# taz.de -- Karriereende der Tennisspielerin Li Na: Heldin der Individualität
       
       > Li Nas Vermächtnis ist groß. Die Chinesin hat sich von den
       > Partei-Apparatschiks emanzipiert und ihrer Sportart in Asien einen Boom
       > beschert.
       
 (IMG) Bild: Eine der beiden legt den Schläger nun beiseite: Li Na und ihr Wachsdouble bei Madame Tussaud's in Wuhan.
       
       Stacey Allaster macht gern mal große Worte, auch wenn es um nichts Großes
       geht. Doch als die Chefin des internationalen Frauentennis am Freitag über
       den Rücktritt von Li Na sprach, ihrer Meisterspielerin aus China, da
       stimmten die Superlative ausnahmsweise ohne jedes Wenn und Aber: „Keine
       Spielerin hat im letzten Jahrzehnt größeren Einfluss auf das Tennis
       ausgeübt als Li Na“, sagte die kanadische Spitzenfunktionärin der WTA-Tour,
       „sie ist schon jetzt eine Legende unseres Sports.“
       
       Dass sie ausgerechnet in diesen Tagen, da die Tenniskarawane durch die
       chinesischen Metropolen zieht, ihren Abschied vom Leistungssport
       bekanntzugeben hatte, war eine bittere Schlusspointe für die eigensinnige
       Athletin – für die Frau, die als erste Asiatin und Chinesin im Jahr 2011
       einen Grand-Slam-Titel geholt hatte, bei den French Open in Paris.
       
       Aber in diesem Herbst 2014 fehlte der 32-Jährigen alles, was sie stark
       gemacht hatte in einer unvergleichlichen Karriere: Die körperliche
       Gesundheit – aber auch der starke Wille und die intakte Motivation, sich
       weiter aufzureiben in den Zermürbungskämpfen im modernen Spitzentennis:
       „Mein Körper will und kann nicht mehr“, erklärte Li Na in einem emotionalen
       Statement auf ihrer Facebook-Seite. Besonders eine hartnäckige
       Knieverletzung hatte der Weltranglistensechsten schwer zu schaffen gemacht,
       auch vier Operationen und „Hunderte Spritzen“ hatten die Leiden nicht
       gelindert.
       
       Wenn man begreifen will, wie Frau Na die große, weite Tenniswelt verändert
       hat, muss man nur einen Blick auf den Saisonkalender der
       Spielerinnengewerkschaft WTA werfen. Vor sechs Jahren noch stattete der
       Tourbetrieb der Frauen dem Riesenreich China allenfalls einen
       Höflichkeitsbesuch ab, da gab es gerade mal zwei Turniere im größten
       Entwicklungsmarkt des Planeten. Und heute? Da gastiert der Wanderzirkus in
       allen Provinzen Chinas, genau an zehn Schauplätzen macht das
       Tennis-Tourneetheater halt, gesteuert von einem eigenen WTA-Büro in der
       Hauptstadt Peking.
       
       ## Botschafterin des chinesischen Zeitalters
       
       Ende Oktober wird auch dank Li Nas Aufstieg zum ersten Mal eine
       Weltmeisterschaft in Asien ausgetragen, im boomenden Stadtstaat Singapur.
       „Das eigentliche Vermächtnis Li Nas wird man aber erst sehen“, sagt die
       frühere Weltranglistenerste Lindsay Davenport (USA), „wenn die Besten von
       all den Mädchen und Jungen, die wegen ihr mit dem Tennis angefangen haben,
       ins Profigeschäft drängen.“ Sie sei sicher, sagt auch WTA-Chefin Allaster,
       „dass wir vor einem chinesischen Zeitalter stehen.“
       
       Dabei war die lange Zeit so zähe Fighterin ganz und gar keine typische
       Abgeordnete der chinesischen Sportmaschinerie, sondern eher eine Rebellin
       gegen die Apparatschiks in Partei und Verbänden. Die prominenteste
       Sportlerin des Milliardenvolks machte Karriere als Heldin der
       Individualität, als eine, die Selbstvertrauen schöpfte aus ihrem Anspruch
       auf Selbstbestimmung. 2001 wäre fast schon alles vorbei gewesen für die
       „Goldene Blume“, als Funktionäre sie aufforderten, sie solle sich auf
       Doppeleinsätze konzentrieren. Na wollte nicht einlenken und nahm sich eine
       zweijährige Auszeit, studierte in ihrer Heimatstadt Wuhan Medien- und
       Kommunikationswissenschaften.
       
       Danach gaben die Sportbonzen klein bei, erlaubten dem Toptalent einen
       eigenen Weg mit eigenem Trainerteam. „Erst ab diesem Zeitpunkt hatte ich
       die nötigen Freiheiten, um mich ganz zu entfalten im Tennis“, sagt Li Na.
       Als spätberufene Championspielerin stürmte sie dann in die Weltspitze,
       holte zwei Grand-Slam-Titel und brach serienweise Rekorde.
       
       ## Treffsicher auch bei den Pointen
       
       Doch auch als Meisterin der lakonischen Worte und treffsicheren Pointen
       wurde sie bekannt, etwa als sie ihren Agenten Max Eisenbud Anfang der
       Saison, nach dem Sieg bei den Australian Open, so belobigte: „Danke, dass
       du mich so reich machst.“ Ihrem Ehemann Jiang Shan sagte sie bei jener
       Gelegenheit: „Danke, dass du so ein netter Bursche bist und so viel für
       mich aufgegeben hast. Du hast aber auch viel Glück gehabt: Schließlich hast
       du mich gefunden.“
       
       Gerade weil Li Na nicht ins Raster der gehorsamen Kaderschülerin passte,
       wurde die dynamische Athletin daheim verehrt wie kaum eine zweite
       Sportgröße. Rund 150 Millionen Menschen saßen regelmäßig bei ihren
       Auftritten vor dem Bildschirm. Als sie in Melbourne ihren zweiten
       Grand-Slam-Volltreffer gelandet hatte, schickten die Benutzer des
       chinesischen Kurznachrichtendienstes Weibo stündlich an die 200.000
       Mitteilungen mit dem Slogan „LiNaSiegerinAustralianOpen“ in die Welt.
       
       „Daheim kann ich kaum noch auf die Straße gehen“, sagte Na, „da werde ich
       sofort bedrängt und um Autogramme gebeten.“ Daheim, das ist jenes Wuhan,
       das Li Na mit ihrer besonderen Verschmitztheit so erklärte. „Wenn mich
       jemand fragt, wo lebst du denn“, so Na, „dann sage ich: Ist so eine Stadt
       in China, die keiner kennt. Hat aber mehr als zehn Millionen Einwohner.“
       
       19 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jörg Allmeroth
       
       ## TAGS
       
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 (DIR) Serena Williams
       
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