# taz.de -- Berlins Olympiabewerbung: Gesucht: Sommermärchen Nr. 2
       
       > Olympische Spiele in Berlin - kann das überhaupt funktionieren? Nur, wenn
       > sie deutlich billiger werden, sagen Experten.
       
 (IMG) Bild: Auch kein Vorbild: In Sotschi sparte man einfach an den Ringen.
       
       Wer sich an die heftigen Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und
       Befürwortern der Berliner Olympiabewerbung 2000 vor gut 20 Jahren erinnert,
       ist erstaunt, wie sachlich heute über eine erneute Kandidatur für Olympia
       2024 an der Spree debattiert wird. Denn wieder geht es um sehr viel Geld,
       um ein Großprojekt eines umstrittenen Veranstalters – das IOC –, den
       Stadtumbau sowie um die Fragen: Passt das den Berlinern überhaupt? Und wie
       beteiligt man die Stadtgesellschaft an dem langwierigen Prozess?
       
       Berlin hat, neben der Hansestadt Hamburg, beim Deutschen Olympischen
       Sportbund (DOSB) seine „Interessenbekundung“ als Austragungsort für die
       Spiele 2024 eingereicht: Zwei Milliarden Euro soll die Olympiade kosten,
       „kein Gigantismus“ ist geplant, viele bestehende und temporäre Sportstätten
       sollen genutzt werden. Das klingt erst einmal „nicht nur schlecht“, so die
       Meinung der Akteure der Opposition im Parlament plus dem Bündnis
       „NOlympia“, die am Dienstagabend zur Diskussion „Olympische Sommerspiele
       2024?“ im Rahmen der Berliner Wirtschaftsgespräche gekommen waren. Aber:
       Das reiche nicht.
       
       „Wer sich heute um Olympische Spiele bewirbt, muss nicht nur eine genaue
       Kostenkalkulation vorlegen, sondern auch klar sagen, wie die Beteiligung
       der Bürger an dem Konzept aussehen soll“, kritisierte Ramona Pop,
       Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen. „Wir warten darauf, dass der
       Senat das jetzt vorlegt und organisiert.“ Das Thema Olympia sei „nur
       vereinbar mit dem Thema Partizipation der Bevölkerung“.
       
       In der Tat will der Senat, das räumte Andreas Statzkowski,
       CDU-Staatssekretär in der Sportverwaltung, ein, „daran arbeiten, dass die
       Olympiabewerbung bei den Berlinern noch ankommt.“ Es werde derzeit alles
       getan, mit den Verbänden oder Parteien zu besprechen, „was für ein
       hervorragender Kandidat Berlin ist.“ Darüber einen Konsens, „ein Wir-Gefühl
       wie beim WM-Sommermärchen 2006“ herzustellen, bleibe eine der wichtigsten
       Aufgaben. Nach letzten Umfragen seien 50 Prozent der Berliner für die
       Olympiabewerbung, so Statzkowski stolz. Wann das Beteiligungskonzept folgen
       soll, blieb er jedoch schuldig.
       
       Dass an der Kostenschraube auch noch gedreht werden müsste – und zwar nach
       unten – meinten gleich zwei Teilnehmer am Dienstagabend: Klaus Böger,
       ehemaliger SPD-Sportsenator und aktuell als Präsident des Landessportbundes
       (LSB) „klar für Olympia“, sowie Udo Wolf, Linkenfraktionschef, aktiver
       Sportler, aber Gegner der Spiele. Nach Ansicht Bögers befindet sich das IOC
       in einem „Reformprozess, der positiv ist“. Milliardenteure Megaspiele wie
       etwa in Peking oder Sotschi würden dort heute hinterfragt, glaubt Böger.
       Deshalb sei die Berliner Bewerbung mit 50 Prozent bestehenden Sportstätten,
       20 Prozent neuen und 30 Prozent temporären Bauten „wie ein Signal“.
       
       ## Problematische Millliarde
       
       Dass die temporären Sportanlagen für Berlin 2024 jedoch eine Milliarde Euro
       kosten sollen und später nicht nutzbar sind, beunruhigte den LSB-Chef. „Ich
       habe ein Problem mit der einen Milliarde für temporäre Sportstätten. Das
       ist viel Geld, da muss man noch was machen“, ärgerte Böger Statzkowski.
       
       Für Wolf beinhaltet die olympische Kostenschätzung von zirka zwei
       Milliarden Euro hingegen „ein Haushaltsrisiko für das Land Berlin“. Jetzt,
       da die Politik „endlich den Weg der Konsolidierung geht“, sei es
       unverantwortlich, sich ein derartiges Großprojekt – vergleichbar dem des
       BER – aufzuhalsen, polterte Wolf. So lange nicht alle Zahlen, Bilanzen
       sowie die IOC-Verträge auf dem Tisch lägen, sei „Olympia für Berlin nicht
       denkbar“.
       
       Die Berliner werden den Weg Richtung Olympia nicht mitgehen, wenn keine
       Klarheit über die Beteiligung, die Kosten und die Auswirkungen für die
       Stadt herrscht – darüber war man sich sich in der Runde einig. Letztlich
       blieben aber solche Projekte „immer ein unkalkulierbares Risiko“, sagte
       Pierantonino Rumignani, Exbanker und heute beim Bündnis NOlympia. „Es gibt
       keine Gewissheit, dass olympische Spiele Gewinne bringen.“ No risk, no fun,
       wird sich Klaus Böger da vielleicht gedacht haben.
       
       1 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rolf Lautenschläger
       
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