# taz.de -- Kommentar Bevölkerungspolitik in Indien: Männer lassen Frauen im Stich
       
       > Bei einer Massensterilisierung sind 15 Frauen gestorben. Indiens
       > Familienpolitik ist richtig, doch der Vorfall legt gravierende Probleme
       > offen.
       
 (IMG) Bild: Vor der Sterilisation: Frauen warten in einem Krankenhaus in Bilaspur im Bundesstaat Chhattisgarh.
       
       Zuerst die Fakten: Aktuell leben in Indien knapp 1,2 Milliarden Menschen,
       nur in China gibt es mehr Menschen. Schätzungen zufolge wird Indien im Jahr
       2030 China als bevölkerungsreichstes Land der Welt ablösen.
       
       Im Gegensatz zu der mehr als fragwürdigen „Ein Kind“-Politik Pekings gibt
       es in Indien keine Gesetze, die Familien vorschreiben, wie viele Kinder sie
       bekommen dürfen. Delhi versucht, Paare durch kostenlose Angebote und
       materielle Anreize zur Empfängnisverhütung zu bewegen. Das spricht zwar
       zwangsläufig eher arme Bevölkerungsschichten an, trotzdem ist der Ansatz
       richtig.
       
       Doch auch in Indien gibt es gravierende Probleme: Im Bundesstaat
       Chhattisgarh hat ein einziger Arzt innerhalb von fünf Stunden 83 Frauen
       ihre Eileiter durchtrennt, pro Eingriff benötigte er damit knapp drei
       Minuten. 15 Frauen sind bei dieser „Massensterilisierung“ ums Leben
       gekommen.
       
       Die Tragödie zeigt: Eine Sterilisation ist ein gravierender
       gesundheitlicher Eingriff. Er muss vertraulich und mit der gebotenen
       Sorgfalt vorgenommen werden. In Deutschland wird dafür mindestens eine
       Stunde veranschlagt.
       
       Zu Massenabfertigungen im Minutentakt wie in Chhattisgarh darf es nicht
       kommen. Darunter leidet zwangsläufig die Psyche der Patientinnen, von der
       nötigen Hygiene ganz zu schweigen.
       
       Außerdem: Es ist traurig, dass die Hauptlast der Bevölkerungspolitik fast
       ausschließlich von Frauen getragen wird. Laut offiziellem
       Familiengesundheitsbericht von 2006 wurden 37 Prozent der verheirateten
       Frauen sterilisiert, die Vasektomie-Quote bei Männern liegt bei einem
       Prozent – obwohl eine Vasektomie weitaus unkomplizierter ist und rückgängig
       gemacht werden kann.
       
       Indiens Männer gelten als stolz und fürsorglich. Doch bei diesem Thema
       lassen sie ihre Frauen im Stich.
       
       25 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Radunski
       
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