# taz.de -- Unter Landgrabbing-Verdacht: Nordzucker streckt seine Hand nach Afrika aus
       
       > Nordzucker plant Fabriken unter anderem in Sambia.
       > Zuckerrüben-Aktionärsverein ist skeptisch, Eine-Welt-Organisationen
       > befürchten Landraub.
       
 (IMG) Bild: Flucht in die Globalisierung: Nordzucker AG.
       
       BRAUNSCHWEIG taz | Mit seinem Vorschlag, in Afrika Zuckerrohr anzubauen,
       hat Nordzucker-Chef Hartwig Fuchs Kritiker auf den Plan gerufen. Sie
       befürchten, dies könnte die hiesigen Rübenbauern unter Druck setzen.
       Außerdem werde der Ruf der deutschen Zuckerindustrie leiden, wenn sie sich
       am Landraub in Afrika beteilige.
       
       Der Zuckerbranche stehen große Änderungen bevor: Mit dem Wegfall der
       europäischen Zuckermarktordnung im Herbst 2017 entfallen die
       Produktionsquoten und die Mindestpreise für Rüben. Das wird den Wettbewerb
       zwischen den Herstellern verschärfen, weshalb sie nach Auswegen suchen.
       „Nach 2017 haben wir es mit global agierenden Konzernen zu tun“, warnte
       Fuchs jüngst bei der Hauptversammlung der Nordzucker AG.
       
       Er will expandieren. „Wir gehen dorthin, wo der Markt wächst“, sagte er dem
       Magazin Land & Forst. „Angesichts der limitierten Wachstumschancen in
       Europa lenken wir den Blick in attraktive Wachstumsregionen, wo die
       Nachfrage nach Zucker wächst“, ergänzt Nordzucker-Sprecherin Tanja
       Schneider-Diehl und nennt Asien sowie die afrikanische Subsahara-Region.
       
       Deshalb überlegt der Konzern, zunächst in Sambia, Tansania oder Kenia eine
       neue Zuckerfabrik zu bauen – für 215 Millionen Euro. Am konkretesten sind
       die Pläne wohl für Sambia, wo ein Großbauer mit 9.500 Hektar Land als
       Projektpartner infrage käme, der die Hälfte des Zuckerrohrs anbauen könnte.
       Den Rest sollen kleine Bauern zuliefern.
       
       „Der Zucker soll für den regionalen afrikanischen Markt produziert werden,
       nicht für den Weltmarkt“, sagte Hans-Christian Koehler, Aufsichtsratschef
       von Nordzucker, der Zeitschrift. Eine Nichtregierungsorganisation (NGO)
       solle das Projekt begleiten und dafür sorgen, dass internationale Sozial-
       und Umweltstandards eingehalten würden. „Wir halten internationale
       Bestimmungen ein und werden kein Landgrabbing betreiben“, sagt Sprecherin
       Schneider-Diehl.
       
       Ob das reicht, ist fraglich. Denn verschiedene NGO-Expertisen verweisen
       darauf, dass eine solche Investition eines europäischen Agrarkonzerns in
       ein armes afrikanisches Land grundsätzlich problematisch sei.
       
       Nach einer Studie der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika arbeiten
       80 Prozent der Sambier in der Landwirtschaft. Die meisten beackern kleine
       Stücke Gemeinschaftsland, das nach traditionellem Recht verwaltet und ihnen
       zur Nutzung überlassen wird. Doch von diesem Land hat sich in den letzten
       Jahren immer mehr der Staat angeeignet, der es langfristig an Privatleute
       und Konzerne verpachtet. Für die Selbstversorgung der Familien fällt dieses
       Land aus.
       
       Auch eine Studie der Menschenrechtsorganisation Fian bestätigt, dass das
       ärmste Viertel der Haushalte in Sambia jeweils nur über einen halben Hektar
       Land verfüge und kaum über die Runden komme. Sechs der 14 Millionen Sambier
       litten Hunger. „Ihr Zugang zu Nahrung wird durch die Investitionen ins
       Agrobusiness nicht verbessert, da dieses vor allem für den Export oder die
       städtische Mittelschicht produziert“, sagt Roman Herre, der Autor der
       Studie.
       
       Dass der in Afrika produzierte Zucker gar nach Deutschland exportiert
       werden und heimischen Bauern Konkurrenz machen könnte, hält
       Heinrich-Hubertus Helmke vom Dachverband Norddeutscher Zuckerrübenanbauer
       (DNV) für unwahrscheinlich. Sein Verband vertrete, sagt er, die meisten
       jener Bauern, die Lieferanten und Anteilseigner von Nordzucker seien. Er
       wird für die Landwirte auch nach 2017 Preise und Verträge mit Nordzucker
       aushandeln.
       
       „Ich kenne kein afrikanisches Land, das günstiger Zucker herstellen kann
       als die Produzenten in Europa“, sagt er. Außerdem seien die hiesigen
       Fabriken nicht geeignet, um importierten Rohrzucker zu raffinieren. Sein
       Verband wäre mit einer Fabrik in Afrika einverstanden, wenn Nordzucker auch
       in Deutschland weiter „im nötigen Umfang“ investiere und die Rüben gut
       bezahle.
       
       Hans-Heinrich Voigt vom Norddeutschen Zuckerrüben-Aktionärsverein dagegen
       ist skeptisch: „Es ist ein zu hohes Risiko“, sagt er. Für eine rentable
       Unternehmensführung fehlten in der Subsahara-Region die Rahmenbedingungen.
       Er nennt wechselnde Regierungen, Korruption und Bürokratie. Der Verein
       verlangt von Nordzucker, dass er sich zunächst um die Folgen der
       auslaufenden Zuckermarktordnung kümmert, um die Konsolidierung bereits
       getätigter Zukäufe und eine gute Dividende.
       
       Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL) mahnt, die
       Flucht in die Globalisierung könne dazu führen, dass Geld der Rübenanbauer
       und Aktionäre verbrannt werde, das sie dringend für ihre eigenen Betriebe
       brauchten. „Die Rohrzucker-Strategie würde die Position der Rübenanbauer
       innerhalb des Konzerns zusätzlich schwächen“, warnt die ABL.
       
       Nordzucker-Sprecherin Schneider-Diehl widerspricht: Von einer Konkurrenz
       zwischen europäischem Rüben- und afrikanischem Rohrzucker könne keine Rede
       sein. Man beabsichtige die Rübenverarbeitung in Europa „mindestens auf dem
       derzeitigen Niveau“ weiterzuführen. „Unsere Zuckerproduktion innerhalb der
       EU wird nicht durch unser Aktivitäten in Subsahara-Afrika oder andere
       Regionen beeinflusst werden.“
       
       Mitarbeit: Benno Schirrmeister
       
       27 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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 (DIR) Sambia
       
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