# taz.de -- Flüchtlinge in Kreuzberg: Besetzung mit Vaterunser
       
       > Eine Gruppe von 30 Geflüchteten hält die St.-Thomas-Kirche am
       > Mariannenplatz weiterhin besetzt. Die Gemeinde will vorerst nicht die
       > Polizei einschalten.
       
 (IMG) Bild: Diskutiert wurde in der Kirche, gebetet angeblich auch.
       
       Eine weitere Nacht Obdach: Das war nach Angaben von Unterstützer*innen am
       Freitag das Angebot der Kreuzberger St.-Thomas-Gemeinde an die Gruppe von
       Geflüchteten, die die Kirche am Mariannenplatz am Donnerstag besetzt hatte.
       Parallel wolle sich die Gemeinde um Schlafplätze bemühen. Das könne
       allerdings einige Tage dauern.
       
       Am Donnerstagabend hatten rund 120 Geflüchtete und Unterstützer*innen die
       Kirche besetzt und angekündigt, bis auf weiteres dort zu bleiben. Viele von
       ihnen sind Oranienplatzflüchtlinge, deren Einzelfallprüfungen bereits als
       abgeschlossen gelten. Vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso)
       erhalten sie keine Zuwendungen mehr, ihre Unterkünfte mussten sie
       verlassen. In einer Mitteilung werfen sie dem Senat Wortbruch vor. Kritik
       an den Einzelfallprüfungen gibt es seit geraumer Zeit.
       
       Nach Gesprächen zwischen Protestierenden und Kirchenleitung hatte die
       Gemeinde entschieden, dass 30 Menschen die Nacht zu Freitag in der Kirche
       verbringen durften. Dann sollten sie das Gebäude eigentlich wieder
       verlassen. „Ich weiß aber nicht, wo ich hingehen sollte“, sagt ein
       Geflüchteter, „ich lebe seit drei Jahren auf der Straße.“
       
       Innensenator Frank Henkel (CDU) bezeichnete die Besetzung als „schäbig“.
       Die „erpresserischen Gruppierungen“ hätten „das letzte Maß verloren“, hieß
       es in einer Pressemitteilung. Sollte sich der Kirchengemeinderat zu einem
       Strafantrag entschließen, werde die Polizei schnell und entschlossen
       handeln.
       
       „Wir haben zugesichert, dass wir die Polizei nicht hinzuziehen werden“,
       sagte hingegen Mirjam Friedrich vom Gemeindekirchenrat. Allerdings: „Die
       Kirche ist kein Schlafraum.“ Deshalb werde die Kirche auch weiter in ihrer
       eigentlichen Bestimmung genutzt. Friedrich: „Wir hatten eine sehr schöne
       Morgenandacht mit einem Vaterunser in verschiedenen Sprachen.“
       
       Die Gemeinde fühle sich zwar von der Besetzung überfallen, ganz
       überraschend sei diese aber nicht, sagte Matthias Lehmann, ebenfalls
       Mitglied des Gemeindekirchenrates: „Es ist klar: Wenn der Staat versagt,
       dann landen die Leute irgendwann bei der Kirche. Dabei ist es eine der
       Kernaufgaben des Staates, Menschen in Obdachlosigkeit zu unterstützen.“ Die
       Bemühungen des evangelischen Landesbischofs Markus Dröge, auf Innensenator
       Henkel und Gesundheitssenator Mario Czaja Einfluss zu nehmen, seien bislang
       jedoch erfolglos geblieben.
       
       12 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hilke Rusch
       
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