# taz.de -- Geiseldrama in Sydney: Das fehlende Motiv
       
       > Sydney trauert um die Toten des Geiseldramas. Es bleibt unklar, warum der
       > Täter das getan hat – und warum keiner zuvor was geahnt hat.
       
 (IMG) Bild: In Sydney trauern Menschen aller Religionen um die Opfer der Geiselnahme.
       
       BERLIN taz | Zahlreiche Menschen haben am Dienstag vor dem Café Lindt im
       Zentrum der australischen Metropole Sydney Blumen für die Opfer der
       Geiselnahme niedergelegt, die dort am frühen Morgen mit drei Todesopfern
       beendet worden war. In der 500 Meter entfernten Kathedrale fand ein
       Gedenkgottesdienst statt. Ein Sonderkommando der Polizei hatte nach 16
       Stunden das Café am Martin Place gestürmt, nachdem drinnen Schüsse gefallen
       waren. Unmittelbar zuvor hatten weitere der insgesamt 17 Geiseln fliehen
       können.
       
       Bei dem Polizeieinsatz starben der Geiselnehmer Man Haron Monis sowie der
       34-jährige Leiter des Cafés und eine 38-jährige Anwältin und Mutter dreier
       Kinder. Der Cafémanager soll Medienberichten zufolge versucht haben, Monis
       das Gewehr zu entreißen. Die Anwältin soll versucht haben, eine schwangere
       Kollegin zu schützen. Doch blieb zunächst unklar, ob die beiden Opfer durch
       Kugeln des Geiselnehmers oder der Polizei starben. Wie inzwischen
       feststeht, war Monis während der Geiselnahme nur mit einer Flinte
       bewaffnet. Zuvor hatte er geblufft, mehrere Bomben zu haben.
       
       Die Polizei erklärte, sie gehe jetzt davon aus, dass der 50-Jährige allein
       gehandelt habe. Demnach entspricht er einem Täterprofil, das als „einsamer
       Wolf“ bezeichnet wird. Terrorexperten halten diese oft psychopathischen
       Einzeltäter für besonders schwer zu entdecken, da sie vorab kaum ihre
       Absichten zu erkennen geben. Ohne Komplizen kommunizieren sie nicht über
       ihre Pläne und fallen deshalb bei Abhör- oder Überwachungsmaßnahmen nicht
       auf.
       
       Das Motiv des gebürtigen Iraners blieb weiter unklar. Er hatte Geiseln
       gezwungen, das islamische Glaubensbekenntnis ins Fenster des Cafés zu
       hängen. In den Verhandlungen mit der Polizei soll er eine Fahne der
       Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) sowie ein Gespräch mit Tony
       Abbott verlangt haben. Zugleich drängte er die Geiseln, über soziale
       Netzwerke auf ihre Lage aufmerksam zu machen, um so seine Drohungen zu
       verstärken.
       
       ## Verschärfung des Strafrechts
       
       Monis hatte sich in Australien radikalisiert und war wegen der Beleidigung
       von Angehörigen getöteter australischer Soldaten vorbestraft und wegen der
       mutmaßlichen Verwicklung in den Mord an seiner Exfrau sowie sexueller
       Belästigung in 40 Fällen angeklagt. Er war auf Kaution frei. Sein nächster
       Prozesstermin war für Februar angesetzt.
       
       „Wir müssen uns fragen: Hätte das verhindert werden können?“, fragte
       Premierminister Abbot am Dienstag. Der Ministerpräsident des Bundesstaates
       New South Wales, zu dem Sydney gehört, kündigte die Verschärfung der
       Bedingungen an, unter denen Angeklagte auf Kaution freikommen. „Wir sind
       alle entsetzt, dass dieser Typ frei herumlief“, sagte Mike Baird.
       
       16 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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