# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Wunderbar und dringend nötig“
       
       > Wer seine Kinder anleint, sollte sich vorher erst mal selbst anleinen,
       > meint „Super Nanny“ Katharina Saalfrank. Andere finden: super Signal!
       
 (IMG) Bild: Gut fürs Kind?
       
       Den Gurt um die Schulter legen und dann nicht mehr loslassen:
       Kinderlaufgurte werden mittlerweile von vielen Babyausstattern angeboten.
       Sie werden dem Nachwuchs umgebunden, um ihn in Reichweite zu halten und
       nicht auf offene Straßen laufen zu lassen. Sie werden verkauft, sie werden
       benutzt – und sie erinnen an Hundeleinen. Kann das gut für Kinder sein?
       
       „Nein“, sagt die Diplompädagogin Katharina Saalfrank, bekannt aus dem
       TV-Format „Die Super Nanny“, im sonntaz-Streit der Woche. Eltern, die eine
       Kinderleine in Erwägung ziehen, schlägt sie zunächst den Selbstversuch vor:
       „Lassen Sie sich einige Stunden konsequent in der Stadt an der Leine
       halten.“ Das sei durchaus vergleichbar. „Auch Kinder haben schon sehr früh
       eine genaue Empfindung von Würde.“ Kinder bräuchten den direkten Kontakt zu
       Eltern, keine Leine. „Das ist auch mal anstrengend für die Eltern, ja!“
       
       Auch Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft,
       meint, Verantwortung für Kinder zu übernehmen sei zwar anstrengend und
       manchmal nervig. Aber „für das Wertvollste, das unsere Gesellschaft
       besitzt, darf das auch so sein“. Kinderlaufgurte hält er für nichts anderes
       als verschönerte Hundeleinen. Das Anleinen, schreibt er: „Ein klarer
       Verstoß gegen die Menschenwürde – und die hat kein Mindestalter!“
       
       In Einzelfällen könnte es sogar rechtlich als Verstoß gelten. Ein Kind
       anzuleinen, so argumentiert Giuseppe M. Landucci, Rechtsanwalt für
       Familienrecht aus Köln, sei erniedrigend. „Wer sein Kind in der Stadt
       anleint, gibt es der Lächerlichkeit preis.“ Es könne „unter Umständen eine
       Freiheitsberaubung“ darstellen.
       
       Hierin scheinen sich Juristen nicht einig zu sein. Thomas Breitenbach,
       Rechtsanwalt und Mediator aus Göttingen, glaubt, Eltern, die ein
       Kindergeschirr benutzen, setzten es ja im Sinne des Kindeswohls ein – und
       das sei „im gesamten Familienrecht wesentliches Kriterium der
       Interessenabwägung zwischen den Rechten des Kindes und den Rechten derer,
       die mit Kindern zu tun haben.“ Dazu gehöre jedoch, die Leine zu gegebener
       Zeit wieder zu lösen.
       
       Leine? Auf jeden Fall, findet Thomas Lindemann, Ko-Autor des Bestsellers
       „Kinderkacke“. Kindererziehung sei schließlich der anstrengendste Job der
       Welt. „Ich hab beim Film große Leuchten geschleppt und bin im Schwarzwald
       verkatert einen Tausender hochgestiegen. Alles ein Witz dagegen.“ Jeder,
       der Kinder habe, habe doch insgeheim schon mal eine solche Leine gewollt.
       „Wenn das Tabu nun fällt, ist das zwar barbarisch“, schreibt er in der
       sonntaz. „Als Signal im öffentlichen Raum aber wunderbar und dringend
       nötig.“
       
       Die Streitfrage in dieser Woche beantworten außerdem Ann-Dorothee Schlüter,
       Kostümhistorikerin mit dem Schwerpunkt Kinderkleidung; Ute Glaser, Autorin
       vieler Erziehungsratgeber sowie taz-Leser Manuel Belig und taz-Leserin
       Katja Hoppe in der taz am wochenende vom 4./5. Oktober 2014.
       
       4 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Paddy Bauer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Streitfrage
 (DIR) Kinder
 (DIR) Leine
 (DIR) Erziehung
 (DIR) Kinder
 (DIR) Streitfrage
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Der sonntaz-Streit: Darf man Kinder an der Leine führen?
       
       Ein Kind wie einen Hund an die Leine nehmen? Das klingt für viele absurd.
       Doch was soll man tun, wenn Kinder einfach auf die Straße rennen?
       
 (DIR) Der sonntaz-Streit: Braucht es fürs Spenden einen Kick?
       
       Spendenkampagnen müssen immer kreativer werden, um erfolgreich zu sein.
       Aktuell lässt Eiswasser das Geld fließen.