom Versorgungsposten etwas entgegenzusetzen. Trotzdem sagt sie, sie habe
       „ein bisschen die Arschkarte gezogen“.
       
       ## Lohn für Loyalität
       
       Die Exstaatssekretäre sprechen deutlich: Michael Müller, 2005 bis 2009 im
       Umweltministerium, ist nicht mehr so gut auf Ex-Chef Sigmar Gabriel zu
       sprechen: „Wenn man Parlamentarischer Staatssekretär ist, kann man leicht
       zum Pausenfüller werden. Dann wird der zu allen Vorträgen geschoben, wo der
       Minister entweder keine Zeit hat oder keine Lust. […] Wenn der Beamtete
       alles auf sich bezieht, dann ist der Parlamentarische faktisch ’ne
       Nullnummer.“
       
       Ludger Volmer, 1998 bis 2002 im Auswärtigen Amt, unterscheidet zwischen
       Staatssekretären, die so sind wie er, „und dann gibt’s die anderen. Die
       erwarten den Lohn für Loyalität oder lassen sich ihre Neutralität oder
       Meinung abkaufen, versprechen stillzuhalten gegenüber dem Minister.“
       
       Und dann ist da noch Hans-Joachim Fuchtel von der CDU, Parlamentarischer
       Staatssekretär im Entwicklungsministerium – auf Angela Merkels persönliches
       Betreiben, wird angenommen, zuständig für Griechenland und Asien (!). Ein
       Mann, der gerne Kuchen isst und mit dem Bürgermeister im heimischen
       Baiersbronn genau so auf Badisch parliert wie mit den Griechen in
       Griechenland. All diese Staatssekretäre also Nullnummern?
       
       TV-Dokumentaristen erweisen sich in der tendenziösen Auswahl ihrer
       Protagonisten regelmäßig als geschickte Manipulatoren. Seefeldt hat ja von
       den aktuellen Parlamentarischen Staatssekretären nur zwei gefilmt. Dabei
       gibt es derzeit 33, so viele wie seit 1990, seit Helmut Kohl nicht mehr.
       Man kann die hohe Zahl schlimm finden, man kann sie aber auch als Vorteil
       sehen: Denn unter 33 Staatssekretären kann es nicht nur Nullnummern geben.
       
       2 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Müller
       
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