# taz.de -- Weltraumtourismus in Schottland: The Sky Is Not The Limit
       
       > Noch ist nichts entschieden. Im schottischen Lossiemouth hoffen dennoch
       > viele, dass hier ab 2018 Ausflüge ins All starten.
       
 (IMG) Bild: Die Royal Air Force fliegt schon über Lossiemouth: Ein Weltraumbahnhof könnte Touristen locken, hoffen viele.
       
       LOSSIEMOUTH taz | „Mann, wäre das geil“, meint Ryan Main. „Das würde dem
       Ort richtig Auftrieb geben.“ Der Ort ist Lossiemouth an der Nordspitze des
       Bezirks Moray im Nordosten Schottlands. Lossiemouth, auf Schottisch Inbhir
       Losaidh, ist einer von acht möglichen Standorten für einen britischen
       Weltraumbahnhof. Sechs davon liegen in Schottland.
       
       Schon 2018 soll der Bahnhof für bemannte Flüge und für den
       Satellitentransport betriebsbereit sein, demnächst will die Regierung über
       den Standort entscheiden. Für Lossiemouth spricht, dass sich der britische
       Milliardär und Ballonfahrer Richard Branson dafür einsetzt. Sein
       Unternehmen Virgin Galactic wird schon Anfang nächsten Jahres einen
       kommerziellen Weltraumflug vom „Spaceport America“ im US-Staat New Mexico
       starten.
       
       „Es würde unseren Ort völlig verändern“, sagt Ryan Main. „Kleine Küstenorte
       sind immer benachteiligt, aber ein Weltraumbahnhof würde Geschäfte und
       Touristen anziehen.“ Der schmächtige 17-Jährige mit leicht gewellten
       dunklen Haaren und einer rechteckigen Brille ist in Lossiemouth geboren.
       Sein Großvater stammte aus Polen, er war nach dem Zweiten Weltkrieg nach
       Lossiemouth gekommen. „Jeder kennt hier jeden“, sagt Main, „es ist eine
       tolle Gemeinschaft.“
       
       Er kann sich nicht vorstellen, einmal von hier wegzuziehen, auch wenn die
       Arbeitsmöglichkeiten beschränkt sind. „Die Küste, die Aussicht, die Strände
       mit dem Golfplatz – ich würde das vermissen“, glaubt er. Seit einem Jahr
       arbeitet er im Hotel Stotfield, das direkt am Meeresarm Moray Firth liegt.
       
       ## Der Armstrong-Clan
       
       Die Schotten reklamieren den Astronauten Neil Armstrong für sich. Der Clan
       Armstrong ist im südschottischen Langholm ansässig, und nachdem der
       gebürtige US-Amerikaner von seiner Mondreise zurückgekehrt war, bot ihm
       Langholms Stadtschreiber, ein Eddie Armstrong, die Ehrenbürgerwürde an. Zur
       Überraschung aller kam Neil Armstrong 1972 tatsächlich. „Am schwierigsten
       ist es, in der eigenen Heimat anerkannt zur werden“, sagte der Mondbesucher
       in seiner Dankesrede, „und ich sehe Langholm jetzt als meine Heimatstadt.“
       
       Großbritannien spielte trotz Armstrong in der Weltraumforschung keine
       Rolle. Als der Wettlauf zum Mond begann, gab es das britische Weltreich
       nicht mehr, und man ließ den USA und der Sowjetunion den Vortritt beim
       „großen Schritt für die Menschheit“. Doch inzwischen geht es um
       kommerzielle Interessen, und da möchte Großbritannien mitmischen. Die
       Regierung hofft auf Privatinvestoren beim Bau des Weltraumbahnhofs.
       
       „Der Weltraum ist ein großes Geschäft für Großbritannien“, sagt
       Wirtschaftsminister Vince Cable. „Er trägt jetzt schon jedes Jahr 11,3
       Milliarden Pfund zur britischen Wirtschaft bei und sichert fast 35.000
       Arbeitsplätze.“ Bis 2030 sollen es 40 Milliarden Pfund sein, man will sich
       10 Prozent der Marktanteile sichern. Deshalb müsse man sich sputen und
       Großbritannien auf die neuen Technologien vorbereiten, damit in vier Jahren
       alles bereit sei, sagt Cable.
       
       ## Präriehühner gibt es hier nicht
       
       Die Regierung hat die Rahmenbedingungen für den Weltraumbahnhof geschaffen,
       bürokratische Hürden sind keine zu überwinden. Über die Lärmbelästigung
       muss man sich allerdings noch Gedanken machen. In den USA wurde ein
       Flughafen für Weltraumflüge gesperrt, weil der Überschallknall das
       Paarungsritual von Präriehühnern beeinträchtigen könnte. „Die gibt es in
       Lossiemouth nicht“, sagt Main.
       
       Ein wenig Erfahrung hat Großbritannien mit Weltraumexpeditionen schon
       gesammelt. 1971 schoss man den Kommunikationssatelliten „Prospero“ mit
       einer Black-Arrow-Rakete ins All – allerdings nicht, wie geplant, von
       Schottland aus. Experten warnten damals, dass die abgestoßenen
       Treibstoffkapseln auf die Ölbohrinseln stürzen könnten. So wich man
       vorsichtshalber nach Südaustralien aus.
       
       Heutzutage ist das nicht mehr zu befürchten. Das Raumschiff SpaceShipTwo,
       das Bransons Unternehmen Virgin Galactic entwickelt hat, wird von einem
       Mutterschiff in eine Höhe von 10.000 Metern getragen, bevor es gelöst und
       von Raketentriebwerken binnen 80 Sekunden auf 60 Kilometer Höhe
       katapultiert wird. Dann werden die Triebwerke abgeschaltet, und das
       Trägheitsmoment bringt das Raumschiff auf 100 Kilometer hoch, wo die
       Passagiere sechs Minuten lang Schwerelosigkeit erleben, bevor es wieder
       nach Hause geht. Der zweieinhalbstündige Flug kostet 145.000 Pfund.
       
       ## Mit Einverständniserklärung
       
       Natürlich ist die Sache nicht ungefährlich. Die britische Zivile
       Luftfahrtbehörde schätzt, dass ein Space Trip bis zu tausendmal
       gefährlicher als ein Transatlantikflug sein könnte. Deshalb müssen die
       Raumschiffe als „experimentelle Flugzeuge“ deklariert werden, für die nicht
       die normalen Sicherheitsvorkehrungen gelten. Den Passagieren müssen die
       Risiken erklärt werden, sie müssen eine Einverständniserklärung abgeben.
       
       Dennoch gibt es keinen Mangel an potenziellen Kunden. Dave Clark, der bei
       Virgin Galactic die Kunden betreut, hat bereits Anzahlungen in Höhe von
       mehr als 50 Millionen Pfund von 650 Kunden entgegengenommen, darunter die
       Schauspieler Tom Hanks, Brad Pitt, Ashton Kutcher und Angelina Jolie, die
       Rennfahrer Rubens Barrichello und Niki Lauda, der Wissenschaftler Stephen
       Hawking sowie der Sängerknabe Justin Bieber.
       
       „Ich würde das sofort machen“, sagt auch Ryan Main. „Es wäre die Reise
       meines Lebens.“ Lossiemouth, Partnerstadt von Hersbruck in Franken, bietet
       fast ideale Bedingungen für einen Weltraumbahnhof, hofft er. Der Ort mit
       7.000 Einwohnern lebt von dem Luftwaffenstützpunkt der Royal Air Force
       (RAF). Dort würde der Weltraumbahnhof entstehen, und er wäre nicht einmal
       sonderlich teuer. Man benötigt eine drei Kilometer lange
       Start-und-Lande-Bahn sowie wenig normalen Luftverkehr.
       
       ## Störfaktor Wetter
       
       Aus Sicherheitsgründen soll der Weltraumbahnhof in Meeresnähe liegen, weil
       dadurch die Folgen von „abnormalen abwärts gerichteten Vorfällen“ – sprich
       Abstürzen – gemindert würden. Gegen Lossiemouth spricht allerdings das
       Wetter: „Der viele Regen und die starken Winde könnten die Zahl der Flüge
       und damit das wirtschaftliche Potenzial beschränken“, fürchtet Main.
       
       Der RAF-Stützpunkt liegt am Westrand des Ortes. Im Zweiten Weltkrieg wurden
       hier Piloten ausgebildet, und die Bomberkommandos starteten von hier nach
       Deutschland. Um vom Stützpunkt abzulenken, baute man 1940 acht Kilometer
       südwestlich einen zweiten, bedeutungslosen Stützpunkt als Köder. Noch heute
       sieht man in dem Kieferwäldchen die Verteidigungsanlagen mit Bunkern und
       Betonsperren für Panzer.
       
       Früher lebte Lossiemouth von der Fischerei, heute sorgt der
       Luftwaffenstützpunkt für 21 Prozent aller Jobs, direkt und indirekt. Auf
       dem Gelände parkt vorne ein Tornado-Kampfflugzeug, die Eingangsschranke
       wird von einem Soldaten bewacht. Seinen Namen will er nicht nennen, aber er
       sagt: „Der Weltraumbahnhof wäre toll. Es gibt nichts, wofür er nicht gut
       wäre.“
       
       ## „Alle Pubs wären voll“
       
       Ein paar hundert Meter weiter an der Straße gegenüber dem Stützpunkt liegt,
       etwas versteckt, die Coulard Bar. Die Einfahrt zum Parkplatz ist von
       Sträuchern umrankt, ein unscheinbares Schild an dem alten Gemäuer weist auf
       den Pub hin. Doch innen ist alles modern. Hinter der Theke schmeißen zwei
       rundliche Frauen mittleren Alters den Laden souverän. Neben dem Eingang
       hängt ein Fernseher, an der hinteren Wand hängt ein zweiter. Auf beiden
       laufen unterschiedliche Programme. In den Lärm mischt sich eine Jukebox aus
       einem Nebenraum, der für die Dorfjugend reserviert ist.
       
       Neun oder zehn Teenager sitzen dort auf roten Sesseln, die meisten sind von
       der Vorstellung eines Weltraumbahnhofs vor ihrer Haustür begeistert.
       „Vielleicht gibt es ja einen Preisnachlass für Ortsansässige“, hofft
       Thomas, ein 18-jähriger, der auf die Oberschule in der Kreishauptstadt
       Elgin geht. „Sozusagen als Ausgleich für die Lärmbelästigung.“
       
       Fast alle würden den Trip ins All mitmachen, wenn sie es sich leisten
       können. Nur Angus warnt: „Was soll dann aus unserer Stammkneipe werden? Es
       würde von Touristen wimmeln, und die Coulard Bar liegt nun mal am
       Luftwaffenstützpunkt. Alle Pubs wären voll.“ Das Argument zieht nicht bei
       den anderen. Sollte es wirklich einen Ansturm von Weltraumtouristen geben,
       würden auch neue Kneipen entstehen, meinen sie.
       
       Wenn die Weltraumflüge etabliert sind und das Geschäft blüht, soll ein
       Suborbitalflug nicht mehr als 2.000 Pfund kosten, kalkulieren die
       Unternehmen. So viel kostet heute die Besteigung des Mount Everest.
       
       Der Everest interessiere ihn nicht, sagt Ryan Main: „Aber für einen
       Weltraumflug würde ich sparen, das könnte ich mir sogar von meinem Lohn als
       Hotelangestellter leisten.“ Beim Unabhängigkeitsreferendum hat er auch
       deswegen mit Nein gestimmt, damit sich die Pläne der britischen Regierung
       für einen Weltraumbahnhof in Lossiemouth nicht in Luft auflösen.
       
       22 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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       Gerade für die Jüngeren ist die Frage der Abspaltung deshalb noch nicht
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 (DIR) Nach dem Unabhängigkeitsreferendum: Das Königreich wird föderaler
       
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       EADS-Tochter Astrium steigt in den Weltraumtourismus ein. Bis 2020 erwartet
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       sichern.