# taz.de -- Umkämpfte Stadt Kobani: Angriff von drei Seiten
       
       > Einwohner der syrischen Grenzstadt sprechen von Atemnot und
       > Ohnmachtsanfällen. Ob wirklich Chemiewaffen eingesetzt wurden, ist völlig
       > unklar.
       
 (IMG) Bild: Auf dem Friedhof der türkischen Stadt Suruc werden Gräber für getötete kurdische Kämpfer ausgehoben.
       
       ISTANBUL taz | In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat der Islamische
       Staat (IS) in der seit Wochen umkämpften syrischen Stadt Kobani
       möglicherweise Chemiewaffen eingesetzt. Dies berichteten kurdische
       Verteidiger der Grenzstadt. Die Kovorsitzende der kurdischen DYP, Asya
       Abdullah, sagte gegenüber dem deutschen „Kurdischen Zentrum für
       Öffentlichkeitsarbeit Civaka Azad“ telefonisch aus Kobani, viele Menschen
       im Osten der Stadt würden über Atemnot, Hautrötungen und Ohnmachtsanfälle
       klagen. Die Symptome deuteten auf den Einsatz von Chemiewaffen hin. Ob es
       sich wirklich um Giftgas handele, wisse man noch nicht, dazu fehlte in
       Kobani die nötige Untersuchungstechnik.
       
       Gegenüber der BBC-Korrespondentin Jenan Moussa bestätigte ein Arzt aus der
       Ambulanz von Kobane telefonisch die Vorfälle. Er sagte aber auch, es sei zu
       früh, um abschließend sagen zu können, ob wirklich Giftgas eingesetzt
       worden sei. Die Verletzten sollen nun in ein türkisches Krankenhaus
       gebracht werden, wo festgestellt werden kann, ob tatsächlich Chemiewaffen
       eingesetzt wurden.
       
       Derzeit sind die IS-Milizen dabei, noch einmal alle Kräfte aus der Umgebung
       von Kobani zusammenzuziehen, um trotz des erfolgreichen Widerstands der
       Kurden in den vergangenen Tagen die Stadt doch noch zu erobern. In einer
       Liveschaltung während einer Solidaritätsveranstaltung in Istanbul sagte der
       Bürgermeister von Kobani, Enver Muslim, der IS hätte die Stadt erneut von
       drei Seiten angegriffen. IS-Milizen seinen immer noch in zwei Stadtteilen
       im Osten Kobanis präsent. Muslim bestätigte die Waffenlieferungen durch
       US-Flugzeuge aus der Luft und bedankte sich dafür. Man brauche zwar noch
       mehr Waffen, aber zunächst hätten die Verteidiger wieder Munition, um
       weiterkämpfen zu können.
       
       Von den 28 Paketen, die die US-Luftwaffe über Kobani abgeworfen hat, ist
       offenbar mindestens eins bei den IS-Milizen gelandet. Wie die Dschihadisten
       in einem Video zeigen, öffnen sie eine Holzkiste mit Waffen, in denen sich
       auch Handgranaten aus deutscher Produktion befinden. Dabei soll es sich um
       ältere Modelle handeln, die nicht mit denen identisch sind, die die
       Bundeswehr an die Peschmerga im Irak geliefert hat.
       
       ## Bislang sind noch keine irakischen Peschmerga angekommen
       
       Unstimmigkeiten gibt es offenbar über den angekündigten Einsatz irakischer
       Peschmerga zur Unterstützung von Kobani. Der türkische Außenminister Mevlüt
       Cavusoglu sagte, die Türkei sei zwar einverstanden, dass die Iraker über
       türkisches Territorium nach Kobani gelangen, es werde aber noch über
       Details der Route verhandelt. Enver Muslim bestätigte via Skype aus Kobani,
       dass dort noch keine Peschmerga eingetroffen sind.
       
       Die in Kobani tonangebende DYP sieht in den Peschmerga nicht nur Helfer im
       Kampf gegen den IS, sondern auch eine politische Konkurrenz. Muslim betonte
       deshalb, sie hätten lieber einen Korridor über türkisches Gelände zu den
       anderen kurdischen Kantonen in Nordsyrien. Dort gäbe es genug Kämpfer, die
       auf ihren Einsatz warten würden.
       
       Meldungen aus dem Irak zufolge wurden die jesidischen Kurden in Sindschar
       erneut von IS-Milizionären angegriffen, die jetzt, wie in Kobani, einen
       Belagerungsring um den Ort und die dortigen Berge gelegt hätten. In
       Propagandavideos kündigten IS-Sprecher wiederholt an, sie wollten die
       Jesiden im Nordirak vollständig vernichten.
       
       22 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kobani
 (DIR) Schwerpunkt Türkei
 (DIR) Kurden
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Chlorgas
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Kobani
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Dschihad
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Jesiden
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) IS-Kriegsführung im Irak: Mit Chlorgas vergiftet
       
       Einer US-Zeitung liegen Informationen über einen Giftgas-Einsatz der
       IS-Terrormiliz vor. Außenminister Steinmeier will sie zum Thema bei der UNO
       machen.
       
 (DIR) Transfer getöteter Syrer aus Kobani: Zehn Kilometer bis zum Grab
       
       Zum Beerdigen werden tote Syrer aus Kobani ins türkische Suruc gebracht.
       Irakische und türkische Kurden wollen in die andere Richtung.
       
 (DIR) Schlacht um syrische Grenzstadt: IS-Großoffensive auf Kobani
       
       Dschihadistische Kämpfer haben einen drei Kilometer breiten Korridor
       erobert. Damit bringen sie sich gegen die angekündigte kurdische
       Verstärkung in Stellung.
       
 (DIR) Debatte Syrien und IS: Volltreffer für die Terroristen
       
       Der eindimensionale Kampf gegen den IS entfernt uns von unseren
       eigentlichen Partnern: den moderaten syrischen Oppositionellen.
       
 (DIR) Motive von Frauen für den Dschihad: Salafismus als Befreiung
       
       Aus Deutschland reisten mindestens 40 Frauen Richtung Syrien. Was bringt
       sie dazu? Oft sind es Männer und klare Rollen, sagen Experten.
       
 (DIR) Kommentar Regierungsbildung im Irak: Ganz falsches Zeichen aus Bagdad
       
       In Bagdad wird ein Innenminister ernannt, der für die Verschleppung und
       Ermordung Tausender Sunniten verantwortlich ist.
       
 (DIR) Kommentar Ideologie des IS: Völkermord mit Ansage
       
       Die IS-Miliz macht keinen Hehl daraus, wie sie mit Jesiden verfährt, die
       nicht geflüchtet sind. Anderen Minderheiten ergeht es kaum besser.