# taz.de -- Erkrankungen durch Asbest: Kampf für bessere Entschädigung
       
       > Ein Bündnis will die Ansprüche von Asbestkranken auf Entschädigung
       > verbessern. Doch die Deutsche Krebsgesellschaft sperrt sich.
       
 (IMG) Bild: Schwierige Anerkennung: Viele Asbesterkrankte sind Bauarbeiter.
       
       Tausende Krebspatienten, die durch Asbest krank geworden sind, könnten von
       einem aktuellen Antrag an die Bundesregierung profitieren. Ein Bündnis aus
       deutschen und internationalen Krebsorganisationen, Selbsthilfegruppen und
       Gewerkschaften fordert, dass Asbestgeschädigte leichter als berufskrank
       anerkannt und entschädigt werden. Dafür müsste ein Paragraf im Siebten
       Sozialgesetzbuch geändert werden. Doch einer der wichtigsten Akteure, die
       Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), will den Antrag nicht unterstützen.
       Gründe hat die DKG den Initiatoren trotz mehrfacher Nachfragen bisher nicht
       genannt.
       
       Sowohl im Westen als auch im Osten Deutschlands boomte das Geschäft mit
       Asbest in den 60er und 70er Jahren. Bis heute ist die Zahl der
       Asbestkranken jedes Jahr gestiegen. Ungefähr 1.500 Personen sterben allein
       in Deutschland pro Jahr an offiziell anerkannten Asbest-Krankheiten. Etwa
       3.650 neue Berufskranke aufgrund von Asbest haben die
       Berufsgenossenschaften im Jahr 2012 anerkannt.
       
       Doch die Zahl der Betroffenen ist viel höher, da die Berufsgenossenschaften
       je nach Krankheit bis zu 80 Prozent der Anträge ablehnen.
       
       ## Ungerechte Regelungen
       
       Ärzte und Erkrankte kritisieren seit Jahren, dass die aktuellen Regelungen
       realitätsfremd und ungerecht sind. Denn die Betroffenen müssen nachweisen,
       dass ihre Krankheit durch Asbest am Arbeitsplatz verursacht wurde. Doch die
       meisten Arbeiter wussten gar nicht, mit welch gefährlichem Stoff sie
       arbeiten. Heute existieren viele Firmen aus dieser Zeit nicht mehr – und
       auch die Unterlagen fehlen.
       
       Auf dem Deutschen Krebskongress im Februar forderten die Teilnehmenden in
       einer „Berliner Erklärung“ daher, eine Umkehr oder zumindest eine
       Erleichterung der Beweislast im Gesetz zu verankern. Sie können sich unter
       anderem auf das Europäische Parlament berufen, welches bereits im März
       vergangenen Jahres gefordert hatte, die Beweislast nicht den Opfern
       aufzuerlegen.
       
       Doch seit dem Kongress ist ein halbes Jahr nichts passiert. Zwar haben alle
       16 Landeskrebsgesellschaften den Antrag bereits im März angenommen. Auch
       vier internationale Organisationen, darunter die Union of International
       Cancer Control (UICC), haben unterschrieben. Doch die Deutsche
       Krebsgesellschaft, die mit ihrem wissenschaftlichen Renommée über viel
       politischen Einfluss verfügt, verweigert ihre Unterstützung. Im Gespräch
       habe ein Vorstandsmitglied gegenüber dem Initiator der „Berliner
       Erklärung“, dem Onkologen Ulrich Kleeberg, geäußert: Man wolle nicht gegen
       die Berufsgenossenschaften agieren. Pikant: DKG-Präsident Wolff Schmiegel
       leitet hauptberuflich eine berufsgenossenschaftliche Klinik.
       
       ## Appell an Krebsgesellschaft
       
       Gegenüber der taz sagte eine Sprecherin der DKG, man halte die aktuellen
       Regelungen für ausreichend. Außerdem sei der Antrag in einigen Punkten
       nicht präzise genug formuliert. Weshalb der Vorstand seit Monaten auf kein
       Gespräch mit den Initiatoren der „Berliner Erklärung“ eingeht, und welche
       Bedingungen erfüllt sein müssten, um den Antrag zu unterstützen, erklärte
       die DKG-Sprecherin nicht.
       
       In den nächsten Wochen wollen Kleeberg und die anderen Verfasser der
       „Berliner Erklärung“ die DKG in einem offenen Brief noch einmal auffordern,
       ihre Haltung zu überdenken. „Zur Not werden wir uns eben ohne die DKG an
       die Bundesregierung wenden und für die Interessen der Asbestkranken
       eintreten“, meint Kleeberg. Eins sei jedoch klar: Die Deutsche
       Krebsgesellschaft werde ihrem Grundsatz, ihren Einfluss zum Wohle des
       krebskranken Patienten einzusetzen, so nicht gerecht.
       
       10 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Engler
       
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