# taz.de -- Abtreibungen in Österreich: Rechte Phalanx gegen Fristenlösung
       
       > Öffentliche Spitäler in Tirol und Vorarlberg verweigern Abtreibungen.
       > Betroffene Frauen müssen reisen oder auf teuere Privatkliniken
       > ausweichen.
       
 (IMG) Bild: Heiliges Land: ein Beratungsbüro der Abtreibungsgegner in der Wiener Innenstadt
       
       WIEN taz | Tirol bleibt „Heiliges Land“. In der katholischen Alpenprovinz
       werden auch zukünftig keine Abtreibungen in öffentlichen Spitälern
       angeboten. Gleiches gilt für Vorarlberg. Die Verbände der Krankenhäuser
       dieser Bundesländer reagierten am Mittwoch auf einen Vorstoß von
       Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), der vor wenigen Tagen gedrängt
       hatte, Schwangerschaftsabbrüche österreichweit zu ermöglichen.
       
       Während die Grünen das Ansinnen der SPÖ unterstützen, sehen die rechte FPÖ
       und die christlichsoziale ÖVP keinen Handlungsbedarf. „Es kann kein Arzt
       dazu gezwungen werden“, meint ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. Es
       müsse genügen, wenn in privaten Praxen abgetrieben werde.
       
       Tirol und Vorarlberg werden von der ÖVP regiert. Die Fristenlösung, die den
       Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Woche straffrei stellt, wurde vor
       40 Jahren während der SPÖ-Alleinregierung beschlossen. ÖVP und die
       katholische Kirche waren gegen die Initiative erfolglos Sturm gelaufen.
       
       Allerdings sollte es lange dauern, bis die öffentlichen Krankenhäuser auch
       tatsächlich der Nachfrage nachkamen. In Salzburg musste die damalige
       Landeshauptfrau Gabi Burgstaller vor einigen Jahren die Spitäler
       ausdrücklich anweisen. Ab Herbst sollen auch Frauen aus dem Burgenland
       nicht mehr nach Wien oder Graz fahren müssen. Private Abtreibungskliniken
       gibt es zwar landesweit, doch sind die Kosten weit höher als im Spital. In
       manchen Bundesländern müssen Frauen bis 800 Euro berappen.
       
       ## Abtreibungstourismus nach Wien
       
       Christian Marth, der Leiter der Universitätsklinik in Innsbruck, plädierte
       in einem Radiointerview für den Abtreibungstourismus: „Wenn man da in eine
       Uniklinik geht, da sitzt man dann neben der Nachbarin im Warteraum –
       weshalb viele Frauen lieber woanders hingehen als in die nähere Umgebung.“
       
       Ganz anders sieht es Christian Fiala, der eigentlich von der
       Verweigerungshaltung im Westen profitiert. Seine Privatklinik für
       Schwangerschaftsabbruch Gynmed liegt wenige Schritte vom Wiener Westbahnhof
       entfernt und wird von zahlreichen Frauen aus Tirol und Vorarlberg
       aufgesucht. Für ihn geht es um eine Frage des Berufsethos: „Das ist eine
       Basisversorgung der Frauen, nicht nur bei gewollten Schwangerschaften
       medizinisch betreut und versorgt zu werden, sondern natürlich auch bei
       ungewollten Schwangerschaften.“
       
       Dass Österreich mit jährlich rund 30.000 Schwangerschaftsabbrüchen um ein
       Dreifaches über dem Schnitt von Deutschland, Holland, und der Schweiz
       liegt, führt Fiala auf die mangelhafte Verhütung und Aufklärung zurück. Er
       plädiert daher für Verhütung wie auch Abbruch auf Krankenschein. Das ist
       eine alte Forderung der Feministinnen.
       
       Gesellschaftspolitisch läuft es aber in die umgekehrte Richtung. Militante
       Abtreibungsgegner schüchtern Frauen vor den Kliniken ein und in der ÖVP
       regen sich Stimmen, die eine parlamentarische Mehrheit gegen die
       Fristenlösung suchen. Selbst die Polizei sieht sich ermutigt, gegen
       Pro-Choice-Aktivisten wie gegen Gewaltverbrecher vorzugehen. So schritt die
       Polizei am vergangenen Wochenende mit Vehemenz gegen eine friedliche
       Demonstration gegen militante Abtreibungsgegner ein.
       
       Ein Transparent mit dem Slogan „Hätte Maria abgetrieben, wärt ihr uns
       erspart geblieben“ erfüllt nach Ansicht der polizeilichen Beobachtertruppe
       den Tatbestand der Verhetzung. Unerheblich sei, dass der Spruch seit Jahren
       unbeanstandet auf Demonstrationen zu sehen ist. Verhetzung wird mit
       Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht.
       
       31 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Leonhard
       
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