# taz.de -- Volleyball-WM in Polen: Fehlender „Stinkefinger-Effekt“
       
       > Die deutschen Herren scheitern knapp im WM-Halbfinale gegen Polen. Für
       > den Verbandspräsidenten ist die fehlende TV-Präsenz noch ärgerlicher.
       
 (IMG) Bild: Die polnische Mauer stand.
       
       KATTOWITZ taz | Was war jetzt schlimmer? Das Halbfinale der Volleyball-WM
       gegen Polen verloren zu haben? Oder der Ärger darüber, dass die nationalen
       Fernsehsender so gut wie nichts von dem sporthistorischen Moment gesendet
       haben, obwohl es sogar eine vertragsrechtliche Grundlage dafür gab? Seit 40
       Jahren hatte es keine deutsche Auswahl geschafft, in den Kreis der vier
       weltbesten Volleyball-Nationen vorzudringen, 1970 hatte die DDR die WM in
       Sofia gewonnen, vier Jahre später wurde sie Vierter.
       
       Aber am späten Samstagabend, nach dem knapp verlorenen Halbfinale in
       Kattowitz, wusste im Lager der deutschen Delegation niemand, was
       ärgerlicher war. Dreizehn WM-Partien in 21 Tagen hat die Auswahl des
       Deutschen Volleyball-Verbandes bis zum Bronzespiel bestritten, achtmal
       wurde bis dahin gewonnen. Die sonst eher flatterhaft wirkenden
       Schmetterartisten hatten Mut und Können bewiesen.
       
       In der Vergangenheit waren sie bei großen Turnieren stets hoffnungsvoll
       angetreten und scheiterten oft früh. Diese Zeiten sind vorbei. Angetrieben
       von ihrem Trainer Vital Heynen aus Belgien, der seit der im Januar
       geschafften WM-Qualifikation ununterbrochen das Medaillenziel gepredigt
       hat, präsentierte sich sein Team gereifter und selbstbewusster. „Ich habe
       immer daran geglaubt, meine Mannschaft hat es ab Mai auch getan und jetzt
       haben wir gezeigt, dass wir eine Medaille verdient haben.“
       
       Zu den stärksten Kräften zählt der Diagonalangreifer Georg Grozer, der für
       seinen Verbandspräsident Thomas Krohne „einer der besten drei Spieler der
       Welt“ ist. Aber einer allein kann es nicht regeln in einem Teamsport. Als
       Grozer im dritten Satz des Halbfinals verletzt ausfiel, kam der eigentliche
       Kapitän Jochen Schöps ins Spiel und Deutschland gewann den Satz noch.
       
       ## Olympiamedaille angepeilt
       
       Dass es nicht zum Sieg gegen Gastgeber Polen gereicht hat, lag an Nuancen,
       sagt Thomas Krohne: „Wir hätten auch 3:0 gewinnen können. Aber an der einen
       oder anderen Stelle fehlt der Effenberg-Stinkefinger-Effekt.“ Der Fußballer
       wollte immer und unbedingt den Erfolg, sagt Krohne, „bei uns ist der eine
       oder andere dann doch noch zu brav.“ Aber das Abschneiden in Polen bleibt
       ein Erfolg, auf dem er aufbauen will: „Mit Blick auf die Olympischen Spiele
       in zwei Jahren in Rio können wir dort, ernsthafter als vorher gedacht,
       tatsächlich eine Medaille holen.“ Krohne ist Inhaber der sportsman media
       group aus München. Er kennt sich mit der Vermarktungsmaschinerie und dem
       Kauf und Verkauf von Sportrechten aus.
       
       Umso mehr fuchste es ihn, dass die Auftritte seiner Schützlinge so gut wie
       gar nicht im Fernsehen zu verfolgen waren. Am Freitag hatte Sport1 noch die
       Live-Übertragung des Halbfinales gegen Polen angekündigt, wenige Stunden
       später war der Deal geplatzt. „Die Agentur Pitch, die für den Weltverband
       arbeitet, hat Rechte verkauft, die sie gar nicht hat. Sport1 durfte die
       Bilder nicht im Free-TV übertragen“, sagt Krohne. Für die
       Volleyball-Freunde in Deutschland sei das eine Katastrophe. „Wir hatten
       einen Sender, der es machen wollte, aber Steine in den Weg gelegt bekam
       durch einen krassen Fehler einer Vermarktungsagentur.“
       
       Sport1 habe im guten Glauben an diesen Vertrag alle Hebel in Bewegung
       gesetzt, sein Programm verschoben und „jetzt mussten sie die Zuschauer
       informieren, dass sie die Rechte doch nicht haben“, so Krohne. „Stellen Sie
       sich vor, dass die Fifa die Fußball-WM an England vergibt und ein
       Pay-TV-Sender wie PolSat erhält die TV-Rechte, dann dürften ARD und ZDF die
       WM nicht in Deutschland übertragen, weil sie auch in England frei
       empfangbar sind.“ Das mag sich kein Fußball-Fan vorstellen können, bei den
       Volleyballern ist so etwas möglich.
       
       Krohne will sich nun mit den Verantwortlichen des Weltverbandes
       auseinandersetzen, ob es was bringt, weiß keiner. Immerhin hat sich Sport1
       schon vor Monaten die Rechte gesichert, von der am Dienstag in Italien
       beginnenden WM der Frauen alle deutschen Spiele live übertragen zu dürfen.
       Vielleicht klappt es dann mit dem Edelmetall für die Deutschen.
       Frauen-Bundestrainer Giovanni Guidetti hat nach EM-Silber 2013 die
       Messlatte hoch gelegt: „Wir wollen eine Medaille.“
       
       21 Sep 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wegener
       
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