# taz.de -- Liberale gegen Freiheitsberaubung: Zu Unrecht eingekerkert
       
       > Hamburg hat zwei Männer entgegen einem Urteil des Europäischen
       > Gerichtshofs rechtswidrig eingesperrt. Schadenersatz will der Senat aber
       > nicht zahlen.
       
 (IMG) Bild: Blick aus der Justizvollzugsanstalt Hamburg-Billwerder: Hier wurden zwei Männer zu Unrecht eingesperrt.
       
       HAMBURG taz | „Freiheitsberaubung“ wirft die FDP in der Bürgerschaft dem
       Hamburger SPD-Senat vor. Dieser habe mindestens zwei zur Abschiebung
       vorgesehene Männer entgegen einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes
       (EuGH) in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Billwerder festgehalten (siehe
       Kasten). Das sei „eine grobe Missachtung eines eindeutigen Urteils“ des
       höchsten Gerichts in der Europäischen Union, kommentiert FDP-Fraktionsvize
       Finn Ole Ritter. Zudem offenbare es „einen unglaublich schlunzigen Umgang
       des Senats mit einem der wichtigsten Güter des Rechtsstaats: der Freiheit“.
       
       Der Senat hatte am Donnerstag in seiner Antwort auf eine schriftliche
       Anfrage der FDP eingeräumt, dass zwei Abschiebehäftlinge vier Tage lang in
       der JVA Billwerder festgehalten wurden, obwohl der EuGH dies in seinem
       Urteil vom 17. Juli untersagt hatte. Erst am 22. Juli wurden sie in die
       Abschiebehaftanstalt Rendsburg gebracht, nachdem das
       schleswig-holsteinische Innenministerium einem Hamburger Ersuchen um
       Amtshilfe stattgegeben hatte.
       
       Nach Einschätzung der FDP ist dieser Vorgang „rechtswidrig“. Hamburg hätte
       nach dem EuGH-Urteil die beiden Männer wieder freilassen müssen. Denn der
       Senat räumt in seiner Antwort auf die Anfrage der Liberalen selbst ein,
       dass Abschiebehaft in einer Strafanstalt nicht rechtmäßig sei. Deshalb
       würden dort keine Abschiebehäftlinge mehr untergebracht werden. In der
       Konsequenz werde die Ausländerbehörde laut Senatsauskunft künftig keine
       Abschiebehaft mehr beantragen, wenn diese nur in einer Hamburger
       Haftanstalt vollzogen werden könne.
       
       Die Grünen hatten sofort nach dem EuGH-Urteil gefordert, die Abschiebehaft
       in Hamburg abzuschaffen. Sie kritisierten zudem die Verschleppungstaktik
       des SPD-Senats. Seit 2010 hätte die sogenannte EU-Rückführungsrichtlinie in
       Deutschland umgesetzt sein müssen, erklärte die flüchtlingspolitische
       Sprecherin Antje Möller. Die Regelung bestimme schon lange, dass
       Abschiebehaft von der Strafhaft zu trennen sei. Trotzdem seien in der
       Hansestadt Abschiebehäftlinge neben Strafgefangenen im Gefängnis Billwerder
       untergebracht worden.
       
       Die Linken hatten das EuGH-Urteil als „klares Signal an Hamburg“ begrüßt.
       „Die Inhaftierung von Abschiebehäftlingen in Strafhaftanstalten ist auch
       menschlich unhaltbar“, befand die flüchtlingspolitische Sprecherin
       Christiane Schneider. Denn die Menschen hätten nichts getan, außer „vor
       Krieg und Hunger zu flüchten und in Europa Schutz zu suchen“.
       
       Weitere Konsequenzen aus dem Vorfall will der Senat indes nicht ziehen. Es
       seien „hinreichende Maßnahmen ergriffen“ worden, teilt er mit, ohne diese
       im Detail benennen zu wollen. Zudem teilt er nicht die Auffassung von
       Ritter, dass den beiden Betroffenen gemäß der Europäischen
       Menschenrechtskonvention „Schadenersatz für zu Unrecht verbüßte
       Abschiebehaft“ zustehe. Deshalb sei „keine individuelle Unterrichtung“ über
       diese Möglichkeit vorgesehen.
       
       Das sei auch nicht notwendig, kontert Ritter. Nach Auskunft von
       Rechtsanwälten seien 2012 und 2013 in mindestens vier Fällen solche
       Ansprüche durchgesetzt worden. Die Anwälte der Betroffenen bräuchten
       deshalb keine Aufklärung: Sie wüssten auch so, was zu tun sei.
       
       31 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven-Michael Veit
       
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