# taz.de -- Neues Städtephänomen: Ansichten böser Clowns
       
       > Clowns, die im Stadtbild auftauchen: In Frankreich und den USA ist das
       > ein verbreitetes Phänomen. Nicht wenigen machen die Rotnasen Angst.
       
 (IMG) Bild: Er ist gekommen, um Sie zu unterhalten. Oder doch nicht?
       
       Clownspotting – das entwickelt sich derzeit zu einer Art Volkssport. Und
       zwar kontinentübergreifend. Insbesondere in den USA und in Frankreich
       wurden in den vergangenen Wochen an verschiedenen Orten Rotnasen im
       Straßenbild gesichtet. Allerdings nicht in ihrer netten, jugendfreien
       Variante. Nein, die bösen Clowns sind unterwegs.
       
       Am Montag wurde gar einer von ihnen zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf
       Bewährung verurteilt. Ein Neunzehnjähriger hatte in der nordfranzösischen
       Stadt Béthune, als Clown verkleidet, einen sechsjährigen Nachbarsjungen in
       Angst und Schrecken versetzt, bevor er in einem Park ein Stück Holz wie
       eine Waffe auf eine Gruppe Jugendlicher richtete. Der von der Gruppe
       alarmierte Geschäftsführer einer Imbissbude verfolgte schließlich den
       Clown, der auch eine Schreckschusspistole bei sich trug.
       
       Das ermittelnde Kommissariat von Douai gab dem dem Magazin LesInrocks
       [1][von weiteren Vorfällen mit Clowns] weitere Informationen über den
       Zuständigkeitsbereich. Angezeigt wurden Drohgebärden, allerdings keine
       Anwendungen direkter Gewalt. Die Beamten sprechen von „schlechten
       Scherzen“. Insgesamt hat die Polizei der Region Pas-de-Calais 38
       Beschwerden erhalten, die mit Clowns zu tun haben – zumeist in
       Schülerkreisen.
       
       ## Mit Macheten und Baseballschlägern
       
       In den USA ist das kalifornische Städtchen Bakersfield eins der Epizentren
       der jüngsten Clowns-Plage. Und hier scheint es etwas herzhafter zur Sache
       zu gehen: Gemeldet wurden Kostümträger, die auch mal Macheten oder
       Baseballschläger mit sich führten. Ein unbewaffneter Vierzehnjähriger mit
       Clownsmaske, der Passanten verfolgte, wurde festgenommen.
       
       Befeuert wurde diese Clownerei in den Online-Netzwerken. Mit dafür
       verantwortlich ist ein Kostümträger in Wasco, ebenfalls in Kalifornien.
       Überraschend taucht er immer wieder in der 30.000-Einwohner-Gemeinde auf
       und dokumentiert seine Kurzauftritte auf dem [2][Instagram-Account
       Wascoclown], wo er auch Hinweise auf seinen Aufenthaltsort gibt und die
       Internetnutzer auffordert, ihn zu suchen. Es soll sich dabei um ein
       Kunstprojekt handeln, für das der unbekannte Künstler sich in einem Kostüm,
       das entfernt an die Clownsfigur einer global agierenden Gastronomie-Kette
       erinnert, ein Jahr lang von seiner Frau ablichten lässt.
       
       In Wasco gab es aber schnell Trittbrettfahrer, die dem Künstler
       nacheiferten. Und die Geister, die der gute Mann rief, haben sich nun auf
       Twitter weitgehend verselbständigt. Unter dem [3][Hashtag #wascoclown]
       werden Clowns-Fotos aus den gesamten Vereinigten Staaten gepostet.
       
       Auch diverse französische Facebook-Accounts dienen der Dokumentation des
       Clowns-Aufkommens in bestimmten Regionen oder Städten der Grande Nation.
       Sie erfreuen sich großer Beliebtheit. So hat zum Beispiel die [4][Seite
       „Clowns des Nordens“] schon mehr als 35.000 Likes. In Frankreich vermutet
       man, dass der Trend direkt von der anderen Seite des Kanals aufs Festland
       herübergeschwappt ist.
       
       ## 117 clowneske Vorfälle
       
       Im Vereinigten Königreich ist das Treiben furchterregender oder tatsächlich
       bösartiger Clowns in der Öffentlichkeit schon länger polizeibekannt und
       nicht etwa auf die Tage um Halloween beschränkt: 2013 hatte es die
       Metropolitan Police in London mit 117 clownesken Vorfällen zu tun – bei
       nicht wenigen davon handelte es sich um Raubüberfälle oder tätliche
       Angriffe durch kostümierte Personen.
       
       Als harmlos erwies sich dagegen ein Clown im englischen Northampton, der im
       vergangenen Jahr so etwas wie Kultstatus erlangte. Er zeigte sich an
       mehreren Stellen der Stadt mit Luftballons in der Hand, bevor der Daily
       Mirror einen 22-jährigen Studenten und Filmemacher [5][als den Träger des
       Kostüms enttarnte]. Andernorts auf der Insel hat der Spuk erst kürzlich
       angefangen: Portsmouth meldete dieser Tage [6][sein eigenes
       Clowns-Phantom.] 
       
       Was steckt nun eigentlich hinter diesem Phänomen? Im Dortmunder Hartware
       Medienkunstverein findet derzeit die Ausstellung Böse Clowns mit Foto- und
       Videoarbeiten zum Thema statt. Kuratorin Inke Arns erklärt gegenüber dem
       Deutschlandradio [7][article_id=298580:die Nähe des Clowns zum Tod:] „Das
       leichenblasse Gesicht. Diese überzeichneten Augen, die an Augenhöhlen
       erinnern, so ein rot geschminkter Mund, der eher so was Vampirisches hat.
       Es ist extrem viel Totensymbolik und Vampirsymbolik in dieser Maske
       enthalten.“ Schon seit Mitte der Achtzigerjahre bevölkere der böse Clown
       verstärkt unsere Fantasie, unser kollektives Bewusstsein, so Arns, und sei
       auch zum Gegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung geworden.
       
       Die Kuratorin sieht in der literarischen Figur „Pennywise“ so etwas wie den
       Prototyp des Horrorclowns. In Stephen Kings Roman „Es“ terrorisiert er eine
       Gruppe Menschen – von deren Kindheit an bis ins Erwachsenenleben. Vorbild
       für Pennywise soll King John Wayne Gacy gewesen sein. Der hatte zwischen
       1972 und 1978 33 Jungen aus dem Großraum Chicago sexuell missbraucht,
       umgebracht und unter seinem Haus vergraben. Nebenbei trat er in
       Krankenhäusern im selbstgenähten Kostüm als Clown „Pogo“ auf. Er wurde 1994
       hingerichtet.
       
       ## Coulrophobie – Angst vor der Figur des Clowns
       
       Doch schon lange vor Gacy gab es reale wie fiktive Clowns mit Blut an den
       Händen: Der Franzose Jean-Gaspard Deburau, Schöpfer der Pierrot-Figur,
       tötet 1836 einen Angreifer mit einem Stock, um seine Frau zu verteidigen.
       In der italienischen Oper Pagliacci von Ruggero Leoncavallo aus dem Jahr
       1892 meuchelt der Clown Canio aus Eifersucht seine Frau und deren
       Liebhaber. Und immer wieder sind Clowns Bösewichte auf der großen Leinwand.
       Jack Nicholson beeindruckte als dämonischer „Joker“ im Blockbuster „Batman“
       von 1982, eine Leistung, die von Heath Ledger mit seiner Interpretation
       derselben Rolle im Film „The Dark Knight“ von 2008 sogar noch überboten
       wurde.
       
       Letzlich soll es die jüngste Staffel der US-amerikanischen Serie „American
       Horror Story“ sein, die den gegenwärtigen clownesken Schrecken zumindest
       auf den Straßen der USA zum Rollen gebracht hat. Produziert von den Machern
       der High-School-Musical-Serie „Glee“, hatte „American Horror Story 4 –
       Freak Show“ am 9. Oktober auf dem Kabelsender FX Premiere. Darin trat
       erstmals die Figur des schrecklichen Twisty auf, gespielt von John Carroll
       Lynch. Der lockt seine Opfer in einen alten Schulbus und tötet sie mit
       einer Schere. Auch für Twisty [8][soll Gacy Pate gestanden haben]. In den
       USA haben organisierte Rotnasen [9][schon gegen Twisty protestiert.] 
       
       Glenn Kohlberger, Vorsitzender von Clowns of America International,
       bezichtigt die Macher der Serie der schieren Übertreibung. Die Organisation
       werde nichts unterstützen, was der Coulrophobie Vorschub leistet.
       Coulrophobie – das ist der Fachausdruck für die Angst vor der Figur des
       Clowns, deren Image wohl tatsächlich in den vergangenen Jahren erheblich
       Schaden genommen hat. Das zeigt die Mitgliederzahl bei Clowns of America
       International, die innerhalb von 10 Jahren von 3.500 auf 2.500 Mitglieder
       gesunken ist. So etwas kann schon mal richtig böse machen.
       
       24 Oct 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.lesinrocks.com/2014/10/21/actualite/les-clowns-attaquent-le-nord-de-la-france-que-se-passe-t-il-11530749/
 (DIR) [2] http://instagram.com/wascoclown/?utm_source=partner&utm_medium=embed&utm_campaign=photo
 (DIR) [3] http://twitter.com/search?f=realtime&q=%23wascoclown&src=typd
 (DIR) [4] http://www.facebook.com/ClownsNord?fref=nf
 (DIR) [5] http://www.mirror.co.uk/news/weird-news/northampton-clown-unmasked-alex-powell-2366915
 (DIR) [6] http://www.express.co.uk/news/uk/525157/Clown-Portsmouth-terrifies-residents
 (DIR) [7] http://www.deutschlandradiokultur.de/boese-clowns-krusty-saeuft-pennywise-toetet-kinder.2156.de.html?dram
 (DIR) [8] http://www.youtube.com/watch?v=a5ot9Xslm-I
 (DIR) [9] http://www.cbc.ca/newsblogs/yourcommunity/2014/10/clown-association-slams-american-horror-story-for-perpetuating-scary-clown-stereotype.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Oliver Pohlisch
       
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