# taz.de -- Türkischer Journalist verurteilt: Erdogan nimmt's persönlich
> Der Journalist Erol Özkoray wurde wegen Beleidigung des türkischen
> Staatschefs zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Das Verfahren ist kein
> Einzelfall.
(IMG) Bild: Graffiti in der Nähe des Taksim-Platzes im Juni 2013.
ISTANBUL/BERLIN afp/taz | Wegen Beleidigung des ehemaligen türkischen
Minister- und heutigen Staatsräsidenten Recep Tayyip Erdogan ist der
Schriftsteller und Journalist Erol Özkoray zu einer Bewährungsstrafe von
elf Monaten und 20 Tagen verurteilt worden. Ein Istanbuler Gericht habe die
Strafe am Dienstag verhängt, wie am Mittwoch aus Justizkreisen verlautet
wurde. Grund ist ein Buch, das Özkoray gemeinsam mit seiner Frau Nurten
über die Anti-Regierungsproteste des vergangenen Jahres geschrieben hat.
In dem Buch „Gezi Fenomeni“ („Das Gezi-Phänomen“) werfen die Autoren der
Regierung einen „islamischen Autoritarismus“ vor. Sie werteten dazu vor
allem Presseartikel über die Massenproteste und die Reaktion der
Sicherheitskräfte rund um den Istanbuler Gezi-Park aus. In dem Buch sind
viele Graffiti, Slogans und Tweets abgedruckt, die sich mit Erdogan
beschäftigen.
Özkoray ist nicht der einzige, der im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten
von Erdogan persönlich belangt wird. So hatte der Staatspräsident auch
gegen die bekannte Fernsehschauspielerin Gonca Vuslateri eine
Beleidigungsklage eingereicht. Die 27-jährige hatte während der Besetzung
des Gezi-Parks, bei einer von [1][Erdogans aggressiven Reden jener Tage]
getwittert: „Jetzt spricht dieser verfickte Typ schon wieder.“
Dass Erdogan, der schon die [2][Bezeichnung „Armenier“ für eine
Beleidigung] hält, persönlich Beleidigungsklagen anstrengt, ist allerdings
kein neues Phänomen. So prozessierte schon vor einigen Jahren gegen
[3][Karikaturisten der Satirezeitschrift Penguen] wegen einer missliebigen
Zeichnung.
Zugleich steht das Urteil gegen den Journalisten Özkoray im Kontext der
vielen Klagen, mit denen der türkische Staat anscheinend Rache an den
Gezi-Demonstranten nehmen möchte. Erst kürzlich hatte die
Staatsanwaltschaft [4][Anklage gegen 35 Mitglieder des Fußballfanclubs
Carsi] erhoben, in denen sie Haftstrafen zwischen sieben Jahren und
lebenslänglich fordert.
Im sogenannten Gezi-Hauptverfahren stehen zudem Vertreter der Istanbuler
Architentekten- und der Ärztekammer vor Gericht; gegen die [5][25
Angeklagen fordert die Staatsanwaltschaft bis zu 29 Jahren Haft]. Der
Türkischen Stiftung für Menschenrechte zufolge wurden bislang knapp 6.000
Menschen im Zusammenhang mit den Gezi-Protesten angeklagt. Der nun
verurteilte Journalist hatte sich im Prozess damit verteidigt, dass er und
seine Frau in ihrem Buch Parolen des Protests dokumentiert hätten. (dzy)
24 Sep 2014
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