# taz.de -- Die Wahrheit: Insel ohne Pfaffen
       
       > Weil Irland in spätestens 20 Jahren nur noch einige versprengte Pfarrer
       > zählen wird, sollten schleunigst alle Register gezogen werden, um dem
       > Einhalt zu gebieten.
       
       Irlands Krise ist schlimmer als bisher angenommen. Zur Verschuldung und zu
       Arbeits- sowie Obdachlosigkeit kommt ein akuter Pfaffenmangel hinzu. Die
       adäquate seelsorgerische Versorgung der vier Millionen Einwohner ist nicht
       mehr gewährleistet. Die Zahl der katholischen Pfarrer ist in zehn Jahren um
       13 Prozent gesunken, die Zahl der Nonnen sogar um 23 Prozent. Selbst die
       Laien, die vorsichtshalber nur befristete Gelübde abgelegt haben, verlassen
       das sinkende Schiff. Ihre Zahl ist um 28 Prozent zurückgegangen.
       Alarmierende Fakten also, die das vom Vatikan herausgegebene „Statistische
       Jahrbuch der Kirche“ vermeldet.
       
       Vor Kurzem berief der Verband katholischer Priester deshalb eine
       Krisensitzung mit den Bischöfen ein. „Wir haben ihnen sehr anschaulich
       erklärt,“ vermeldete ein Pfarrer Hoban danach, „dass irische Pfarrer in 10,
       15 oder 20 Jahren praktisch verschwunden sein werden, abgesehen von einem
       winzigen Kader uralter Individuen.“ In Dublins Diözesen gibt es nur noch
       zwei Pfaffen, die unter 40 sind. „Wenn es so weitergeht, hat die irische
       Priesterschaft keine Zukunft mehr, das ist eine mathematische Gewissheit“,
       meint Hoban. Um Himmels willen!
       
       Doch Brendan Hoban hat einen dreistufigen Notfallplan: Lasst die Pfaffen
       heiraten; holt die Priester zurück, die ihre Jobs aufgegeben haben, weil
       sie heiraten wollten; lasst Frauen an die Altäre. „Falls die Bischöfe das
       nicht schlucken, wissen wir, wer am Ende die Verantwortung trägt“, sagt der
       Vordenker. „Den Kopf in den Sand zu stecken, ist keine Option.“
       
       Früher war alles anders. Das Ansehen einer Familie stieg mit der Anzahl der
       Pfarrer und Nonnen, die zum engeren Verwandtenkreis gehörten. Wo sind die
       alle geblieben? Im Ausland. 1.700 irische Missionare versuchen in 83
       Ländern, den Eingeborenen den Glauben an Gott beizubringen – an den echten,
       katholischen Gott, versteht sich, nicht an irgendeinen Buschgötzen. Dazu
       gehört, dass die Priester und Nonnen den Afrikanern weismachen, Kondome
       seien Teufelswerk.
       
       Ihre Wirksamkeit gegen Aids betrage nur 20 Prozent, behauptet Schwester
       Miriam Duggan vom Franziskanerorden, die seit 30 Jahren in Uganda arbeitet.
       Sie hat ein besseres Mittel, das hundertprozentigen Schutz garantiere:
       Keuschheit. Duggans Spitzname ist „Mutter Teresa von Afrika“. Das passt.
       Die albanische Nonne hat mit gefalteten Händen und katholischem Dogma
       ebenfalls Millionen ins Unglück gestürzt. Aber die Missionare bringen den
       afrikanischen Kindern auch irische Tänze und Lieder bei, was für später
       sicher nützlich ist.
       
       Gegen die seelsorgerische Misere daheim hat Hoban eine Möglichkeit
       vergessen, die in deutschen Bistümern bereits praktiziert wird: Zur
       Stillung des Pfaffenmangel bittet man die afrikanischen Länder, ein paar
       Geistliche abzutreten. Die könnten den irischen Kindern afrikanische Lieder
       und Tänze beibringen. In 50 Jahren denkt im Zusammenhang mit Irland dann
       niemand mehr an Riverdance, sondern an Yankadi und Macru, begleitet von
       Mbira, Djembé und Balafon. Okay, ein Dudelsack darf auch dabei sein.
       
       21 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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