# taz.de -- Sperre für Evi Sachenbacher-Stehle: Frau S. Gespür für Tee
       
       > Einerseits hat Evi Sachenbacher-Stehle nur ein Kräuterkonzentrat
       > eingenommen. Andererseits wird sie dafür bestraft.
       
 (IMG) Bild: Opfer eines Berufsverbots? Evi Sachenbacher-Stehle.
       
       Was sie eigentlich genau falsch gemacht hat, wurde der, wie man wohl seit
       Mittwoch sagen muss, Exspitzensportlerin Evi Sachenbacher-Stehle nicht
       mitgeteilt. Auch der Biathlonweltverband, der die Olympiasiegerin wegen
       Dopings für zwei Jahre sperrte, gab sich im Urteil davon überzeugt, dass
       Frau Sachenbacher-Stehle ein Teekonzentrat aus der Schisandra-Pflanze
       einnahm, das verunreinigt war und deshalb auch Spuren von Methylhexanamin
       enthielt.
       
       Gesperrt wurde sie aber, weil die Herren vom Verbandsgericht „nicht
       vollends überzeugt davon“ waren, dass sie den Tee „nicht mit der indirekten
       Absicht nahm, ihre sportliche Leistung zu verbessern“.
       
       Hm. Warum haben wir gerade einen Kaffee getrunken? Einen Apfel gegessen?
       Uns einen Müsliriegel genehmigt? Wenn bei Kräuterkonzentraten eine illegale
       „indirekte Absicht der Leistungsverbesserung“ unterstellt wird, sollten
       Spitzensportler dann künftig nur noch fette Schweinshaxe in sich
       hineinwürgen, die so schwer im Magen liegt, dass Leistungssteigerung
       ausgeschlossen ist?
       
       Unter der Voraussetzung natürlich, dass die Sau artgerecht gehalten wurde,
       weil sich sonst ja Spuren von, sagen wir: falschen Substanzen im Fleisch
       finden könnten?
       
       ## Gefährliche Nähe zum Berufsverbot
       
       Der Wille, Doper vom Sport fernzuhalten, produziert mit dem Fall
       Sachenbacher-Stehle einmal mehr etwas, das man allerhöflichst nur als
       problematisch bezeichnen kann. Die Sportlerin, um die es geht, kann
       (richtiger vermutlich: konnte) ihren Sport nur deswegen professionell
       betreiben, weil sie als Hauptfeldwebel in der Sportförderung der Bundeswehr
       aufgehoben ist.
       
       Vom zuständigen Vizeadmiral Manfred Nielson war aber schon, als
       Sachenbacher-Stehle während der Olympischen Spiele in Sotschi verbotene
       Substanzen in ihrem Körper nachgewiesen wurden, zu hören: „Wer überführt
       worden ist, scheidet aus der Spitzensportförderung aus.“ Das rückt die
       Zweijahressperre, die vermutlich Sachenbacher-Stehles Karriereende
       bedeutet, in eine gefährliche Nähe zum Berufsverbot.
       
       In der öffentlichen Wahrnehumg gilt Sachenbacher-Stehle ohnehin als
       Wiederholungstäterin, schließlich war doch da mal irgendwas … Bei den
       Olympischen Spielen 2006 in Turnin war ihr ein als zu hoch geltender
       Blutwert nachgewiesen worden. Das führte – sportjuristisch ist das
       bedeutend – zu einer Schutzsperre, und Sachenbacher-Stehle konnte auch
       nachweisen, dass Schwankungen im Hämoglobinwert bei ihr völlig normal sind.
       Doperin, auch wenn es das kollektive Gedächtnis mitunter anders darstellt,
       war Frau Sachenbacher-Stehle also nicht.
       
       Dass sie es jetzt ist, bloß weil sie das falsche Teekonzentrat, dem ihr
       vermutlich ein Heilpraktiker zugeraten hat, genommen hat, sollte, wer die
       Sache ernst nimmt und wer der Sportlerin Respekt entgegenbringt,
       bestreiten. Das Schlimme an der Art, wie über Doping geredet, ist aber: Um
       das konkrete „Vergehen“ geht es leider gar nicht. Sachenbacher-Stehle, das
       wurde diskursiv festgeklopft, darf künftig Betrügerin genannt werden. Wir
       sollten aber ehrlich hinzufügen: weil sie ein Kräuterkonzentrat nahm.
       
       17 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
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