# taz.de -- Oranienplatz-Flüchtlinge wieder obdachlos: Flüchtlinge fordern ihren Platz
       
       > Flüchtlingsprotest auf dem Oranienplatz nach Kündigung der Heimplätze.
       > Geflüchtete befürchten Obdachlosigkeit. Kritik von Parteien am Senat.
       
 (IMG) Bild: Bis die Polizei kam: Flüchtlinge unter Zeltdach
       
       BERLIN taz | Nachdem am Montag die ersten Geflüchteten aus dem
       Oranienplatzverfahren ihre Unterkünfte verlassen mussten, versammelte sich
       am Nachmittag eine aufgebrachte Menge auf dem Kreuzberger Oranienplatz. Die
       Geflüchteten protestierten dagegen, dass sie nun keinen Platz mehr zum
       Schlafen und weder Essen noch Trinken hätten. Zwei Autos wurden beschädigt,
       als einige Protestierende Gegenstände auf die Straße warfen. Ein Mann
       übergoss sich mit Benzin.
       
       Nachdem sich die Lage kurzzeitig beruhigt hatte, versuchten Geflüchtete,
       aus einer Zeltplane eine Unterkunft zu bauen. Kurze Zeit später griff die
       Polizei ein und entriss ihnen die Plane. Bis Redaktionsschluss gab es nach
       Polizeiangaben fünf Festnahmen. Für den Abend war eine Demonstration
       angekündigt.
       
       Am Freitag hatte das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso)
       angekündigt, die „freiwilligen Leistungen“ – Unterkunft und Bargeld – für
       108 Flüchtlinge einzustellen, da deren Verfahren auf Grundlage der
       Oranienplatzvereinbarung abgeschlossen seien. Die Einigung zwischen
       FlüchtlingsaktivistInnen und Senat sah umfassende Einzelfallprüfungen vor.
       Dabei ging es um Zuständigkeiten für die Asylverfahren, die nach Berlin
       umverteilt werden sollten, und um die Gewährung eines humanitären
       Aufenthalts.
       
       Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD), die maßgeblich an den
       Einigungsverhandlungen beteiligt war, sagte, ihr Haus sei über die jetzt
       anstehenden Räumungen nicht informiert worden. Für sie sei unverständlich,
       weshalb die Ausländerbehörde bislang kein Verfahren positiv beschieden hat.
       
       Was mit den nun obdachlos gewordenen Geflüchteten passiert, ist offen. Eine
       Sprecherin der Senatsverwaltung für Soziales sagte, sie gehe davon aus,
       dass die Menschen in die für sie zuständigen Bundesländer zurückreisen
       werden. Sollten sie nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen,
       werde man unbürokratische Lösungen finden.
       
       Berenice Böhlo, Anwältin einer Reihe von Geflüchteten im
       Oranienplatzverfahren, hält das für unwahrscheinlich. „Die Menschen sind
       hier aus für sie zwingenden Gründen. Dass die Zustände in italienische
       Flüchtlingsunterkünften keinen europäischen Mindeststandards entsprechen,
       wurde beispielweise mehrfach gerichtlich festgestellt“, sagte sie. Die
       Gründe, weshalb die Menschen nach Berlin gekommen seien, bestünden
       weiterhin.
       
       Hakan Tas, für die Linke im Abgeordnetenhaus, sprach in einer
       Pressemitteilung vom Montag von einem Skandal und befürchtet im Falle von
       Räumungen durch die Polizei größere Auseinandersetzungen. Canan Bayram, die
       für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt, findet das Verhalten des Berliner
       Senats verantwortungslos. Bayram vermutet, dass das Einigungspapier vom
       Oranienplatz einzig dem Zweck diente, die Proteste zu beenden.
       
       Kritik kommt aber nicht nur von der Opposition. Aziz Bozkurt (SPD),
       Landesvorsitzender der AG Migration, bezeichnet es als Unding, die
       Geflüchteten vor die Tür zu setzen. Für Bozkurt war von vorne herein klar,
       dass auf der Grundlage des Einigungspapiers keine positiven Entscheidungen
       gefällt werden würden. „Sollte während der Verhandlungen von Senatsseite
       aus der Eindruck erweckt worden sein, dass die Verfahren Aussicht auf
       Erfolg haben, wäre das mehr als unanständig“, sagte Bozkurt.
       
       25 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hilke Rusch
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA