# taz.de -- Präsidentenwahl in Sri Lanka: Rajapaksa muss ums Amt kämpfen
       
       > Als Präsident saß der autoritäre Mahinda Rajapaksa lange unangefochten im
       > Sattel. Jetzt fordert ihn überraschend ein bisheriger Mitstreiter heraus.
       
 (IMG) Bild: Präsident Mahinda Rajapaksa zeigt sich im Wahlkampf siegessicher.
       
       DELHI taz | Mahinda Rajapaksa überlässt nichts dem Zufall. Wahltermine
       werden nicht von Legislaturperioden, sondern durch sein Kalkül bestimmt.
       Die genauen Tage, selbst die Uhrzeit seiner Stimmabgabe lässt er Astrologen
       berechnen. Doch nun scheint es, als habe sich Sri Lankas Präsident
       verrechnet.
       
       Wenn an diesem Donnerstag Sri Lanka ein neues Staatsoberhaupt wählt, droht
       dem Amtsinhaber nach zehn Jahren das Aus. Der Grund ist sein eigener
       Gesundheitsminister.
       
       Als Rajapaksa 2005 erstmals zum Präsidenten gewählt wurde, gewann er knapp
       mit 50,29 Prozent gegen Ranil Wickremasinghe. Seitdem hat er seine Macht
       konsequent ausgebaut: 2009 wurden die Rebellen der „Befreiungstiger von
       Tamil Eelam“ (LTTE) besiegt, Rajapaksa beendete den jahrelangen
       Bürgerkrieg.
       
       Die Armee ging aber brutal vor: UN-Schätzungen zufolge wurden in den
       letzten Kriegsmonaten 40.000 Zivilisten getötet. Bei den Tamilen hat
       Rajapaksa den Ruf eines Schlächters. Doch die buddhistisch-singhalesische
       Mehrheit feierte ihn als „Architekt des Friedens“, seine Wiederwahl 2010
       war Formsache. Seither hat Rajapaksas Koalition alle Wahlen bis auf die
       Provinzwahl in der mehrheitlich tamilischen Nordprovinz gewonnen.
       
       Für viele hat Rajapaksa zwar den Krieg gewonnen, den Frieden aber verloren:
       Er regiert autoritär, das Land leidet unter Korruption, Vetternwirtschaft,
       Menschenrechtsverletzungen und religiöser Gewalt gegen Minderheiten. Täter
       werden nur selten belangt. In den vergangenen Monaten verlor die
       Regierungskoalition stetig an Zustimmung. Der Präsident wählte die Flucht
       nach vorne und setzte überraschend Neuwahlen an – zwei Jahre vor dem
       eigentlichen Termin 2017.
       
       Doch Maithripala Sirisena, bisher Gesundheitsminister und Generalsekretär
       der „Sri Lanka Freedom Party“ (SLFP) von Rajapaksa, fordert ihn jetzt
       heraus. Er will Sri Lankas präsidiales System wieder durch ein
       parlamentarisches ersetzen. Polizei und Justiz sollen unabhängiger werden
       und die unbegrenzte Wiederwahl des Präsidenten soll aufgehoben werden.
       
       ## Verfassungsreform genügt nicht
       
       Doch mit Verfassungsreformen allein wird Sirisena nicht gewinnen, meint
       Paikiasothy Saravanamuttu vom „Zentrum für Politik-Alternativen“. Sirisena
       müsse die Wirtschaftsprobleme ansprechen. Das ist aber problematisch: Zum
       einen befinden sich unter Sirisenas Unterstützern Liberale wie Marxisten,
       zum anderen kommt er selbst aus der Regierung und ist damit Teil der
       Probleme.
       
       Würde Sirisena ernsthaft eine Verfassungsreform erwägen, müsste er nach
       einem Wahlsieg seine neue Macht umgehend wieder an einen noch zu
       bestimmenden Ministerpräsidenten abgeben. Wer dies sein könnte, ist unklar.
       Infrage kämen etwa die frühere Präsidentin Chandrika Bandaranaike
       Kumaratunga wie auch Ranil Wickremasinghe, früherer Ministerpräsident und
       derzeit Vorsitzender der größten Oppositionspartei. Viele fragen sich
       deshalb, wen sie mit Sirisena wirklich wählen.
       
       Kumaratunga und Wickremasinghe zählen zur Machtelite, von der viele genug
       haben. Doch stehen beide für einen inklusiven Ansatz gegenüber Tamilen und
       Muslimen und könnten Sirisena so Stimmen der beiden größten Minderheiten
       sichern. Der Chef der größten islamischen Partei kündigte bereits an,
       Sirisena zu unterstützen.
       
       Sirisena selbst bemüht sich derweil intensiv um die Unterstützung der
       Singhalesen. Sie stellen 75 Prozent der Bevölkerung, das Militär besteht
       fast nur aus Singhalesen. Unlängst verkündete Sirisena, er werde Rajapaksa,
       die Armeeführer wie auch sämtliche Soldaten des Landes vor internationaler
       Verfolgung wegen Kriegsverbrechen schützen.
       
       ## Mitverantwortlich für die Probleme
       
       „Sirisena kann weit in das singhalesisch-buddhistische Lager eindringen,
       was bislang Rajapaksas Gebiet war“, meint Politikexperte Saravanamuttu. Und
       wegen der Menschenrechtsverletzungen im Bürgerkrieg gegen die Tamilen und
       der wachsenden religiösen Gewalt gegen Muslime ist unwahrscheinlich, dass
       diese Minderheiten Rajapaksa wählen. Doch sind die von Sirisena
       angesprochenen Probleme seit Jahren bekannt, er hat sie als Minister
       mitzuverantworten.
       
       Für Rajapaksa geht es um viel, auch für seine eigene Familie: Seine Brüder
       sind jeweils Verteidigungsminister, Wirtschaftsminister und
       Parlamentssprecher, weitere Verwandte besetzen Schlüsselpositionen in
       Staatsunternehmen oder Auslandsvertretungen. Bei einem Machtverlust bliebe
       vielen wohl nur die Flucht ins Ausland.
       
       Deshalb dürfte Rajapaksa mit allen Mitteln für einen Sieg kämpfen. Als
       autoritärer Amtsinhaber hat er Zugang zur Staatsmacht und kontrolliert
       Wahlkommission, Medien, Geheimdienste und Polizei.
       
       8 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Radunski
       
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