# taz.de -- Zalando und Rocket an der Börse: Inkubator im Zenit
       
       > Ökonomische Nachhaltigkeit steht bei Zalando und Rocket Internet nicht im
       > Vordergrund. Daran werden auch die Börsengänge nichts ändern.
       
 (IMG) Bild: Rocket Internet ist auf rasanten Firmenaufbau und Wachstum ausgerichtet. Profitabilität wird bisher nachrangig behandelt.
       
       BERLIN taz | Der laut eigener Aussage „aggressivste Mann im Internet“ geht
       an die Börse. Der Oktoberanfang soll die bisherige unternehmerische
       Karriere von Oliver Samwer krönen. Der 42-jährige Konzernchef schickt
       gleich zwei Unternehmen aufs Frankfurter Parkett: Zalando und Rocket
       Internet. Europas größter, auf Mode spezialisierter Online-Händler soll am
       Mittwoch durchstarten.
       
       Die für dessen Weiterentwicklung und Finanzierung verantwortliche Berliner
       Start-up-Plattform, die seit 2007 Internet-Unternehmen am Fließband
       produziert, wird am Donnerstag folgen. An Zalando halten Samwer sowie seine
       Brüder Marc und Alexander rund 17 Prozent, an Rocket Internet 52 Prozent.
       Erlöst werden sollen, durch eine Ausgabe von neuen Aktien, über 600
       Millionen Euro für den Händler und 1,6 Milliarden Euro für die Plattform.
       
       Zalando wäre damit bis zu 5,6 Milliarden Euro wert, Rocket Internet gar 6,7
       Milliarden schwer. Der Hype hierzulande anlässlich der anstehenden
       Börsengänge ist groß, zumal erst kürzlich der chinesische Internetkonzern
       Alibaba an der Wallstreet das Rekordergebnis von 25 Milliarden US-Dollar
       einspielte. Ein Momentum, das nun Oliver Samwer nutzt. Er sagte vor einer
       Woche bei der Präsentation der eigenen Börsenpläne: „Rocket möchte das
       Alibaba für die Welt außerhalb der USA und Chinas werden.“ Das Unternehmen
       ist ein sogenannter Inkubator, der jungen Existenzgründern Kapital, Büros
       und Know-how zur Verfügung stellt. Im Gegenzug erhält man dafür
       Beteiligungen an der neuen Firma.
       
       Über 70 Start-ups, die weltweit in Onlinemärkten mit vermeintlich hohem
       Entwicklungspotenzial wie Brasilien oder Russland angesiedelt sind, stehen
       im Portfolio von Rocket Internet. Viele sind Kopien erfolgreicher
       Geschäftsmodelle im Netz und machen deutliche Verluste.
       E-Commerce-Unternehmen bräuchten traditionell „sieben bis zehn Jahre“, bis
       sie profitabel seien, sagte Oliver Samwer dem ZDF noch vor ein paar Wochen.
       Im Börsenprospekt von Rocket Internet wird klarer auf Risiken hingewiesen:
       „Nahezu all unsere Unternehmen (…) werden möglicherweise nie gewinnbringend
       oder zahlungsmittelgenerierend sein.“
       
       ## Ausgerichtet auf rasanten Firmenbau und Wachstum
       
       Fakt ist: Der Inkubator basiert nicht vornehmlich auf ökonomischer
       Nachhaltigkeit. Rocket Internet ist auf rasanten Firmenaufbau und Wachstum
       ausgerichtet. Profitabilität wird bisher nachrangig behandelt. Auch der
       Börsengang soll wohl dazu dienen, neu zu investieren und die bereits unter
       dem Rocket-Dach versammelten Unternehmen länger zu betreuen. Ein gewagtes
       Unterfangen, zumal die Plattform im ersten Halbjahr 2014 Verluste von 13,3
       Millionen Euro auswies. Dazu passt, dass die Aktien des Inkubators vorerst
       im Entry-Standard, einem weniger transparenten Börsensegment, gehandelt
       werden. Bilanzen müssen nur halbjährlich veröffentlicht werden.
       
       Bei Zalando sehen die Zahlen erst seit kurzem – passend zum Börsengang –
       besser aus. Der Modeversender, der dank kostenintensiver TV-Spots schnell
       landesweit bekannt wurde, wies in den ersten beiden Quartalen 2014 erstmals
       Gewinne aus. Angesichts einer sehr hohen Rücksendequote von 50 Prozent und
       einem zuletzt gesunkenen jährlichen Wachstum – 2012 127 Prozent; 2013 52
       Prozent – erscheint auch hier eine dauerhaft positive Prognose fragwürdig.
       
       Für den ehemaligen Investmentbanker Rainer Voss ist die derzeitige Euphorie
       um die Börsengänge beider Unternehmen ein Warnsignal: „Es ist ein Baustein
       in der momentanen Überhitzung der Märkte.“ Ihn erinnert die derzeitige
       Situation an die geplatzte „Dotcom-Blase“ Anfang der 2000er Jahre. „Damals
       wurden New-Economy-Unternehmen von Investoren und an der Börse gefeiert,
       die in erster Linie viel Geld verbrannten“, sagt Voss. Die Zeche zahlte
       damals der Kleinanleger.
       
       Jedenfalls scheint es weder bei Zalando noch bei Rocket Internet zu wenig
       Investoren zu geben. Der Start-up-Inkubator zog den Börsengang vor.
       Ursprünglich sollten die Aktien am 9. Oktober in Frankfurt gehandelt
       werden. Der Grund sei das große Interesse an den Anteilsscheinen, hieß es.
       Die Bücher sind demzufolge bereits deutlich überzeichnet. Kleinanleger
       dürften dabei kaum zum Zug gekommen sein.
       
       1 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Scheper
       
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