# taz.de -- Nach dem Gänsebraten: Fliegen, Fett und Fäkalien
       
       > Schon mal überlegt, was mit Ihrem runtergespültem Bratfett passiert?
       > Kanalarbeiter kämpfen gegen riesige Klumpen aus Fett und vielem mehr.
       
 (IMG) Bild: Denken Sie beim ersten Biss an die Jungs da unten! Und seien Sie so lieb: Fett gehört in die Tonne.
       
       LONDON afp | Unter Londons Straßen kämpfen Kanalarbeiter jeden Tag gegen
       riesige Fettklumpen, die das Kanalnetz verstopfen. Den Londonern erweisen
       sie damit einen großen Dienst: Wird das mit Abfällen verklumpte Öl und Fett
       nicht aufgebrochen oder weggesaugt, drücken faulige Abwässer in die
       Wohnungen zurück.
       
       Zu Weihnachten verschärft sich das Problem: Nach dem festlichen
       Truthahnessen spülen die Bewohner der britischen Hauptstadt Bratenfett im
       Volumen von zwei olympischen Schwimmbecken durch die Abflüsse.
       
       Den meisten ist dabei gar nicht bewusst, dass ein paar Meter unter ihren
       Esstischen daraus stinkende Klopse werden, die verklumpt mit Feuchttüchern,
       Damenbinden und Kondomen die 69.000 Kilometer Kanalisation der britischen
       Hauptstadt verstopfen. Und nach Angaben des Wasserversorgers Thames Water
       wird das Problem immer größer.
       
       Vince Minney ist Abwassertechniker und muss seit 24 Jahren in die Kanäle.
       In Watstiefeln und Schutzanzug klettert der 54-Jährige durch ein
       Einstiegsloch in die Eingeweide der Stadt, auf einer Steigleiter geht es
       sieben Meter in die stinkende Unterwelt. „Die Situation beim Fett wird
       definitiv schlimmer“, sagt er, während er unter der Ecke Regent Street und
       Victoria hüfttief in der ranzigen Schmiere steht. „In manchen Kanälen baut
       es sich auf wie nie zuvor.“
       
       Über dem Strom menschlicher Ausscheidungen klebt eine schwere Decke von
       erkaltetem Fett. Minney tippt mit einem Spaten auf die dicke Schicht, die
       seine Schenkel umgibt: „Es ist ungefähr das übelste Zeug, das es gibt.
       Durchfall-Zeug ist ein Vergnügen dagegen.“ Mit Spaten oder
       Hochdruckstrahlern brechen Minney und seine Männer die Fettschichten auf.
       Auf der Kruste, die an Erbrochenes erinnert, wachsen Pilze. Watet Minney
       hindurch, zieht er eine Spur wie ein Eisbrecher.
       
       Jeder Spatenstich setzt das Abwasser darunter frei und damit den
       abscheulichen Gestank von Schwefelwasserstoff, der den Männern noch bis zu
       zwei Wochen anhaften kann. „Es ist absolut widerlich, es stinkt einfach
       ekelhaft“, sagt Minneys Kollege Tim Henderson. „Ein schweißiger,
       käseartiger Geruch vermischt mit Abwasser.“
       
       Minney beweist Sinn für Humor: „Es ist nicht schön, wenn man das ins
       Gesicht bekommt. Ich bin schon ein paar Mal ordentlich bespritzt worden.
       Manchmal bekommt man auch Fliegen in den Mund. Die muss man schnell
       ausspucken.“
       
       ## Abwässer laufen zurück in die Häuser
       
       Das Kanalnetz, in dem sich die Techniker zurechtfinden müssen, stammt noch
       aus den 1860er Jahren. „Es gibt ein London unter dem London", sagt
       Henderson. "Es ist eine große Ingenieursleistung. Manche Känale sind
       richtig schön, das Mauerwerk ist einfach großartig.“
       
       Das verklumpte Fett landet auf Deponien, doch zunächst wird es abgesaugt
       oder in Stücke gebrochen und zur Kläranlage gespült. Jedes Jahr gibt es
       laut Thames Water rund 80.000 Verstopfungen wegen Fett, was monatliche
       Kosten von umgerechnet 1,3 Millionen Euro verursacht. Bei rund 7000
       Londonern laufen auch mal Abwässer zurück in die Häuser.
       
       Minney mahnt die Bevölkerung daher, Bratfett und Speiseöl nicht mehr in den
       Abfluss zu spülen. „Es gehört in den Müll, dann verstopft auch nichts. Es
       wäre großartig, wenn Öffentlichkeit und Unternehmen helfen. Wir könnten
       dieses Geld besser ausgeben. Die Leute denken: Aus den Augen, aus dem Sinn.
       Doch ein paar arme Kerle müssen sich darum kümmern. Und an Weihnachten wird
       es noch schlimmer.“
       
       25 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Robin Millard
       
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