# taz.de -- Aktionswoche: Die armen Länder gehen leer aus
       
       > Studierendenorganisation fordert mehr Verantwortung bei Forschung und
       > Entwicklung von neuen Medikamenten – und hat deshalb bei der Charité
       > nachgebohrt.
       
 (IMG) Bild: Weiße mit Ebola werden in einer Klinik behandelt, Schwarze mit Desinfektionsspray.
       
       Wo liegt die Verantwortung der Charité in Bezug auf globale
       Gesundheitsversorgung? Auf diese Frage pocht die Studierendenorganisation
       [1][UAEM] (Universities Allied for Essential Medicine) mit ihrer
       Aktionswoche, die Sonntag mit einem „awareness run“ auf dem Tempelhofer
       Feld begann. In elf verschiedenen Ländern Europas sowie in den USA werden
       diese Woche Vorträge, Diskussionen und Aktionen stattfinden, um auf die
       Rolle der Industrieländer-Unis beim Thema Global Health hinzuweisen.
       
       Das Problem: Woran geforscht wird, entscheidet sich nicht nach der Anzahl
       der Menschen, die von bestimmten Krankheiten betroffen sind - sondern vor
       allem danach, wie viel die Erkrankten zu zahlen imstande sind.
       
       An Krankheiten wie Malaria oder Tuberkulose, die vor allem in Ländern des
       globalen Südens verbreitet sind, wird deshalb kaum geforscht: Nur ein
       Prozent der weltweiten Investitionen im Bereich medizinischer Forschung und
       Entwicklung wurde 2010 auf sogenannte vernachlässigte oder
       armutsassoziierte Krankheiten verwendet. Dabei machen diese Krankheiten
       laut Informationen der UAEM 14 Prozent der globalen Krankheitslast aus –
       und betreffen rund eine Milliarde Menschen.
       
       Auch an der derzeitigen Ebola-Katastrophe zeigt sich dieses Phänomen. Wäre
       bereits mehr über die Krankheit geforscht worden, wäre sie in Deutschland
       ausgebrochen? Die Prodekanin der Charité, Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, kann
       dies nicht ausschließen. Auf dem Tempelhofer Feld, wo sie am Sonntag die
       Preise für den „awareness run“ verlieh, zeigte sie sich begeistert vom
       Engagement der Studierenden. Sie unterstütze die Forderungen vollkommen,
       sagte die Gerontologin und Medizinsoziologin und sprach sich dafür aus, dem
       Thema künftig mehr Gewicht einzuräumen.
       
       In Bezug auf die Forschung an sogenannten vernachlässigten Krankheiten
       jedoch sah Professorin Kuhlmey keine Handlungsmöglichkeiten der Charité:
       „Wir können uns nur auf Forschungsprojekte bewerben, die auch
       ausgeschrieben sind.“
       
       Deshalb hat sich UAEM bereits 2013 in Brüssel für eine Veränderung der
       EU-Forschungsrahmenpläne eingesetzt. Langfristig strebt die Organisation
       ein Konzept an, das den Anreiz zur Forschung vom Verkaufspreis des
       Endprodukts entkoppeln soll: Mithilfe eines internationalen Fonds sollen
       Forschungsinstitute für Innovationen prämiert werden, unter
       Berücksichtigung der globalen Krankheitslast. Worauf die Universitäten
       allerdings direkten Einfluss haben, sind die Patentrechte auf Medikamente,
       die es Pharmafirmen erlauben, Preise beliebig in die Höhe zu treiben.
       
       Mit der Aktionswoche möchten die Studierenden Druck auf ihre Universitäten
       ausüben, Lizenzierungsleitlinien zu verabschieden: Die Ergebnisse der
       Forschung sollen nur unter der Bedingung an Pharmafirmen weitergegeben
       werden, dass diese in Ländern des globalen Südens auf ihr Patentrecht
       verzichten.
       
       In mehreren Städten, zum Beispiel in Münster, konnten UAEM-organisierte
       Studierende ihre Unis bereits dazu bewegen, derartige Leitlinien zu
       verabschieden. An der Charité hingegen hat sich in diese Richtung noch
       nicht viel bewegt. Seit fast einem Jahr verschiebt die zuständige
       Technologietransfer Organisation (TTO) einen Termin für Gespräche immer
       weiter nach hinten. Auf einen schriftlichen Vorschlag für
       Lizenzierungsleitlinien, den UAEM bereits im Juli einreichte, hat die TTO
       bis jetzt nicht geantwortet.
       
       4 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.uaem-germany.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lou Zucker
       
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