# taz.de -- Starloses Hannover gewinnt souverän: Vielfalt unter dem Gleichmacher
       
       > Die zahlreichen Neueinkäufe schlagen bei Hannover 96 offenbar an. Das
       > Team, in dem es keine Stars mehr geben soll, dreht gegen Schalke 04 das
       > Spiel und gewinnt überraschend mit 2:1.
       
 (IMG) Bild: "Er war's" - Joselú fügt sich nach seinem Tor bestens ins neue Hannöversche Kollektivgefühl ein.
       
       HANNOVER taz | Das viele Lob wurde gerecht und auf mehrere Schultern
       verteilt. Dirk Dufner, der Sportdirektor von Hannover 96, sah mächtig stolz
       aus. „Du merkst: Das ist eine Mannschaft. Die Jungs arbeiten zusammen, die
       wollen zusammen“, sagte jener Mann, der in erster Linie für den Umbruch bei
       den Niedersachsen verantwortlich zeichnet. Hannover 96 hat viele
       Leistungsträger verloren und sich insgesamt zehn Neuzugänge aus aller Welt
       geleistet. Der erste Lohn für den großen Mut zur Umgestaltung war ein
       2:1-Heimsieg gegen den Champions-League-Teilnehmer Schalke 04.
       
       ## Hannovers Brustverbreiterung
       
       Das erfolgreiche Schaulaufen der neu eingekauften Profis sorgte vor 49.000
       verblüfften Zuschauern in Hannover für Erleichterung. Unter der Regie von
       Cheftrainer Tayfun Korkut, in der Vorsaison als Ersatz für den entlassenen
       Mirko Slomka eingestellt, soll es für Hannover in der Tabelle unbedingt
       wieder aufwärts gehen. Gegen Schalke zeigte der Chilene Miiko Albornoz,
       dass er ein erstaunlicher Techniker ist. Der Spanier Joselú, dieser
       wuchtige Stürmer mit der besonderen Gabe für Kopfbälle, hatte mit seinem
       kräftigen Distanzschuss in der 70. Minute das Siegtor erzielt.
       
       Eingewechselt wurden auch noch der bereits bekannte Pole Artur Sobiech
       sowie zwei weitere Einkäufe – der Japaner Hiroshi Kiyotake und der Türke
       Ceyhun Gülselam. Die große Portion Multikulti scheint einen sehr
       interessanten und ganz schön leistungswilligen Mix zu ergeben. „Die Brust
       wird ein bisschen breiter“, befand angesichts der neuen Möglichkeiten Edgar
       Prib, der das zwischenzeitliche 1:1 erzielt hatte, sich aber später am
       Meniskus verletzte.
       
       Die Lust auf Spektakel muss schuld daran sein, dass dieser Verein mit Macht
       zurück in das obere Tabellendrittel drängt. Nach zwei umjubelten
       Spielzeiten mit Auftritten in der Europa-League ist sich Präsident Martin
       Kind sicher: Nur mit Alltag in der Bundesliga wird die Anziehungskraft
       seines Vereins sinken. Deshalb ist nach der Trennung von Könnern wie Mame
       Diouf, Didier Ya Konan und Szabolcs Huszti kräftig investiert worden.
       
       Dass Hannover für einen Mann wie Joselú den Vereinsrekord von rund fünf
       Millionen Euro Ablöse bezahlte, lässt aufhorchen. Aber die Flucht nach
       vorn, die Hannover 96 angetreten hat, konnte kein günstiges Unterfangen
       werden. Wer sich am liebsten auf Augenhöhe mit Vereinen wie Schalke 04,
       Borussia Mönchengladbach und dem VfL Wolfsburg bewegen möchte, ist zu
       millionenschweren Investitionen gezwungen. Weil Präsident Kind keinen
       Stillstand mag, sondern einer ständige Weiterentwicklung einfordert, musste
       96 ohnehin handeln. Was vor Kurzem noch wie ein Kaufrausch aussah, entpuppt
       sich allmählich als logische und kluge Folge eines personellen Aderlasses.
       
       ## Schluss mit Star-Gehabe
       
       Das runderneuerte Hannover 96 soll nach den Vorstellungen von Cheftrainer
       Korkut nicht von einzelnen Stars abhängig sein. Er drängt darauf, dass sich
       sein Team als modern agierendes Kollektiv präsentiert. Wenn alle viel
       rennen, so sein Credo, fällt es jedem Einzelnen leichter, den inneren
       Schweinehund zu überwinden. Beim Erfolg über die favorisierten Schalker
       konnte die Mannschaft sogar vergessen machen, dass sie ausgerechnet zum
       Ligastart ohne ihren am Knie verletzten Kapitän Lars Stindl angetreten war.
       
       Und Korkut wäre nicht Korkut, wenn er besonders fleißige Spieler
       hervorgehoben hätte. Der Trainer wurde gebeten, die Leistung des
       überragenden Joselú gesondert zu würdigen. „Alle Neuzugänge haben ihre Job
       gut gemacht“, sagte Korkut, der als Gleichmacher glänzt. Keine Extrawürste,
       kein Stargehabe: Mit ein wenig Abstand wird klar, warum es am Ende zu
       verschmerzen war, dass Hannover den Kampf um seine bisherigen
       Publikumslieblinge verloren hat. Diouf, Ya Konan und Huszti waren vor allem
       Einzelkönner und manchmal auch Diven. Auf lange Sicht hätten sie es mit
       ihrer Art und ihrem Gehabe bei Korkut schwer gehabt.
       
       24 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Otto
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Hannover 96
 (DIR) Schalke 04
       
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