# taz.de -- Rapper Ferris MC über seine Schulzeit: „Da hab ich Anerkennung erfahren“
       
       > Der Rapper Ferris MC von der Band Deichkind hat die Gesamtschule Ost in
       > Bremen besucht. Schon damals fühlte er sich dort gut aufgehoben.
       
 (IMG) Bild: Platz für Null-Future-Typen: Ferris MC mochte seine Gesamtschule.
       
       taz: Ferris MC, als Sie noch Sascha Reimann waren, haben Sie 1991 an der
       Bremer Gesamtschule Ost Ihren erweiterten Hauptschulabschluss gemacht.
       Welche Erinnerungen haben Sie an diese Schule? 
       
       Ferris MC: Auf jeden Fall keine schlechten. Man konnte an Projekten
       teilnehmen, zum Beispiel der Schülerband. Gesamtschule ging ja von morgens
       bis nachmittags, deshalb hat man da auch seine Freizeit gestaltet,
       Freundschaften geschlossen. Wegen des Miteinanders waren die Pausen also
       die schönste Zeit an der Schule.
       
       Obwohl es das war, was man heute eine „Brennpunktschule“ nennen würde? 
       
       Als ich von der Schule Koblenzer Straße geflogen bin, nahm eigentlich nur
       die GSO echte Assis an, also auch Null-Future-Kandidaten wie mich. Der Ruf
       der Schule war unterste Schublade. Andererseits trafen darin sozial
       schwächere Menschen aus Sozialwohnungen auf Mittelständler mit
       Einzelhäusern, also die unterste Schicht auf die oberste. Ich weiß nicht,
       wie das heute ist, aber wenn wir damals Bewerbungen geschrieben haben,
       wurde uns geraten, nicht zu erwähnen, dass wir in Bremen-Tenever wohnen und
       einen Abschluss auf der GSO gemacht haben.
       
       Anders als früher gilt die GSO auch über den Stundenplan hinaus als äußerst
       engagiert. Wie war das zu Ihrer Schulzeit? 
       
       Die Lehrer waren auf jeden Fall angenehmer und rücksichtsvoller als auf der
       Schule Koblenzer Straße zuvor. Da haben die sich öfter mal das Recht
       herausgenommen, Schüler runterzumachen, sie als „Nichts“ und als „Null“ zu
       bezeichnen und zu sagen „Aus euch wird nichts“. Das hatte ich an der GSO
       nicht. Ich glaube, zu der Zeit waren da so viele Problemkinder, dass von
       den Lehrern ein höheres Maß an Sensibilität gefragt war, um richtig auf die
       Schüler einzugehen. Das hat sich bewährt, glaube ich. Die Lehrer waren
       cooler drauf. Es gab ja auch wie gesagt Möglichkeiten, an Projekten
       teilzunehmen und seine Freizeit zu gestalten, damit man nicht zu Hause
       rumgammelt und auf blöde Gedanken kommt. Das war da mehr gegeben als auf
       anderen Schulen.
       
       War also damals schon zu ahnen, wie positiv sich die Schule entwickeln
       würde? 
       
       Ich glaube ja. Der schlechte Ruf lag seinerzeit ja eher an den Schülern als
       den Lehrern oder der Schule an sich. Die musste halt jene, die was aus
       ihrem Leben machen wollten, ebenso unter einen Hut bringen wie solche, die
       keine andere Wahl als diese Schule hatten, weil sie kein anderer genommen
       hat. Leute wie mich eben.
       
       Haben Sie in der Zeit eigentlich schon Hip-Hop gemacht? 
       
       Das waren so die Anfänge. Da habe ich meinen DJ kennengelernt, mit dem ich
       dann als kleiner Lachs zusammengearbeitet hab. Und als ich später in die
       Lehre gegangen bin, hab ich dann Flowin Immo getroffen, und der ging auch
       auf die GSO. Der war grad dabei, sein Abitur zu machen. Und daraus ist dann
       F.A.B. entstanden. Ich kam ja aus Tenever und Immo hat genau angegrenzt
       gewohnt. In so einem Haus mit Garage, mit Wohlstand sag ich mal im
       Vergleich zu meinem Wohnort. Da haben wir dann halt geprobt. Auch der DJ
       wohnte da, gegenüber von Immo in einem Haus.
       
       Heute gibt es an der GSO Schwerpunktklassen. Hätten Sie da Musik gewählt? 
       
       Auf jeden Fall. Ich hab auch an AGs teilgenommen, Musik und Schultheater.
       Das war eigentlich das Einzige, was mich interessiert hat. Mathematik,
       Deutsch eher weniger. Während die Lehrer anderer Fächer eher anstrengend
       waren, schienen sie mir in Fächern wie Musik oder Theater eher Freigeister
       zu sein, also ein bisschen sozialpädagogischer geschult. Die haben dann
       halt das gefördert, was man konnte, und das fand ich gut. Da habe ich dann
       die Anerkennung erfahren, die ich brauchte, um weiterzumachen.
       
       Den ganzen Schwerpunkt zur wundersamen Wandlung der Gesamtschule Bremen Ost
       von der Problemschule zur Vorzeigeschule lesen Sie in der taz.am Wochenende
       oder [1][hier]
       
       23 Jan 2015
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /ePaper/!p4350/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marthe Ruddat
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bremen
 (DIR) Schule
 (DIR) Hedonismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ethnologe über Schüler in Neukölln: „Sie reagieren mit Wut“
       
       Stefan Wellgraf hat ein Jahr lang SchülerInnen einer Problemschule
       begleitet. Er beschreibt, wie sie abgewertet, ausgegrenzt und verachtet
       werden.
       
 (DIR) Deichkind über neues Album: „Spaß ist ein Vehikel zur Freiheit“
       
       Auf „Niveau Weshalb Warum“ singt die Hamburger Band Deichkind über innere
       Zwänge und Erste-Welt-Probleme. Und erklärt nebenher das Phänomen Pegida.