# taz.de -- Krieg in der Ostukraine: Brüchige Waffenruhe
       
       > Explosionen nahe der Rebellenhochburg Donezk, Schüsse am Rand von
       > Mariupol: Der Waffenstillstand in der Ostukraine ist fragil. Derweil übt
       > die Nato im Baltikum.
       
 (IMG) Bild: Zeugnis einer Verletzung der Waffenruhe? Unter Artilleriebeschuss geratener Lkw nahe Mariupol.
       
       KIEW/DONEZK/RIGA ap/dpa/afp | Die Waffenruhe zwischen ukrainischer Armee
       und prorussischen Rebellen im Osten des Landes scheint auf der Kippe zu
       stehen: Am Sonntagmorgen kam es in der Umgebung der Rebellenhochburg Donezk
       nahe dem Flughafen zu starken Explosionen. Die Detonationen waren so
       heftig, dass sie in der Innenstadt zu hören waren. Der Flughafen ist seit
       Mai unter Kontrolle der Regierungstruppen und wurde seitdem immer wieder
       von den Rebellen angegriffen. Die Aufständischen in Donezk berichteten von
       vier getöteten Zivilisten. Eine unabhängige Bestätigung dafür gab es
       zunächst nicht.
       
       In der Nacht zu Sonntag gab es auch Schusswechsel am Rand der Hafenstadt
       Mariupol. Die Stadtverwaltung teilte mit, ein Soldat sei verletzt worden,
       als ein Kontrollposten beschossen worden sei. Augenzeugen erzählten, es
       habe in den östlichen Randbezirken starke Explosionen gegeben. Vermutlich
       durch Granateneinschlag soll in der Nacht eine Tankstelle und umstehende
       Gebäude in Brand geraten sein.
       
       Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow machte die Separatisten für den
       Zwischenfall verantwortlich. Er kündigte Verstärkung für die Armee vor
       Mariupol an. Die Aufständischen sprachen hingegen von "Provokationen" durch
       das Militär. Unweit der strategisch wichtigen Hafenstadt halten
       Regierungstruppen Verteidigungslinien gegen prorussische Rebellen, die in
       der Region am Asowschen Meer kürzlich eine neue Front eröffnet hatten.
       
       Nach mehr als vier Monaten der Gewalt hatten die Regierung in Kiew und die
       Separatisten erst am Freitag einen Waffenstillstand vereinbart. Zwar warfen
       sich die ukrainische Armee und die Rebellen in den ersten 24 Stunden danach
       einzelne Verstöße vor. Dennoch sahen Präsident Petro Poroschenko und sein
       russischer Kollege Wladimir Putin die Feuerpause nach einem Telefonat als
       weitgehend eingehalten an.
       
       Man habe Schritte besprochen, um „dem Waffenstillstand einen stabileren
       Charakter zu geben“, sagte Poroschenko. In einer eigenen Erklärung des
       Kreml hieß es: „Es herrschte Zufriedenheit auf beiden Seiten, dass die
       Konfliktparteien die Vereinbarungen zum Waffenstillstand weitgehend
       beachten.“
       
       ## Rotes Kreuz kam nicht bis Luhansk
       
       Nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
       sieht das in Minsk erzielte Abkommen den Abzug aller schweren Waffen, die
       Freilassung aller Gefangenen und die Bereitstellung von Hilfsgütern für die
       zerstörten Städte in der Ostukraine vor.
       
       Zwischenzeitlich nährte eine Mitteilung des Internationalen Komitees vom
       Roten Kreuz Zweifel an der Tragfähigkeit der Einigung. Mitarbeiter hätten
       Lebensmittel in das seit Wochen von Gefechten erschütterte Luhansk zu
       liefern versucht, seien jedoch nach Schüssen im Nordosten der Stadt wieder
       umgekehrt, teilte die Organisation über Twitter mit. Weitere Details nannte
       sie zunächst nicht.
       
       Die Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und den Separatisten hatten Mitte
       April begonnen. Die Vereinten Nationen schätzen, dass dabei fast 2600
       Menschen ums Leben kamen. Mindestens 340.000 Menschen sind geflüchtet. Die
       Ukraine und der Westen werfen Russland vor, die Aufständischen mit Waffen
       und Soldaten zu unterstützen.
       
       Die EU bereitet deshalb weitere Wirtschaftssanktionen gegen Moskau vor, die
       unter anderem Russland den Zugang zu den Kapitalmärkten sowie den Handel
       mit Waffen und Militärtechnologien erschweren sollen. Russlands
       Außenministerium kündigte daraufhin an, man werde auf weitere
       Strafmaßnahmen sicher reagieren.
       
       ## Lettischer Minister: Russland präsentiert sich als Aggressor
       
       Mit einer großangelegten Militärübung in Osteuropa will die Nato nach
       eigenen Angaben ein starkes Signal an Russland zur Verteidigung ihrer
       Mitgliedstaaten senden. Das Bündnis sei „bereit, die territoriale
       Integrität der Nato-Mitgliedstaaten zu verteidigen“, sagte General
       Hans-Lothar Domrose am Samstag im lettischen Riga. Anlass seiner Worte war
       ein lange geplantes Manöver in den baltischen Staaten, Deutschland und
       Polen, das am 1. September begann und noch bis zum 10. September läuft.
       
       An der Übung „Steadfast Javelin II“ nehmen insgesamt 2000 Soldaten aus neun
       Ländern teil, darunter auch aus Deutschland. Domrose betonte, dass es
       „offensichtlich einen Zusammenhang mit dem Konflikt in der Ukraine“ gebe.
       Nato-General Ed Davis sagte dem lettischen Fernsehsender LTV, es gebe eine
       „neue Bedrohung“. Die Nato arbeite deshalb an einer Truppe, die in der Lage
       sei, binnen 48 Stunden auf eine solche Bedrohung zu reagieren.
       
       Der lettische Verteidigungsminister Raimonds Vejonis sagte dem Sender LTV,
       Russland habe internationales Recht ignoriert und sich „als Aggressor“
       präsentiert. Zwar könne bei der Nato-Militärübung kein Feind definiert
       werden, aber Russland sei „ein Land, das eine potenzielle Bedrohung für
       europäische Länder generell und für die Nato“ darstelle.
       
       7 Sep 2014
       
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