# taz.de -- Kolumne Später: Auf der Kawasaki zur Spinnerbrücke
       
       > Biker sind mir inzwischen lieber als Frauenversteher. Denn Wolfis Masche
       > zieht nicht mehr.
       
 (IMG) Bild: Düsen ist Freiheit
       
       Kürzlich rauschte ich mit Theresa auf der Kawasaki 500 über die Autobahn.
       Ich genoss es, auf dem Beifahrersitz durch die winterliche Kälte zum
       Bikertreff zu düsen und nicht mit Wolfgang beim Edelitaliener zu sitzen.
       Wolfgang ist ein alter Bekannter, Filmemacher, selbst ernannter
       Avantgardist. Ungefähr mein Alter. Spannender Typ. Dachte ich früher. Wolfi
       erzählte mir an dem Abend, wie er als Endfünfziger im Internet nach
       Frauenbekanntschaften surfte. „Ein Überangebot“, seufzte er, „irre, wie
       viele Frauen in diesem Alter einen Mann suchen.“ Ich sagte nichts und
       mümmelte am Weißbrot, weil der Zander in Zitronenbuttersauce auf sich
       warten ließ.
       
       „Ja, ihr Frauen habt es schwerer mit dem Altern“, sagte Wolfi in seinem
       Frauenversteher-Sound, „es ist einfach nicht fair.“ – „Wie meinst du das?“,
       fragte ich. Meine Altersprobleme haben sich in letzter Zeit relativiert,
       was ein normaler Vorgang ist, wenn ein zunehmender Teil im Bekanntenkreis
       mit ernsthaften Diagnosen konfrontiert wird, die wenig zu tun haben mit der
       Faltentiefe im Gesicht. „Ich meine diese Normen von wegen: Falten machen
       eine Frau alt, aber einen Mann attraktiv“, fuhr Wolfi fort, „ist fies, aber
       leider irgendwie immer noch allgemeingültig.“ Vor zehn Jahren hätte mich
       Wolfgang mit dieser Masche noch gekriegt.
       
       Damals hätte ich brav einen Beschwerdespruch aufgesagt von wegen: „Ja, ist
       eine Sauerei, dass Männer immer noch die Kings sind mit 50 und wir Frauen
       in dem Alter abgemeiert in der Liebe.“ Damals lauschte ich auch noch Chris,
       der mir beim Kaffee vorseufzte, dass es irgendwie „ein ganz altes Programm
       ist in uns Männern, dass wir junge Frauen wollen. Leider.“ Chris lebt
       übrigens nicht mehr, die Diagnosen siehe oben. Doch heute ist heute.
       Deshalb habe ich zu Wolfi beim Italiener gesagt: „Nett, dass du dir solche
       Sorgen machst. Aber ganz unnötig, danke.“
       
       ## Männer mit dünner werdendem weißen Langhaar
       
       Am nächsten Tag war ich mit Theresa verabredet. Sie steuert die schwarze
       Kawasaki 500, als wir bei der Spinnerbrücke vorfahren, dem Bikertreff an
       einer Autobahnbrücke im Grunewald. Das Motorrad gehört ihrem Sohn. Theresa
       hat noch einen Motorradführerschein von früher. Sie bremst sanft ab.
       
       Der Bikertreff ist irre laut durch den Verkehrslärm, im Bistro gibt es
       Buletten, aber auch Salat. Nirgendwo sonst finden sich auf einem Haufen so
       viele Männer in meinem Alter, die mit dünner werdendem weißen Langhaar
       kämpfen, das auch nicht fülliger wird, wenn man es zu einem Pferdeschwanz
       bindet. Ganz abgesehen von den Figurproblemen, die durch die eng sitzenden
       Motorradjacken nicht gelöst werden. Ich fühle eine merkwürdige Solidarität.
       
       Ein Biker fährt vor, flatterndes Grauhaar, mit einem dieser Halbhelme aus
       den Werner-Comics, die garantiert jeden Sturz im Tod enden lassen. Seine
       rot lackierte Harley ist ein Trike, mit zwei Rädern hinten wie bei einem
       Kinderdreirad. „Irgendwie exotisch hier“, meint Theresa, als wir vor einer
       Pappschale Pommes sitzen. „Genau“, sage ich. Ich guck mir neuerdings Typen
       an, die anders sind als die alten Bekannten. Mit dem Alter werden wir ein
       bisschen komisch. Was für ein Glück.
       
       20 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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