# taz.de -- Nationalparkleiter über Schutzgebiet: „Ölsuche im Park ist illegal“
       
       > Der Virunga-Nationalpark im Kongo bleibt trotz eines Moratoriums von der
       > Ölförderung bedroht, sagt Parkleiter Emmanuel de Merode.
       
 (IMG) Bild: Geschützt und bedroht zugleich: die Virunga-Berge im Osten der Demokratischen Republik Kongo.
       
       taz: Herr de Merode, vor fünf Monaten sind Sie bei einem Anschlag fast ums
       Leben gekommen. Wie geht es Ihnen heute? 
       
       Emmanuel de Merode: Sehr gut. Ich hatte Glück. Ich bekam eine Kugel in den
       Bauch und in den Magen, aber die getroffenen Organe heilten schnell. Ich
       fühle mich wiederhergestellt.
       
       Weiß man inzwischen, wer auf Sie geschossen hat und wer das anordnete? 
       
       Es laufen Ermittlungen. Selbst wenn ich es wüsste, und ich weiß es nicht,
       könnte ich nichts sagen.
       
       Es wurde ein Zusammenhang zwischen dem Attentat auf Sie und der von Ihnen
       bei Kongos Behörden eingereichten Beschwerde über die Aktivitäten der
       Ölfirma Soco im von Ihnen geleiteten Virunga-Nationalpark hergestellt. 
       
       Wir waren tatsächlich 2010 gebeten worden, die Aktivitäten von Soco zu
       untersuchen, und am Tag des Attentats legten wir unseren Bericht vor.
       Darüber hinaus kann ich nichts sagen, alles andere wäre Spekulation.
       
       Seitdem hat Soco sich in einer Vereinbarung mit dem WWF (World Wildlife
       Fund) verpflichtet, die Ölsuche im Nationalpark einzustellen. Sind Sie
       zufrieden? 
       
       Ich wäre zufrieden, wenn diese Vereinbarung mit der Wirklichkeit
       übereinstimmte. Leider ist das nicht der Fall. Soco betreibt ein
       Ölexplorationsprogramm, das illegal ist in dem Maße, wie es im
       Virunga-Nationalpark stattfindet, und dieses Programm wird weiter
       durchgeführt. Die seismischen Studien wurden zu Ende geführt, jetzt werden
       sie ausgewertet. All das war bereits beschlossen, es hat sich nichts
       geändert. Daher ist es voreilig, den Sieg zu erklären. Es rechtfertigt auf
       keinen Fall, die Wachsamkeit zu verringern.
       
       Sie sagen, das Programm ist illegal. Soco sagt, es habe die Ölkonzession
       seit 2007, den Ölvertrag mit Kongos Regierung seit 2010 und ein
       Präsidialdekret. 
       
       Soco kann sagen, was es will. Es kommt auf die Gesetzestexte an. Die sind
       klar. Ölexploration in einem Weltnaturerbe ist verboten, das ist in
       internationalen Konventionen geregelt und das hat im Kongo Verfassungsrang,
       denn laut Artikel 215 der Verfassung hat jedes vom Parlament ratifizierte
       internationale Abkommen Vorrang vor der nationalen Gesetzgebung. Der
       Virunga-Park ist seit 1974 Weltnaturerbe. Dies verleiht ihm den höchsten
       Schutz, und es ist daher unter kongolesischem Gesetz illegal, in ihm nach
       Öl zu bohren.
       
       Jenseits der Rechtsfragen, warum ist Ölsuche schlecht? Kongos Ölministerium
       sagt, man kann horizontale Bohrungen vornehmen, die keine Umweltschäden
       verursachen. Soco sagt, es werde nie den Lebensraum der Gorillas anrühren. 
       
       Ich kann das nicht als Experte beantworten. Ich kann nur sagen, dass der
       einzige Schutz für ein Schutzgebiet das Gesetz ist. Wenn man das Gesetz
       bricht, endet der gesamte Schutz. Es gibt für einen Nationalpark keine
       größere Bedrohung. Wir arbeiten in einem Rechtsstaat, der sicherlich durch
       Krieg geschwächt ist, aber in dem dennoch Beamte und Institutionen sich
       große Mühe geben, Respekt vor dem Gesetz einzufordern. Wenn eine
       ausländische Firma das nicht tut, wird dies viel schwieriger. Darum geht
       es. Klar, man kann Ölsuche ohne Schäden machen, aber wenn dies zu Lasten
       des Gesetzes gibt, ist die Zukunft des Parks und die Wiederherstellung
       eines Rechtsstaats im Kongo als Grundlage einer Befriedung.
       
       Welche wirtschaftlichen Alternativen gibt es zum Öl? 
       
       Wir haben geprüft, welche Ressourcen im Park nachhaltig bewirtschaftet
       werden können und der Bevölkerung den größtmöglichen Nutzen bringen:
       Tourismus und Energie. Denn es ist ein sehr gebirgiger, regenreicher Park
       mit Wasserläufen, die zum Teil von den Wäldern konstant gehalten werden,
       und aus deren Energie Strom gewonnen werden kann. Mit diesem Strom kann
       eine lokale Agrarindustrie entstehen, die sehr viele Arbeitsplätze schaffen
       würde. Nachhaltige Landwirtschaft sowie die Fischerei im Edward-See, von
       der über 40.000 Menschen leben, sind eine Alternative zum Öl. Sie können
       über 100.000 Arbeitsplätze schaffen.
       
       Sie bauen jetzt schon ein Wasserkraftwerk im Park. Sind Sie jetzt selbst
       Unternehmer und machen der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft
       Konkurrenz? 
       
       Wir müssen nicht in Konkurrenz eintreten. Man kann zusammenarbeiten. Aber
       wir sind natürlich Unternehmer und wir müssen es sein, um die Zukunft des
       Parks zu sichern.
       
       Sollten Sie und Kongos Naturschutzbehörde ICCN sich nicht auf den
       Naturschutz beschränken? 
       
       Dann wäre der Park zum Scheitern verurteilt. Es leben über vier Millionen
       Menschen weniger als einen Tagesmarsch vom Parkrand entfernt. Die
       demografische Entwicklung rund um den Park ist rasant. Es gibt schon jetzt
       illegale Fischerei und Zerstörung der Wälder zur Gewinnung von Holzkohle.
       Unsere Parkwächter sind mit enormen Problemen konfrontiert. Wenn man nicht
       auf die Bedürfnisse der Menschen eingeht, werden sie selber den Park in
       Ackerland verwandeln. Das ist langfristig ihr gutes Recht. Der Park wird
       zwangsläufig zerstört werden, außer wenn sein Fortbestand den Bevölkerungen
       mehr bringt als seine Zerstörung.
       
       10 Oct 2014
       
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